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Obwohl Vielschreiber Frank Wildhorn beinahe schon ein Füllhorn voll Werke mit durch und durch europäischen Storys hat, hat er für sein West-End-Debüt eine amerikanische Legende ausgewählt: Die Geschichte um das berühmte Gangsterpaar Bonnie und Clyde, die in den USA zu Zeiten der Großen Depression Anfang der 1930iger Jahre durch ihre Raubüberfälle und immerhin 14 Morde berühmt wurde. Die Entscheidung für dieses Werk ist umso bemerkenswerter, als dass das Stück am Broadway gnadenlos gefloppt ist: Nach lediglich 36 regulären Vorstellungen musste die Show im Jahr 2017 bereits wieder schließen. Und obwohl “Bonnie & Clyde” weder an die musikalische noch an die erzählerische Komplexität von etwa “Jekyll & Hyde” rankommt, funktioniert die Show im verhältnismäßig kleinen Garrick-Theatre in London überraschend gut. Das liegt zum einen an der sehr stimmungsvollen und intim wirkenden Inszenierung und zum anderen an der bis in die Nebenrollen durchweg starken Besetzung.
Ihre Londoner Laufzeit startete die Show im vergangenen Jahr mit einer konzertanten Fassung, die danach in einer szenischen Inszenierung zunächst im Arts-Theatre und nun im Garrick-Theatre mündete. Ivan Menchell (Buch) und Don Black (Texte) erzählen die Story Bonnies und Clydes parallel zur Geschichte von Clydes Bruder Buck und seiner Frau Blanche. Buck ist ebenso wie sein Bruder bereits in jungen Jahren durch und durch kriminell. Während er – angetrieben von seiner Frau Blanche – allerdings zumindest noch anfänglich versucht, ein ehrenhaftes Leben zu führen, reißt Clyde die zu Beginn ehrliche und anständige Bonnie immer weiter in den Abgrund. Dabei gelingt den Autoren eine vielschichtige Personenzeichnung der beiden Titelfiguren, die ihre Gegensätze gut herauskehrt: Während Bonnie zu Anfang von einer großen Karriere in Hollywood träumt und damit als der intellektuelle Part des späteren Gangsterduos beschrieben wird, ist Clyde ein wilder und vor allem von sich selbst durch und durch überzeugter Haudegen, der sich bereits bei der ersten Begegnung mit Bonnie für unwiderstehlich hält. Zu Beginn der Geschichte ist auch er eindeutig derjenige, der in der Beziehung “die Hosen anhat”. Das Kräfteverhältnis der beiden verschiebt sich jedoch im Laufe der Zeit, und Bonnie wird immer selbstständiger und dominanter: Ist Clyde anfänglich derjenige, der sich über Bonnies Gefühle für ihn lustig macht, so dreht sich diese Situation am Ende um und es wird deutlich, dass er Bonnie genauso – wenn nicht sogar noch mehr – braucht wie sie ihn. Mit dem eindeutigen Fokus auf der Liebesbeziehung zwischen den beiden geht allerdings eine kritische Auseinandersetzung mit den für zahlreiche Überfälle auf Banken, Lebensmittelläden und Tankstellen sowie für Morde verantwortlichen Verbrechern verloren.
Musikalisch fällt “Bonnie & Clyde” aus dem Rahmen bisheriger Wildhorn-Shows. Die Musik greift die Swing-Musik der 1930iger Jahre auf und verwandelt sich nur bei “Raise a Little Hell” in den für Wildhorn typischen Bombast-Pop. Eine von Wildhorns großen Stärken, die er bei “Bonnie & Clyde” leider nicht ausspielt, ist es die Leitmotive seiner Shows wunderbar wie beispielsweise bei “Dracula” in “Loving You Keeps Me Alive” oder bei “Jekyll & Hyde” in “Your Work and Nothing More” miteinander zu verweben und so seinen Werken musikalische Dichte zu geben und Handlungsstränge zueinander zu führen. Obwohl es auch in “Bonnie & Clyde” einzelne Leitmotive gibt, die in Reprisen wieder aufgenommen werden, wirken die Songs oftmals ein bisschen ziellos aneinandergereiht und die Show insgesamt weniger wie aus einem Guss. Gespielt wird die Musik von einer siebenköpfigen Band, die für das Publikum erst beim Schlussapplaus sichtbar wird. Der Klang der musikalischen Begleitung während der Show ist klar und akzentuiert und auch die Abmischung zwischen den Instrumenten und den Darstellern auf der Bühne ist sauber und ausgewogen.
Die Kostüme sind der Zeit entsprechend gestaltet. Sehr schön ist an der Kleidung der Protagonisten auch der finanzielle ‘Aufstieg’ Bonnies und Clydes zu sehen. Beide tragen anfänglich noch eher schäbige Alltagskleidung; je erfolgreicher ihre Beutezüge werden, umso besser sind sie angezogen. Das Bühnenbild ist einfach, aber effektvoll und bildet eine schöne Einheit mit dem Kostümdesign. Die verschiedenen Handlungsorte werden durch Wände, die entweder von oben oder den Seiten hereingefahren werden, abgegrenzt. An diese Wände werden dann sehr hochwertig produzierte Projektionen gespielt, die um verschiedene Versatzstücke wie einer Terrassentreppe oder der Einrichtung eines Friseursalons ergänzt werden.
