Kristina Love (Tina Turner) © Manuel Harlan
Kristina Love (Tina Turner) © Manuel Harlan

Tina (2019 - 2022)
Operettenhaus, Hamburg

Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Wenige Sekunden nachdem die Band die ersten Takte von “Simply the Best” angestimmt hat, öffnet sich der Vorhang – und da steht sie: den Rücken zum Publikum gerichtet, im legendären roten Minikleid und mit der berühmten wilden Wuschelmähne, bereit für ihren großen Auftritt. Nur durch diesen Anblick geraten die Zuschauer schon aus dem Häuschen – die Stimmung im Theater ist von Beginn an fabelhaft.

Das ist kein Wunder bei diesem mitreißenden Musical, das die ersten knapp 50 Jahre aus Tina Turners Leben dramaturgisch hervorragend aufarbeitet und so sein Publikum auf eine emotionsreiche Reise mitnimmt. Denn der erwähnte Anfangsmoment bildet den Rahmen für die Show: Hier steht Tina Turner direkt vor dem 1988er Konzert in Rio de Janeiro, bei dem sie vor mehr als 180.000 Menschen aufgetreten ist. Doch kurz vor dem Auftritt hält sie inne, beginnt zu meditieren und erinnert sich an all die Höhen und Tiefen, die sie hierher, an den Gipfel ihres Erfolges, haben kommen lassen.

So geht die Szene über in einen Gottesdienst mit ihrem Vater Richard Bullock, an dem die kleine Anna Mae – so Turners bürgerlicher Name – bereits mit ihrem Gesangstalent aufhorchen lässt. Die Trennung der Eltern, die liebevolle Beziehung zu ihrer Großmutter, die zu einer Ersatzmama wurde, sowie der Umzug aus ihrem Heimatdorf Nutbush in die Großstadt St. Louis im Alter von 16 Jahren – all das erhält angemessenen Platz in der Anfangsphase des Musicals. In St. Louis kommt es dann zu der schicksalhaften Begegnung mit Ike Turner. Beeindruckend realistisch wird Tinas Ehe-Hölle mit dem kongenialen Musiker, der sich als sozial völlig unverträglicher Mensch entpuppt, auf der Bühne dargestellt. Trotz oder vielleicht auch gerade wegen der großen Erfolge, die sie gemeinsam als Musiker feiern und bei denen Tina als Lead Act mehr und mehr in den Mittelpunkt gerät, misshandelt er sie immer wieder physisch und psychisch. Erst nach 16 Jahren Ehe schafft sie es, sich von ihm zu trennen.

Doch auch danach bietet der Stoff mit einem weiterhin steinigen Weg genügend dramatisches Potential, bevor die gut 40-jährige Tina – eigentlich von den Plattenfirmen als “abgehalfterte Soul-Oma” abgestempelt – in den 1980er Jahren dann doch noch die große Weltkarriere als Solo-Künstlerin startet und mit ihrem deutschen Mitarbeiter Erwin die Liebe ihres Lebens findet.

Um die erstaunlich gut funktionierende theatralische Geschichte (Buch: Katori Hall) und Phyllida Lloyds effektive fokussierte Regie zu unterstützen, halten sich andere Komponenten der Inszenierung angenehm und doch komplementierend im Hintergrund. Das Bühnenbild von Mark Thompson bietet, im Vergleich zu anderen Großproduktionen, keine überfrachtet-bombastischen Highlights. Die hineinfahrenden Bühnenelemente sind zweckdienlich, dabei aber zumeist relativ simpel und in nüchternen realistischen Farben gestaltet.

Den hinteren Abschluss der mit Parkettboden belegten Bühne bildet eine Projektionswand, die ebenfalls recht unaufdringlich eingesetzt wird. Mal ein stimmungsvoller Sonnenuntergang oder eine angedeutete Fahrt durch die amerikanische Provinz – alles so dezent, dass es nicht von der Handlung ablenkt. Die exzellente Lichtregie (verantwortlich: Bruno Poet) sorgt mit viel dezenter Beleuchtung, gezielt genutzten Spots und zumeist sparsam und effektiv eingesetzten Farben, die manchmal aber auch ganz bewusst knallig daherkommen, für tolle Stimmungen auf der Bühne.

Auch Anthony van Laasts Choreografie fügt sich sehr gut in die Show ein – nicht zuletzt, da viele Szenen Liveauftritte darstellen, in denen die Background-Sängerinnen ganz realistisch eine energiegeladene Show abziehen. Doch ab und an darf van Laast als Highlight so richtig aus dem Vollen schöpfen, wie z.B. in dem atemberaubenden, großartig vom Ensemble umgesetzten Tanz zur Twist-Nummer “Shake Your Tail Feather”.

Kristina Love in der Titelrolle steht im absoluten Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Darstellerin befindet sich fast durchgängig auf der Bühne und bietet dabei eine wahre Power-Performance. Sie geht überzeugend in ihrer extrem fordernden Rolle auf, ohne dabei zu einer wirklichen Tina-Turner-Kopie zu werden. Spannend ist ihre stimmliche Entwicklung im Verlauf der Show von einer klaren, vollen Musical-Stimme zum etwas krächzenden, souligeren Tina-Timbre. Ihre Interpretation von “River Deep Mountain High”, in der sie mehrmals vom Produzenten (dargestellt von Alex Bellinkx) unterbrochen wird, der einen immer wilderen Gesangsstil aus ihr herauskitzelt, beeindruckt.

