© Hans von Draminski
© Hans von Draminski

Natürlich Blond (2016)
Aula der EWF, Nürnberg

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Alle zwei Jahre spornt Professor Doktor Wolfgang Pfeiffer Studenten und Lehrpersonal der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zu Höchstleitungen an. Aus den Lehramtsanwärtern wird für kurze Zeit ein buntes Völkchen, das gemeinsam mit Professoren und Ausbildern eine anspruchsvolle Musicalproduktion auf die Beine stellt; 2016: “Natürlich Blond”. Studenten spielen Studenten in einer Uni in der Uni. Regisseur Peter Kirchner vertraut auf das Stück und lässt die Produktion wie ein Uhrwerk präzise ablaufen. Dabei integriert Kirchner viele komische Elemente und Lokalkolorit. Er betrachtet seine eigene Produktion mit Augenzwinkern und erfrischender Ironie.

Es wird dunkel im großen Hörsaal der Friedrich-Alexander-Universität und eine Stimme aus dem Off begrüßt die Zuschauer: “Herzlich willkommen in einem fernen märchenhaften Land”. Wie aus dem Nichts erscheint eine Fee in einem fantasievollen grünen Tüllkleid. Im Haar der grünen Fee stecken witzige grüne Plüschantennen. Die Fee eröffnet das Musical um eine pinkfarbene Prinzessin mit den Worten: “Es war einmal”. Und sagenhaft märchenhaft ist die fetzig flotte Inszenierung von Peter Kirchner, denn er hat einen neuen Ansatz gewählt: ein Märchen. Beschützt von einer grünen Fee zieht die pinke Prinzessin aus, um eine unschuldige blonde Jungfrau aus den Klauen eines juristischen Drachens zu befreien.

Wo normalerweise Professoren aus jungen Studenten die Lehrer von Morgen formen, steht eine Bühne mit zwei Ebenen, verbunden durch eine große zentrale Freitreppe. Oben links und rechts zwei angedeutet Häuschen mit je einer riesigen Milchglasscheibe. Unten – wie in einem überdimensionalen Regal – sechs übermannshohe Aktenordner. Und diese haben es wirklich in sich. Jeder birgt ein anderes Geheimnis. Aus dem einen entsteht ein Friseursalon. Ein anderer verwandelt sich wie von Zauberhand in einen Imbisswagen. Aus einem weiteren entfaltet sich ähnlich einem Aufklappbuch das grellpinke Zimmer von Elle.

Die Aktenordner sind nur ein Beispiel für die Wandlungsfähigkeit des Sets. Bäumchen verwandeln sich nach einer 180 Grad Drehung in Frisörstühle mit Trockenhaube. Die untere Hälfte der Treppe kann mit wenigen Handgriffen unter die obere Hälfte gefahren werden, wenn Platz für Tanzszenen benötigt wird. Die milchigen Scheiben sind zauberhaft und krönender Höhepunkt des Sets: Sie leuchten pink, zeigen scherenschnittartig Darsteller, stellen bunte Glasscheiben eines Restaurants dar, illustrieren Fotos von der grünen Insel, sind Videoprojektionsfläche für Haie auf Raubzug in blutigem Wasser und vieles mehr. Was Barbara Seyfried (Setdesign) und Matthias Meier (Bühnenbau) hier präsentieren, ist ein Geniestreich, der vergessen lässt, dass der Zuschauer in einem Hörsaal und nicht in einem Theater mit ausgefeilter Bühnentechnik sitzt.

Auch für die Kostüme ist Seyfried verantwortlich. Dezent elegant auf den Partys, lässig leger im studentischen Alltag oder phantasievolle Staffage der Märchenfiguren. Nie aufdringlich aber sehr effektvoll ist auch das aufwändige Lichtdesign von Johannes Voltz. Er kombiniert viele verschiedene Lichtelemente zu einem Ganzen, das mehr ist, als nur die Summe der einzelnen Bestandteile. Voltz versteht es, emotionale Momente zu forcieren und zaubert in Pink, Rot oder Grün Atmosphäre in den Hörsaal.

Elles quietschvergnügte Freundinnen aus alten Tagen sind als Chor eines altgriechischen Dramas in nicht nur in Elles Gedanken präsent. Witzigerweise tragen die Mädels auch weiß-güldene Togen. Die Chorsätze intonieren Sie präzise. Ebenfalls gut sitzen auch die einfachen, aber effektvollen Choreografien von Cosy Adenbar und Sigi Turbar. In den großen Tanzszenen bewegen sich auf der Bühne mehr als 25 Darsteller weitgehend synchron. Beeindruckendes Beispiel: eine kurze Szene mit irischen Linienstepptanz.

Laurence O’Keefe und seine Frau Nell Benjamin haben die Musik von “Natürlich Blond” aus verschiedenen Musikstilen zusammengesetzt von Funk bis Jazz, von Hip Hop bis Balladen. Das erfordert von den Musikern viel Einfühlungsvermögen und Flexibilität. Die beiden musikalischen Leiter Toni Hinterholzinger und Alexander Köhler haben ganze Arbeit geleistet: Die neun Musiker bewältigen gefühlvoll und präzise die anspruchsvolle Komposition mit schwül mit gestopfter Posaune und Trompete oder wummernden Bass und rockiger Gitarre. Moritz Fischer führt die Studenten-Band mit sicherer Hand durch die Partitur. Jeder Break sitzt. Uli Wiessnet an Schlagzeug und Percussion liefert dazu eine ausgewogene rhythmische Grundlage und verbindet die Musikstücke zu einem harmonischen Ganzen.

