Stephan Zenker, Thomas Höfner, Elonora Talamini, Tim Fischer (Conférencier), Michelle Marier, Stephan Seale © Kerstin Schomburg
Stephan Zenker, Thomas Höfner, Elonora Talamini, Tim Fischer (Conférencier), Michelle Marier, Stephan Seale © Kerstin Schomburg

Cabaret (seit 02/2020)
Philharmonie, Köln

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Von den wilden Partys der goldenen 1920er Jahre ist im Berliner KitKat Club nicht mehr viel zu merken. Die Nationalsozialisten haben schon zu viel Macht über die öffentliche Meinung erlangen können und die anstößigen Auftritte der Nachtclub-Diva Sally Bowles können in der Hamburger “Cabaret”-Version auch nicht recht für freudige Stimmung sorgen. Stattdessen überzeugt das betagte Paar Fräulein Schneider und Herr Schultz mit seiner schicksalhaften Liebesgeschichte, die aus den als Nebenrollen angelegten Rollen Publikumslieblinge macht.

Das Hansa-Theater bietet eine wunderbare Spielstätte für “Cabaret”, ist es doch selbst ein Varieté voller historischer Details und schön glänzender Kronleuchter. An den Tischen im Publikumsraum werden die Gäste ebenso bedient wie einst im Berliner KitKat Club Anfang der 1930er Jahre.

Auch wenn Sally Bowles trotz ihrer exzentrischen Art eine warme Seite hat, gelingt es Anneke Schwabe – obwohl sie gesanglich stark ist – nicht so recht, einen Funken Restsympathie für Bowles beim Publikum zu wecken. Man fragt sich vielmehr, warum der gutmütige und überzeugend gespielte Cliff Bradshaw (Sven Mattke) sich so von ihr um den Finger wickeln lässt. Mehr Nahbarkeit dagegen erwecken Fräulein Schneider (Ilona Schulz) und der jüdische Herr Schultz (Peter Franke), die zum falschen Zeitpunkt ihres Lebens ihre Liebe füreinander entdecken. Setzt Peter Franke mit seinem liebevollen Bariton an, dann wird einem ganz warm ums schwere Herz.

Für den Conférencier findet Regisseur Ulrich Waller eine Kabarett-Ikone als Idealbesetzung: Tim Fischer passt wunderbar in seine Rolle und stöckelt auf Highheels und in den schillernden Roben von Kostümbildnerin Ilse Welter über die Bühne und durchs Publikum. Bei ihm bleibt am Ende offen, ob er im NS-Deutschland bleiben wird. An seiner grell geschminkten Maske scheinen alle Anfeindungen geradezu abzuprallen. Die Show muss immerzu weiter gehen. Tim Fischer spielt ihn so eindrucksvoll fern von den menschlichen Emotionen der anderen Rollen, dass sich vermuten lässt, dass er in der Kunst sein geistiges Exil finden wird.

Im Ensemble läuft kurz nach der Premiere noch nicht alles rund. Hier und da wackelt es gesanglich und auch die Tontechnik ist nicht immer da, wenn sie gebraucht wird. Die siebenköpfige Band überzeugt dagegen unter der Leitung von Matthias Stötzel und Mathias Weibrich in gewohnter “Cabaret”-Manier in passenden Kostümen und gut zu sehen am Bühnenrand.

Da die Bühne klein ist, ist auch das Bühnenbild von Raimund Bauer eher sparsam. Es gibt jedoch ein effektvolles rechteckiges Türenelement, welches für überraschende Auf- und Abgänge sorgt und den KitKat-Liedern ein wenig Schwung einzuhauchen vermag.

Das Stück wird von einer Stummfilmfrequenz eingeleitet. Schnell danach wird klar, dass es im Hamburger KitKat Club etwas norddeutscher zugeht als in Berlin. Immer wieder finden Matrosen ihren Weg über die Bühne und in die Band und auch die Hamburger Reeperbahn wird erwähnt. Das geschichtsträchtige Berlin verblasst in Wallers Inszenierung, so wie auch Sally Bowles verblasst: Die Geschichte der verzweifelt nach Schutz vor der grausamen Wirklichkeit suchenden Diva Sally Bowles wird von der ganz nahbaren Liebesgeschichte eines alten Paares übertönt, das sich nicht traut, sich gemeinsam gegen die Nationalsozialisten aufzulehnen. Im Film kommen sie überhaupt nicht vor, in Hamburg schenkt man ihnen die volle schmerzliche Aufmerksamkeit. Ein wenig vermisst man dabei die sympathischen Züge der exzentrischen Sally Bowles; ihre Liebe zu Cliff Bradshaw wird nahezu überflüssig. Darunter leiden auch ein wenig die gut dargebotenen jazzigen Auftritte im KitKat Club, die in Anbetracht der traurigen Umstände um den jüdischen Herrn Schultz nicht so recht fröhlich erscheinen können. So wird das Publikum in die Rolle des Publikums der 1930er Jahre versetzt, das zwar verzweifelt an den letzten Strohhalmen aus Kunst und Vergnügungssucht der 1920er Jahre festhält, dem es aber nicht gelingen mag, die von Rassismus und Feindlichkeiten getriebenen schmerzlichen Momente des Alltags zu verdrängen.

 
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KREATIVTEAM
MusikJohn Kander
BuchJoe Masteroff
LiedtexteFred Ebb
RegieUlrich Waller
Co-RegieDania Hohmann
Musikalische LeitungMatthias Stötzel
BühneRaimund Bauer
KostümeIlse Welter
ChoreografieKim Duddy
 
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CAST (AKTUELL)
ConférencierTim Fischer
Sally BowlesAnneke Schwabe
Josephin Busch
Eve Rades
Cliff BradshawSven Mattke
Patrick Stamme
Frl. SchneiderAngela Winkler
Ilona Schulz
Katharina Blaschke
Herr SchulzPeter Franke
Michael Prell
Fräulein KostAnne Weber
Ernst LudwigHolger Dexne
EnsembleMichelle Marier
Steven Seale
Eleonora Talamini
Stephan Zenker
Cedric Bradley
Vicky van Zijl
 
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CAST (HISTORY)
Frl. SchneiderAngela Schmid
Herr SchulzGeorge Meyer-Groll
Fräulein KostFranziska Kuropka
Ernst LudwigTimo Klein
EnsembleThomas Höfner
Judith Jandl
Guliano Mercoli
Thomas Kretzschmar
Jakob Veselow
  
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Do, 13.02.2020 19:30Hansa Theater, HamburgPreview
Fr, 14.02.2020 19:30Hansa Theater, HamburgPreview
Sa, 15.02.2020 19:30Hansa Theater, HamburgPremiere
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