Beängstigend gut bringt Mandela Wee Wee Ike Turner, der mal schmierig-charmant und aalglatt wirkt, nur um im nächsten Moment den Choleriker herauszukehren, auf die Bühne. Der restliche Cast kann durchgängig überzeugen, alle Rollen wurden treffend besetzt – doch letztendlich fallen buchbedingt die übrigen Figuren im Vergleich zu den beiden Hauptparts ab. Herausstechen können Adi Wolf als fürsorgliche Gran Georgeanna, Adisat Semenitsch als Tinas spröde Mutter und Nikolas Heiber als enthusiastischer Manager Roger Davies.

Dreiundzwanzig Songs, die entweder im Original oder als Cover-Version von Tina bzw. Ike Turner bekannt gemacht wurden, gibt es im Verlauf des Musicals zu hören, darunter Klassiker wie “Proud Mary”, “I Can´t Stand the Rain” und “We Don´t Need Another Hero”. Sie werden großartig mit dem nötigen Groove von der Band unter Leitung von Tobias Vogt interpretiert. Der Hauptanteil der Liedtexte ist dabei von Kevin Schröder und Sera Finale lyrisch und gut singbar ins Deutsche übersetzt worden, nur in nicht-handlungstragenden Momenten kommt der englische Originaltext zum Einsatz, manchmal wechselt die Sprache sogar innerhalb eines Liedes. Auch die Buchübersetzung von Ruth Deny funktioniert tadellos.

Die letzte Szene des Abends ist dann wiederum der bereits erwähnte Auftritt in Rio de Janeiro mit “Simply the Best”. Dazu wird die Band auf der Bühne positioniert und die grundsätzlich sehr angenehme und passende Lautstärke noch ein bisschen mehr aufgedreht. Und so hält das Publikum nichts mehr auf den Sitzen. Eine Reihe nach der anderen erhebt sich und alle tanzen und singen mit Tina, der man nach diesen zweieinhalb Stunden Wechselbad der Gefühle ihren Erfolg von Herzen gönnt. So gerne die Zuschauer nun auch noch zu weiteren Songs gefeiert hätten, passt es zu dem Stück, dass nach einem Lied in diesem Konzert-Ambiente der Schlussapplaus beginnt – schließlich ist es keine Tribute-Show, sondern ein wirklich gut konzipiertes, überzeugendes Musical, dem so sicher eine erfolgreiche Laufzeit auch in Deutschland bevorsteht.

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
BuchKatori Hall
Frank Ketelaar
Kees Prins
InszenierungPhyllida Loyd
ChoreographieAnthony van Laast
Bühne / KostümeMark Thompson
Musikal. Supervision / Arrangements / zusätzliche MusikNicholas Skilbeck
Licht DesignBruno Poet
Sound DesignNevin Steinberg
OrchestrierungEthan Popp
ProjektionenJeff Sugg
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
== ab Oktober 2021 ==
Tina TurnerAisata Blackman
(Charlotte Looman
Chasity Elaine Crisp)

Ike TurnerDinipiri Etebu
(Charles Simmons
Lionel von Lawrence)

Gran GeorgeannaAnastasia Bain
Charlotte Looman
(Denise Obdekah
Enny de Alba)

Rhonda GraamLisa Kolada
(Alice Wittmer
Chasity Elaine Crisp)

Erwin BachNico Schweers
(Stefan Preuth)
Alline Bullock / IketteJahlisa Norton
(Bathoni Buenorkuor
Enny de Alba)

Raymond HillLionel von Lawrence,
(Anthony Curtis Kirby
Oxa)

Zelma BullockKim Sanders
(Denise Obdekah
Enny de Alba)

Roger DaviesMichael Berres
(Alessandro Cococcia
Marvin Schütt
Stefan Preuth)

Phil Spector / Terry BrittonBag da Sar
(Stefan Preuth)
John Carpenter / Martyn WareMarkus Maria Düllmann
(Stefan Preuth)
Richard BullockCharles Simmons
Trevor Jackson
(Perci Moeketsi)
RonnieOxa
CraigVittorio Giorgio Ghiozzi
EnsembleAlice Wittmer
Chasity Elaine Crisp
Denise Obdekah
Enny de Alba
Lionel von Lawrence
Marvin Schütt
Oxa
Rosalina Renfurm
Soraya Stehle
Vittorio Giorgio Ghiozzi
SwingAlessandro Cococcia
Anthony Curtis Kirby
Bathoni Buenorkuor
Charlotte Looman
Lynn Mancel
Perci Moeketsi
Stefan Preuth
Shari Gall
(Denise Obdekah
Enny de Alba)

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (HISTORY)
Tina TurnerKristina Love
Nyassa Alberta,
(Denise Lucia Aquino)
Ike TurnerMandela Wee Wee
Kristofer Weinstein-Storey
Gino Emnes [ab 09/19]
Gran GeorgeannaAdi Wolf
Rhonda GraamSarah Schütz
Erwin BachSimon Mehlich
Philipp Nowicki
Alline Bullock / IketteDenise Lucia Aquino
Raymond HillAnthony Curtis Kirby
Zelma BullockAdisat Semenitsch
Roger DaviesNikolas Heiber
Phil Spector / Terry BrittonAlex Bellinkx
Carpenter / Martyn WareMarlon Wehmeier
Richard BullockKristofer Weinstein-Storey
EnsembleChannah Hewitt
Kerry Jean
Donielle David
Denise Obedekah
Kristel Constant
Michael B. Sattler
Dinipiri Etebu
Kellianna Jay
Tina Ajala
Enny de Alba
Luisa Ofelia Montero de la Rosa
William Baugh
Philipp Nowicki
Stefan Preuth
Claudio Goncalves
  
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Fr, 22.02.2019 19:30Operettenhaus, HamburgPreview
Mi, 27.02.2019 19:30Operettenhaus, HamburgPreview
Do, 28.02.2019 19:30Operettenhaus, HamburgPreview
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