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Die Musicals im English Theatre in Frankfurt haben sich im Laufe der Jahre einen Namen gemacht. Gerade mit “Spamalot” im vergangenen Jahr oder der deutschen Erstaufführung von “Ghost” 2014 hat sich ein Standard entwickelt, der hierzulande abseits der Großproduktionen seinesgleichen sucht. “Jekyll & Hyde” jedoch hinterlässt einen sehr zwiespältigen Eindruck. Das Stück wirkt unausgereift und zudem in entscheidenden Rollen fehlbesetzt. Jedoch machen die neuen Musikarrangements Freude und geben dem Stück einen neuen Anstrich.
Es ist immer spannend, altbekannte Stücke in neuem Gewand zu sehen. Nachdem das Wildhorn-Drama über Gut und Böse mittlerweile seinen festen Platz im deutschen Stadttheater-Repertoire hat, hat man sich im English Theatre Frankfurt ein besonderes Highlight ausgedacht: Gemeinsam mit den Machern der Show wurde ein neues musikalisches Arrangement erarbeitet, das Musical Supervisor Tom Attwood weltweit erstmalig umgesetzt hat. Das an die “Resurrection”-Version erinnernde, weniger orchestrale Arrangement fügt sich gut in die Handlung ein. Alles wirkt ein wenig “härter”; die rockige Seite der Show kommt mehr zur Geltung. Bei Hydes Songs wie “Alive” oder der “Confrontation”-Szene fällt dies besonders auf. Aber auch bei den Balladen wurde Hand angelegt. So werden einzelne Songs oder auch musikalische Untermalungen durch einen Chor unterstützt, was “Someone Like You” oder “This Is The Moment” beispielsweise in einem stimmungsvolleren Licht erscheinen lässt und ihnen mehr Tiefe gibt.
Leider kann man das von der Inszenierung selbst nicht behaupten. Regisseur Tom Littler, der sich hier erstmalig an ein Musical heranwagt, gelingt es nicht, das Stück homogen vorwärts zu treiben. Man merkt, dass er vieles ausprobieren wollte. Darunter sind einige spannende Ansätze, aber Littler führt diese Ideen nicht zu Ende – sie verpuffen irgendwann und dienen letztlich nur dem Zweck der Inszenierung selbst und nicht dem Verständnis der Handlung. Am Ende der Show fragt man sich beispielsweise: Wozu war der Spiegel da, in den Jekyll hineingeschaut hat? Er sieht schön aus, aber eine Funktion hat er nicht. Der Dialog zwischen Jekyll und Hyde findet nicht mit, sondern vor dem Spiegel statt, obwohl dieser extra für die Szene heruntergefahren wird. Rein technisch wäre es sicher möglich – und inszenatorisch spannend – gewesen, Jekyll “durch den Spiegel” mit Hyde kommunizieren zu lassen.
Auch das ständige, emsige Rumlaufen der Ensemblemitglieder auf der Bühne bleibt weitestgehend unschlüssig. Littler schickt seine Schauspieler fortwährend auf Wanderschaft – Treppen rauf und runter, an Brüstungen stehend und beobachtend – während auf der Mittelbühne die Handlung vorangetrieben wird. Es lenkt nicht nur ab, auch werden eigentlich private, intime Momente wie Jekylls “This Is The Moment”, in dem er in seinem tiefsten Inneren beschließt, dass er sein waghalsiges Experiment an sich selbst durchführen muss, zu voyeuristischen Ensembleszenen.
Ebenfalls fragwürdig und verwirrend: Die Opfer von Hydes Mordserie zu Beginn des zweiten Aktes stehen allesamt Sekunden nach ihrem Ableben wieder lebendig auf der Bühne und singen – im gleichen Kostüm – im Chor mit. Nachdem man sich anfangs wundert, wird dies wenigstens stringent durchgezogen und ist vermutlich dem kleinen 12-köpfigen Ensemble geschuldet. Dennoch wäre auch diese Situation geschickter zu lösen gewesen und dürfte den ein oder anderen Zuschauer verwundern.
Das Ensemble singt großartig, die Chorszenen klingen gewaltig. Hier ist das Sounddesign von Stephan Weber zu loben. Gespielt wird teilweise sehr überzogen – das “Board of Governors” wirkt wie Abziehbilder, was jedoch zur sehr überzeichnenden Inszenierung dieser Szenen passt.
Größtes Manko der Show ist jedoch nicht die Inszenierung, sondern die Wahl der beiden Hauptdarsteller John Addison und Clodagh Long. Addison, der vor drei Jahren als Sam in “Ghost” auf der Bühne des English Theatre vollends überzeugte, wirkt in der Rolle des Wissenschaftlers Jekyll und besonders in der seines Alter Egos Hyde völlig überfordert. Zwar gelingen ihm die balladenhaften Lieder gut, jedoch wird die Verwandlung zu Hyde kaum sichtbar, denn weder seine Singstimme noch sein Habitus ändern sich auffallend. Einzig ein Hut und ein Stock sollen wohl den Unterschied zwischen Arzt und Monster andeuten. Die Konfrontation am Ende gelingt bühnentechnisch recht gut – man arbeitet mit unterschiedlichen Lichteffekten – die Variationsmöglichkeiten seiner Stimme sind jedoch sehr begrenzt und kaum heraushörbar.
Clodagh Long hat eine kristallklare Stimme und singt wunderschön. Sie erinnert jedoch stimmlich eher an Glinda aus “Wicked” und passt so gar nicht zur verruchten Rolle der Prostituierten Lucy, so dass all ihre Szenen unecht und deplatziert wirken. Besonders das kraftvolle “Bring On The Men”, bei denen sie in der “Red Rat” die Männer animieren soll, wirkt hier wie ein harmloses Kinderlied. Während links und rechts am Bühnenrand die Prostituierten (schöner Einfall: einige Männer in Frauenkleidern unterstützen die Damen) ihre Freier umgarnen, bringt Lucy in der Bühnenmitte die schwülstige Nachtclub-Stimmung gar nicht über die Rampe.
Die dritte im Bunde der Hauptdarsteller kann überzeugen: Samantha Dorsey als Emma Carew spielt und singt sehr gut und rollendeckend. Eine glockenklare Stimme und ein dezentes Schauspiel lassen diese Figur stets echt und nachvollziehbar wirken.
Am Ende ist “Jekyll & Hyde” in Frankfurt eine interessante Inszenierung für Fans der Show, da es neue Arrangements und spannende musikalische Ansätze zu entdecken gibt. Doch – passend zum Stück – dort wo Licht ist, sind gerade bei dieser Inszenierung auch viele Schatten.
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KREATIVTEAM |
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Regie | Tom Littler |
Musikalische Leitung | Tom Attwood Ed Hewlett |
Choreografie | Cydney Uffindel-Phillips |
Bühne und Kostüme | Neil Irish |
Licht-Design | Richard G. Jones |
Sound-Design | Stephan Weber |
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CAST (AKTUELL) |
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Henry Jekyll / Edward Hyde | John Addison |
Lucy Harris | Clodagh Long |
Emma Carew | Samantha Dorsey |
Sir Danvers Carew | Jeremy Rose |
Gabriel John Utterson | Leon Kay |
Nellie | Jessica Singer |
Simon Stride / Sir Archibald Proops | Will Arundell |
Lord Savage / Spider | Matt Bond |
Lady Beaconsfield | Natasha Millar |
General Lord Glossop | Hugh Osborne |
The Bishop of Basingstoke | Mario Frendo |
Ensemble | Ed Parry |
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GALERIE |
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TERMINE |
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TERMINE (HISTORY) |
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