Gute Adaption des bekannten Märchenstoffes, düsterer und sehr viel schlichter als die bekanntere Disney-Variante. In den Titelrollen sind Sabine Neibersch und Hans Holzbecher zu sehen.
Seit 1994 reist die Tourneeproduktion mit der Musik von Martin Doepke, immer etwas im Schatten des kitschig-bunten Disney-Stücks, quer durch Deutschland und wird in Häusern verschiedenster Größe aufgeführt. Mit geringem Aufwand wird das Bühnenbild zu den drei szenischen Spielorten: das Dorf, aus dem Bella kommt, der Wald und das Schloss des Biestes. Auch ohne viel Bombast sind die Kulissen stimmig und man vermisst kaum etwas an Dekorationen, was zu großen Teilen auch dem Lichtdesign von Mark Wille zu verdanken ist. Von der Handlung her orientiert sich diese Adaption mehr an dem Originalmärchen als die Disney-Variante. Leider bleibt jedoch in der Inszenierung die Liebesgeschichte von Bella und dem Biest etwas auf der Strecke. Zu schnell fühlen sich die beiden zueinander hingezogen, ohne dass der Zuschauer den Stimmungswechsel der Charaktere wirklich nachvollziehen kann. Hier fehlt leider etwas die Regie, für die Biest-Darsteller Holzbecher verantwortlich zeichnet. Musikalisch bleibt nach dem ersten Hören nicht allzuviel hängen. Die Musik ist schön und passt zu den Szenen und Emotionen, allerdings kann man sich später nur an wenige der Melodien erinnern. Der Höhepunkt ist hier das Liebesduett zwischen Bella und dem Biest, “Du”.Sabine Neibersch spielt eine niedliche, verträumte Bella, die mit ihrem Schicksal hadert, ohne dabei weinerlich zu werden. Stimmlich meistert sie die Rolle in den hohen Lagen solide, klingt aber in den tieferen Lagen sicherer und schöner. Hans Holzbechers Biest ist irgendwo zwischen Phantom und Gollum aus dem “Herrn der Ringe” angesiedelt. Dies passt ganz gut, allerdings bleibt er bei den Gesangsparts nicht ganz konsequent in der Bieststimme. Als gute Fee und Erzählerin schwebt Monika-Julia Dehnert recht abwesend über die Bühne. Sie wirkt wie von einem anderen Stern, wobei nicht erkennbar ist, ob das an ihrer Rollenauslegung oder an den Regieanweisungen liegt. Gesanglich passt sie sehr gut in die Rolle der märchenhaften Fee.
Renate Otta spielt Mathilde, die Haushälterin des Biests. Durch ihre rauchige Stimmfärbung sticht ihr Solo “Mathildes Tango” aus den anderen Liedern heraus. Bellas Vater ist Jon Geoffrey Goldsworthy, kein wirklicher Sympathieträger, der seine Rolle aber im Laufe des Stücks sehr emotional gestaltet. Für die Lacher sorgen Bellas Schwestern Ilse (Marny Bergerhoff) und Grete (Dorina Maltschewa). Herrlich überspitzt geben sie die verwöhnten Gören, haben allerdings bei ihrer Nummer “Rosen der Wüste” Intonationsprobleme. Als Pendant zu Disneys Schurken Gaston gibt es hier den Dorfmacho Gustav (Markus Dietz), der allerdings so überzeichnet wird, dass er mehr Lachnummer als Bösewicht ist.Betrachtet man diese Version von “Die Schöne und das Biest” unvoreingenommen und ohne die Erwartung, ein Disney-Musical zu sehen, sieht man ein recht schön gemachtes, kleines deutsches Musical, das auf alle Fälle sehenswert ist.