Zwei Szenen bleiben aufgrund ihres Bühnenbilds besonders im Gedächtnis: Zum Ende des ersten Akts sitzt Clyde mal wieder im Gefängnis. Bonnie sucht an der Tankstelle von Clydes Eltern nach einer dort versteckten Waffe, die sie Clyde ins Gefängnis schmuggeln will. Zeitgleich sucht Ted, ein junger Polizist, der seit Kindertagen in Bonnie verliebt ist, bei ihrer Mutter nach Bonnie. Die Szene wechselt wieder ins Gefängnis, anschließend ins Büro des Sheriffs und dann in das Auto mit dem Bonnie und Clyde flüchten. Die Bühne verändert sich durch den geschickten Einsatz der verschiedenen Wände und Projektionen innerhalb der knapp drei Minuten des Songs sieben Mal. Durch die beinahe filmartigen Szenenwechsel entsteht der Eindruck, dass die Ereignisse sich überschlagen und auf den Höhepunkt zusteuern: Ein großartiges Aktfinale, bei dem alle Gewerke der Show flüssig ineinandergreifen! Die zweite einprägsam inszenierte Szene ist der Song “What Was Always Good Enough For You”: Bonnie und Clyde reflektieren ihre Kindheit und das Verhältnis zu ihren Eltern. Dabei werden im Hintergrund die Erinnerungen der beiden in Form von Schattenbildern auf die Bühnenrückwand projiziert. Zusammen mit dem stimmigen Lichtdesign wird so ein Ruhepunkt im beinahe atemlosen zweiten Akt der Show gesetzt. Durch die Inszenierung und auch durch Bauweise und relativ kleiner Größe des Publikumsraum entsteht häufig das Gefühl einer sehr intimen Show, bei der das Publikum inmitten des Geschehens sitzt.
In der besuchten Vorstellung spielen Frances Mayli McCann und Barney Wilkinson die Titelrollen. Die beiden Darsteller harmonieren sowohl stimmlich als auch schauspielerisch sehr gut miteinander. Die Entwicklung ihrer Persönlichkeiten im Verlauf der Show gelingt überzeugend. Besonders Barney Wilkinson, der als alternierende Besetzung für Clyde hier zum ersten Mal in einer Hauptrolle im West End zu sehen ist, vermag es, das übergroße Ego seiner Figur zu Beginn glaubhaft darzustellen. Im Verlauf der Show wird er immer wütender, was in seinem rockigen und hoch energetischen “Raise a Little Hell” gipfelt.
George Maguire als Clydes Bruder Buck singt und spielt seine Rolle sehr gut, wird vom Buch aber zur Nebenfigur degradiert. Die Figur seiner Frau Blanche ist hingegen eine der positiven Identifikationsfiguren der Show. Jodie Steele hat mit “You Love Who You Love” einen der typisch dankbaren Wildhorn-Showstopper. Gemeinsam mit Frances Mayli McCann füllt sie diesen mit einer ganz besonderen Energie und erhält dafür entsprechend lang anhaltenden Szenenapplaus.
Sicherlich ist “Bonnie & Clyde” keine Show, die für eine lange Laufzeit in einer großen West-End-Location in Frage kommt. Somit steht auch das Ende der aktuellen Londoner Spielzeit bereits unmittelbar vor der Tür. Mit dieser kleinen, aber sehr feinen Inszenierung empfiehlt sich das Stück allerdings für weitere Inszenierungen abseits des Broadways oder des West Ends – vielleicht auch wieder einmal in auf einer deutschsprachigen Bühne.
Kurzbewertung | Rezension | Kreativteam | Cast | Cast (Historie) | Termine | Termine (Archiv) | |||
KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Nick Winston |
Bühne / Kostüme | Philip Whitcomb |
Musical Supervisor | Katy Richardson |
Licht Design | Zoe Spurr |
Sound Design | Tom Marshall |
Video Design | Nina Dunn |
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CAST (AKTUELL) |
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=04.03.-20.05.23= | ||||
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Bonnie | Frances Mayli McCann Lauren Jones | |||
Clyde | Jordan Luke Gage Barney Wilkinson | |||
Buck Barrow | George Maguire | |||
Ted | Cleve September | |||
The Preacher | Dom Hartley-Harris | |||
Blanche Barrow | Jodie Steele | |||
Captain Frank Hamer / Guard | Robbie Scotcher | |||
Henry Barrow / Deputy Johnson | Alexander Evans | |||
Sheriff Schmid | Kit Esuruoso | |||
Bud / Archie | Barney Wilkinson | |||
Trish / Customer | Lauren Jones | |||
Emma Parker / Stella | Julie Yammanee | |||
Cumie Barrow / Governor Miriam Ferguson | Pippa Winslow | |||
Swings | Michael Cortez Sydnie Hocknell Charlie McCullagh Chloe Saunders |
Kurzbewertung | Rezension | Kreativteam | Cast | Cast (Historie) | Termine | Termine (Archiv) | |||
CAST (HISTORY) |
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=09.04.-10.07.22= | ||||
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Bonnie | Frances Mayli McCann | |||
Clyde | Jordan Luke Gage | |||
Buck | George Maguire | |||
Blanche | Natalie McQueen | |||
Ted | Cleve September | |||
Preacher | Ako Mitchell | |||
Cumie Barrow / Governor Miriam Ferguson / Eleanore | Pippa Winslow | |||
Emma Parker / Stella | Gracie Lai | |||
Sheriff Schmid | Alistair So | |||
Henry Barrow / Deputy Johnson | Alexander Evans | |||
Captain Frank Harmer | Ross Dawes | |||
Bud / Archie | Barney Wilkinson | |||
Swings | Charlie McCullagh Annie Guy |
Kurzbewertung | Rezension | Kreativteam | Cast | Cast (Historie) | Termine | Termine (Archiv) | |||
TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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TERMINE (HISTORY) |
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