Die Bühnenadaption des gleichnamigen Films hat nach diversen Stationen in Deutschland nun ein neues Zuhause im Frankfurter English Theatre gefunden. Hier erlebt man die Story um Nachtclubsängerin Deloris Van Cartier in angenehm intimer Atmosphäre, bei der die Discosongs von Alan Menken dank starker musikalischer Umsetzung voll zur Geltung kommen. Ein hervorragendes Ensemble und eine clevere Regiearbeit runden die Feel-Good-Show ab.
Die Geschichte von Deloris Van Cartier, die im Rahmen des Zeugenschutzes in einem Kloster unterkommt und dem dortigen Nonnen-Chor unter die Arme greift, fand 2006 zum ersten Mal den Weg auf die Musicalbühne. Nachdem die Show 2009 dann im Londoner West End – mitproduziert von “Ur-Deloris” Whoopi Goldberg – Premiere feierte, startete ihr Siegeszug um die Welt. Das Stück bringt alles mit, was einen vergnüglichen Theaterabend ausmacht: eine amüsante, abwechslungsreiche Story (Buch: Bill & Cheri Steinkellner), die 70er-Jahre-Discomusik von Alan Menken und jede Menge gute Laune, die die Nonnen auf ihrem Weg bis zum päpstlichen Abschlusskonzert versprühen. All das hat das English Theatre aufgegriffen und für sich genutzt.
Immer wieder beachtlich ist die Auswahl des Ensembles, das sich das Theater aus London “ausleiht”. In der Show sind alle Rollen ausnahmslos hervorragend besetzt. Kalisha Amaris als Deloris zeigt sich sehr wandelbar. Sie schafft es, anfangs die schroffe Nachtclubsängerin mit sehr viel ‘Attitude’ zu mimen und zeigt später viel Herz beim Umgang mit ihren himmlischen Schwestern. Gesanglich gefällt ihr rauher, teilweise gehauchter Stil, der Songs wie “Sister Act” eine eigene Note verleiht. Ebenso erwähnenswert ist Jonathan Andre, der Deloris’ Verbrecher-Freund Curtis spielt. Seine soullastigen Songs singt er gekonnt lässig und gefällt in seiner Rolle als dümmlich wirkender Angeber-Typ, der stets seine Pistole am Mann hat.
Die Nonnen (insgesamt sieben an der Zahl) sind allesamt großartig. Schon zur Premiere funktionierte das für die Show unabdingbare Comedy-Timing zwischen den Darstellerinnen problemlos. Das Publikum spendete immer wieder spontanen Applaus, wenn sich bewusst ‘versungen’ wurde oder die Nonnen zu einer Rap-Einlage einstimmten. Insbesondere Biancha Szynal in der Rolle der Schwester Mary Robert setzt mit “The Life I Never Led” ein musikalisches Highlight. Ihre Art, die Schwester völlig naiv und unverdorben zu spielen, ist einfach hinreißend. Auch der durch diverse West End Rollen erprobten Margaret Preece als Mother Superior nimmt man ihre göttliche Mission und ihre damit verbundenen weltlichen Zweifel zu jeder Zeit ab. Mit “Here Within These Walls” hinterlässt sie zudem auch gesanglich Eindruck.
Regisseur Ewan Jones, der die Show auch choreografiert hat, setzt die Akteurinnen und Akteure gekonnt in Szene. Er lässt an den richtigen Stellen die für das Stück so wichtigen Gag-Feuerwerke versprühen, während er zwischendurch die Power rausnimmt, um die ruhigen Momente, wie beispielsweise den inneren Konflikt der Mother Superior, zu erzählen. Besonders eindringlich gelingt ihm das Finale, bei dem sich die Nonnen des Konvents vor ihre enttarnte Schwester knien, um ihr beizustehen.
Unterstützt wird der Regisseur durch ein wandelbares Bühnenbild von Stewart J. Charlesworth, das aus verschiebbaren Teilen besteht, die eine Art Kirchenschiff darstellen. Diese Bühnenteile können je nach Szene unterschiedlich (teilweise psychedelisch bunt) beleuchtet werden und fungieren sogar als Stadtplan von Philadelphia, wenn auf ihnen per Lichtprojektion eine Autoverfolgungsjagd angedeutet wird. Zusammen mit wenigen zusätzlichen Requisiten wie Straßenlaternen oder Mülltonnen entstehen so sehr atmosphärisch die vielen unterschiedlichen Locations.
Zur Atmosphäre tragen auch die Kostüme von Stewart J. Charlesworth und Melanie Schöberl bei. Die Mischung aus funky Disco-Looks der Verbrecher-Jungs und schwarz-weißer Nonnenkluft ist sehr kontrast- und abwechslungsreich. Selbst die Nonnen bekommen zum Finale bunte Glitzer-Outfits beschert, die mit der Bühnendeko um die Wette leuchten.
Das Dirigat der hinter der Bühne sitzenden fünfköpfigen Band obliegt dem English-Theatre-erprobten musikalischen Leiter Mal Hall, der flott durch die Soul- und Discomusik dirigiert und den wenigen ruhigeren Songs die Zeit gibt, die sie benötigen, um ihre Aussage zu entfalten.
Es ist eine gelungene Entscheidung, diese Inszenierung von “Sister Act” in einer Spielzeit zu zeigen, in der die Zuschauerinnen und Zuschauer jede Art von Ablenkung vom Alltag gebrauchen können. Das unterhaltsame und witzige Buch, die vom Discosound inspirierten Songs, eine stringente Inszenierung und großartige Darsteller sprechen für sich. Und wenn man ehrlich ist: Singende Nonnen in Glitzerkostümen, die Discomusik zum Besten geben, kann man schwerlich nicht mögen. Hallelujah!
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