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Richard O’Briens abgedrehtes Travestie-Spektakel ist nach seinem letzten Besuch im Jahre 1993 wieder im Kleinen Haus des Gelsenkirchener Musiktheaters im Revier angekommen und wird dem Haus sicherlich wieder einen großen Erfolg bescheren. Vor über 20 Jahren war der Andrang auf die Tickets so groß, dass die Hommage an die Gruselschocker der 1930er Jahre ins Große Haus verlegt wurde. Diesmal steht das Stück mutige 35-mal auf dem Spielplan und erfreut sich schon im Vorfeld guter Auslastungszahlen.
Um es kurz zu machen: Auch die 2016er Variante der “Rocky Horror Show” kann rundum begeistern. Fans des schrillen Kult-Musicals kommen in Gelsenkirchen auf ihre Kosten, dürfen singen, tanzen, mitsprechen, alle Rituale ausleben (allerdings ohne echte Lebensmittel) und einfach gruseligen Spaß haben.
Die Kostüme von Andreas Meyer sind fantasievoll und zuweilen erotisch, das Bühnenbild erinnert an eine Industriebrache und lässt erahnen, dass das abgelegene Schloss in Wirklichkeit ein Raumschiff ist. Es ist zwar ein Einheitsbühnenbild – aber mit vielen ansprechenden Details, die immer wieder für Variationen sorgen. Liebevoll ist auch bereits das Foyer dekoriert. Stühle, die wie High Heels aussehen oder alte Filmplakate versetzten das Publikum von Anfang an in die richtige Stimmung.
Die Inszenierung von Johannes Reitmeier ist schnell, schrill, laut und trashig: Wenn Frank’n’Furter Eddie mit einer Motorsäge in seine Einzelteile zerlegt, tut er das mitten auf der Bühne – zwar in einer hereingefahrenen Lore, doch mit viel Blut und herumfliegenden Eingeweiden. Und wenn Janet und Brad nacheinander vom Wissenschaftler verführt werden, geschieht dies zwar hinter der üblichen Schattenwand, doch sind die Gesten sehr eindeutig und ausdauernd. Geht man davon aus, dass das Premierenpublikum hauptsächlich aus geladenen Gästen und (älteren) Abonnenten besteht, mag dies ein Gratmesser für die kommenden Shows sein: Am Premierenabend rastet das Publikum an vielen Stellen förmlich aus, langweilt sich köstlich bei den Ausführungen des Erzählers und tanzt beim Time Warp ausgelassen mit.
Abstriche gibt es an diesem Abend für den Ton. Mikrofone werden zu spät hochgefahren oder bleiben ganz aus, einige Stellen sind übersteuert, zuweilen übertönt die Band die Sängerinnen und Sänger deutlich. Gleichwohl spielt die Fünf-Mann-Band unter der Leitung von Wolfgang Wilger bestens auf, legt ordentliche Tempi hin und beherrscht die Partitur bestens.
Das Ensemble führt der in dieser Rolle erfahrene Henrik Wager an. Ein Volltreffer! Dass er seine Songs einwandfrei beherrscht und mit seiner markanten Stimme sehr hörenswert macht, war ohnehin keine Frage. Doch ist auch sein wunderbar übertriebenes Schauspiel eine wahre Freude, irgendwie widerlich und doch so, dass man hingucken muss.
Rüdiger Frank steht im als Riff-Raff zur Seite. Der Kleinwüchsige setzt bereits in seiner ersten Szene, wenn er Brad und Janet hereinbittet, ein Ausrufungszeichen! Finster und geheimnisvoll jagt er den Zuschauern ein Schauer über den Rücken. Auch Brad und Janet sind kurz davor, wieder umzudrehen, doch das verlobte Pärchen will ja nicht auf sein Bauchgefühl hören…
Gewohnt eröffnet Magenta die Show mit “Science Fiction Double Feature”. Hier vorgeschaltet ist eine Szene, in der die Außerirdischen in Raumanzügen auf der Erde landen. So macht Regisseur Johannes Reitmeier gleich von Anfang an auch dem letzten “Rocky Horror”-Neuling im Zuschauersaal klar, dass wir es hier mit einer besonderen Spezies zu tun haben. Christa Platzer, die seit 2008 festes Ensemblemitglied ist, füllt die Rolle der Magenta wunderbar aus und zeigt wieder einmal ihre Wandelbarkeit. Wer sie beispielsweise in der Spielzeit 2013/14 in der herausragenden Gelsenkirchener “Cabaret”-Inszenierung als Frl. Schneider gesehen hat, der weiß, wie weit der Weg von der älteren Dame hin zur abgespacten, flippigen Magenta ist. Ebenfalls ein Volltreffer!
Erwähnenswert ist sicherlich auch Joachim G. Maaß als Erzähler. In jeder Szene trägt er ein anderes Kostüm und springt so in viele kleine Rollen. Mal als Ruhrpott-Opa, der aus dem Fenster schauend die Szene kommentiert, mal als Arzt und mal in feinem Zwirn mit einem Martini in der Hand. Stets erträgt Maaß die nicht enden wollenden Kommentare des Publikums tapfer und hat sichtlich Spaß daran.
Bele Kumberger und Tim Al-Windawe sind das schüchterne Paar auf der Suche nach einem Telefon. Beide sind rollendeckend besetzt, auch wenn Al-Wandawe die Wandlung vom schüchternen Nerd hin zum feierfreudigen Strapsträger besser gelingt. Rocky ist gewohnt wenig bekleidet, golden bemalt und entwickelt sich in kürzester Zeit von einer verstörten Kreatur hin zu einem Mann mit sexuellen Bedürfnissen. Christian Funk erfüllt alle Anforderungen an diese Rolle – nicht nur den einwandfrei gestählten Körper. Auch alle weiteren Rollen – und es stehen zwanzig Leute auf der Bühne – sind einfach gut besetzt. Abgerundet wird das Bild durch Seân Stephens geschmeidige Choreografien, die sich unaufdringlich und doch betrachtenswert in die Gesamtszenerie einfügen.
Gelsenkirchen macht mal wieder alles richtig: Oft wird für “Cabaret” oder die “Rocky Horror Show” ausschließlich das Schauspielensemble bemüht. Das ist für die Ohren selten erfreulich. Hier besetzt man aus dem Gesangsensemble und castet Gäste aus dem Bereich Musical hinzu. So geht das!
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung / Nachdirigat | Thomas Rimes |
Inszenierung | Johannes Reitmeier |
Choreografie | Seân Stephens |
Bühne | Michael D. Zimmermann |
Kostüme | Andreas Meyer |
Dramaturgie | Anna Grundmeier |
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CAST (AKTUELL) |
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Magenta | Christa Platzer |
Janet | Bele Kumberger Sina Jacka |
Brad | Tim Al-Windawe Peter Rembold |
Riff-Raff | E. Mark Murphy Rüdiger Frank |
Columbia | Annika Firley |
Frank'N'Furter | Henrik Wager |
Rocky | Christian Funk Arvid Assarsson |
Eddie | Lars-Oliver Rühl Philipp Werner |
Dr. Scott | Tomas Möwes |
Erzähler | Joachim G. Maaß |
Ensemble | Andrea Graf Iris Oppatja Arvid Assarsson Philipp Georgopoulos Katrin Bewer Anna-Lea Knubben Cedric Sprick |
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GALERIE |
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TERMINE |
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