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Die neugegründete Stuttgarter Off Broadway Theater Company hat ihren Ursprung in einigen Kindermusicalschulen der Stadt und der Region. Ziel der gemeinnützigen Organisation ist eine professionelle Nachwuchsförderung und einhergehend damit, professionelle Produktionen zur Aufführung zu bringen. Das erste Projekt dieser Unternehmung ist der Klassiker “Annie”, der durch die Vielzahl an zu besetzenden Kinderrollen hierfür natürlich hervorragend geeignet ist. Die Erwachsenenrollen indes sind überaus prominent besetzt.
Regisseur Rainer Niermann hat eine Inszenierung des in den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts angesiedelten Stückes auf die Bühne gebracht, in der die Not und die Verelendung maßgeblicher Teile der amerikanischen Bevölkerung während der Großen Depression tonangebend sind. Hieran orientiert sich auch das Bühnenbild von Peter Sommerer, das vom abgerissenen Kopf der Freiheitsstatue und von schäbigen Straßenecken bestimmt wird: Der amerikanische Traum liegt am Boden. Dieses Einheitsbühnenbild lässt jedoch andere Elemente außen vor, die eben auch zu dem Stück gehören wie etwa das verschwenderisch ausgestattete Zuhause von Oliver Warbucks – ein oder zwei silbern glitzernde Kerzenleuchter auf Mülltonnen vermögen den Unterschied zwischen Arm und Reich nicht wirklich herauszustellen.
Dass diese Aufführung keine klassische “Annie”-Adaption sein will, zeigt sich auch daran, dass es in dieser Fassung keinen Präsidenten Roosevelt gibt. Da die Geschichte aber eine Figur mit politischer Verantwortung benötigt, die am Ende schließlich die rettenden New-Deal-Reformen auf den Weg bringt, ist Oliver Warbucks in dieser Fassung nicht nur Milliardär, sondern gleichzeitig auch noch Bürgermeister von New York – in Stuttgart – Bad Cannstatt wird man sich hieran nicht stören. Eine weitere Änderung hält der Schluss parat, bei dem Warbucks seine persönliche Assistentin Grace auf Knien um ihre Hand bittet. Dieses zwangsläufige Happy End zwischen den beiden Figuren hatte sich Buchautor Thomas Meehan ursprünglich jedoch für die nur wenig erfolgreiche Fortsetzung von “Annie” aufgehoben.
Eine heilige Kuh des Stückes und somit kein Bestandteil der disponiblen Inszenierungsmasse ist jedoch der Hund Sandy. Man bringt ihn – oder eben nicht, wenn man aus irgendwelchen Gründen nicht dazu bereit ist, die hierfür erforderliche Tierdressurleistung einzukaufen. Ihn von einem kleinen Kind in einem entwürdigend schlecht aussehenden Hundekostüm darstellen zu lassen, hat jedoch unterstes Schulaufführungs-Niveau. Wer das in einer Produktion macht, die etwas auf sich hält, hat das Stück nicht verstanden oder es ist ihm schlichtweg schnuppe.
Und hiermit sind wir beim Hauptproblem dieser Produktion. Befürworter einer solchen Herangehensweise werden argumentieren, dass es hier um Nachwuchsförderung und nicht um eine Broadwayshow mit Tierdressur-Gimmicks geht. Das ist nachvollziehbar, jedoch nur bis zu diesem einen Punkt, an dem die Produktion mit ihrer Professionalität Zuschauer ins Wizemann locken will. Die Erwartungshaltung eines neutralen Publikums, das sich nicht nur aus Verwandt- und Bekanntschaft von Kinderdarstellern auf der Bühne rekrutiert, besteht angesichts der aufgerufenen Preise (so wird eine vierköpfige Familie auf den besten Plätzen an einem Samstagabend mit über 250 Euro zur Kasse gebeten) nun mal darin, in den Genuss einer tatsächlich professionellen Aufführung zu kommen. Was die Produktionstechnik anbetrifft, genügt diese Show jedoch allenfalls nur semi-professionellen Ansprüchen. Doch nicht nur Ton, Licht und Bühnenabläufe präsentieren sich am Premierenabend ungenügend, auch die Inszenierung erweckt an vielen Stellen den Eindruck, als ob sie einfach noch nicht fertig sei und sich noch inmitten der Probenphase befinden würde. Hinzu kommen hausgemachte Probleme wie etwa jenes, dass viele abseits der Bühne liegende Orte bespielt werden, die von der ganz überwiegenden Mehrheit der Zuschauer im nicht aufsteigenden Auditorium überhaupt nicht eingesehen werden können. Immer wieder erwischt man sich dabei, wie man in der Halle um sich schaut, um den Darsteller ausfindig zu machen, den man in diesem Moment gerade hört (sofern sein Mikro tatsächlich offen ist), jedoch nicht sieht.
Dass die Aufführung nicht zum totalen Ärgernis wird, liegt an den Profi-Darstellern, die sich mit großer Spielfreude in die Aufführung einbringen. Allen voran der in der Rolle bereits erfahrene Uwe Kröger, der sehr schön die anfängliche Unbeholfenheit von Oliver Warbucks im Umgang mit Annie herausstellt und sowohl den egoistisch-mürrischen als auch später den warmherzigen Milliardär mit Herz und Verantwortungsgefühl zeigt. Brigitte Oelke gibt mit großer Stimme eine durch und durch verwahrloste und durchtriebene Miss Hannigan und sorgt zusammen mit Vera Bolten als köstlich schrille Lily und DMJ (David-Michael Johnson) in der Rolle des schäbigen Bösewichts Rooster für den Höhepunkt der Show: Der Song “Easy Street” ist fein ausgearbeitet, hat einen extrem hohen Unterhaltungswert und lässt an dieser Stelle auch die Live-Band unter der Leitung von Christian Million wirkungsvoll zur Geltung kommen. Joana Fee Würz überzeugt als fürsorgliche Grace Farrell und Siegmar Tonk gibt mit souveränem Schmalz im Spiel und weichem Schmelz in der Stimme Radiomoderator Bert Healy.
Nachwuchsförderung und Theaterarbeit mit Kindern und Jugendlichen ist wichtig und richtig. Die kritischen Anmerkungen zu dieser Produktion sollen in keiner Weise die Leistungen der Kinderdarsteller schmälern, die mit viel Eifer und Leidenschaft bei der Sache sind. Doch leider genügt diese Produktion in vielerlei Hinsicht nicht den Ansprüchen, die der Veranstalter durch die Herausstellung und Betonung des Qualitätsmerkmals “professionelle Produktion” selbst erhebt – Profi-Darsteller alleine machen eine Aufführung nicht per se zu einer solchen. Insofern erscheint die Vermarktungsstrategie dieser Produktion zumindest überdenkenswert.
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KREATIVTEAM |
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Regie | Rainer Niermann |
Choreografie Tanz | Andrew Hunt |
Stepp-Coach | Sarah Crouch Maryanne Kelly |
Bühnenbild | Peter Sommerer |
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CAST (AKTUELL) |
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GALERIE |
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TERMINE |
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