Vier Darsteller ragen heraus: Svenja Baumgärtner als Klischeeblondine Elle Woods, Florian Werner als Karrierist Warner Huntington III., Nadja Marquardt als flippige Paulette/grüne Fee und Thomas Kroczek als gerissener Professor Callahan.

Der glockenhelle Sopran von Svenja Baumgärtner glänzt in der mittleren Lage. Baumgärtner singt mit feinem Vibrato und samtigen Timbre. Ihre erfrischende Selbstironie lässt das Publikum immer wieder herzlich lachen. Ihr gelingt es sowohl stimmlich als auch schauspielerisch die Rolle der Elle zu entwickeln. Mit strahlender Mimik setzt Sie das Auf und Ab von Elle Gefühlen glaubhaft um: Verzweiflung darüber, dass Ihre Mitmenschen (allen voran Ihr Ex-Freund Warner) in der hochintelligenten Studentin nur das blonde Dummchen sehen. Enthusiasmus, wenn es Elle gelingt anderen Menschen zu helfen. Die Stärke einer Frau, die Ihren Platz in der Gesellschaft sucht und findet.
Warner verlässt Elle zu Beginn im Glauben, Elle würde seiner politischen Kariere schaden. Florian Werner spielt den charakterschwachen Schönling sehr glaubhaft. Mit voller Stimme – mal zart-gefühlvoll, mal kräftig-selbstbewusst – setzt Werner zu Baumgärtner einen spannenden musikalischen Kontrapunkt.

Nadja Marquardt schlüpft in viele verschiedene Rollen und begleitet Elle als gute Fee auf Schritt und Tritt. Als desillusionierte Friseurin Paulette und Elles neue Freundin darf Marquardt auch musikalisch glänzen. Wandlungsfähig, voller Lust und mit viel Witz spielt und singt Sie mit großer mimischer, schauspielerischer und stimmlicher Kraft.
Thomas Kroczek gibt den aalglatten und eiskalten Professor Callahan elegant mit großer Bühnenpräsenz. Er gestaltet seine Rolle eher als Entertainer, denn als verklemmter Lehrkörper. Anwalt Billy Flynn aus Chicago lässt grüßen. “Blut in den Kiemen/Blood in the Water” ist Kroczeks musikalischer Höhepunkt: Wenn Anwälte Profit wie Haie Blut im Wasser wittern, stürzen Sie sich gnadenlos auf Ihre Beute. Leichte Beute in diesem Fall ist Elle, die unvorbereitet zur Vorlesung kam. Wenn sich in blutrotem Licht die Studenten auf Sie stürzen, überragt von Hai-Videos auf den Scheiben, läuft den Zuschauern ein kalter Schauer über den Rücken.

Das Niveau der Produktion ist hoch bis sehr hoch und begeistert über weite Strecken selbst anspruchsvolle Musicalfans. Dass hier Lehrsamtstudenten und keine ausgebildeten Musicaldarsteller agieren, ist natürlich erkennbar. Einige Sänger kämpfen mit den schwierigen Harmonien und das Stimmvolumen lässt in den hohen und tiefen Lagen nach. Die Texte sind manchmal schwer verständlich, weil der Abmischung Balance fehlt. Unbestritten ist aber, dass die engagierte und begeisterte Truppe um Wolfgang Pfeiffer eine tolle Leistung abliefert, die so manche professionelle Produktion blass aussehen lässt. Und das sieht auch das Publikum so und feiert frenetisch die Premiere mit stehenden Ovationen. “Und wenn Sie nicht gestorben sind, so spielen Sie noch heute.”

 
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KREATIVTEAM
GesamtleitungWolfgang Pfeiffer
RegisseurPeter Kirchner
Musikalische LeitungToni Hinterholziger
Alexander Köhler
ChoreografieSigi Turba
Cosima Adebahr
Bühnenbild & KostümeBarbara Seyfried
KostümassistenzMaria Floiger
Anfertigung der KostümeEmma Eckl
Bühnenbau & ProjektionenMatthias Meier
Technische Leitung / LichtdesignJohannes Voltz
TontechnikChristian Reinfelder
 
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CAST (AKTUELL)
Elle WoodsSvenja Baumgärtner
Emmet ForrestNick Naujoks
Warner Huntington III.Florian Werner
Paulette BonafontéNadja Marquardt
Enid HoopesSandra Schulz
Vivienne KensingtonHanna Wendel
Professor CallahanThomas Kroczek
Brooke WyndhamEva Miller
MargotNele Hollering
SerenaJudith Geissler
PilarSabrina Rammler
Delta-NuAnnemarie Haberecht
Laura Schlosser
Anna Reinhardt
Maria Floiger
Stephanie Schreiner
Eva Miller
EnsembleLena Richter
Verena Krieg
Laura Wehner
Klara Studtfeld
Tina Hirsch
Luca Di Leo
Alexander Drummer
Hilke Esperschidt
Felix Schrenk
Johannes Büttner
Hanna Girschke
Anatoliy Kobrynskyy
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Do, 14.04.2016 19:30Aula der EWF, NürnbergPremiere
Fr, 15.04.2016 19:30Aula der EWF, Nürnberg
Fr, 22.04.2016 19:30Aula der EWF, Nürnberg
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