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In Zeiten großer Debatten über “Homo-Ehe” und Gleichstellung bezieht die Inszenierung von Sebastian Ritschel eindrucksvoll einen klaren Standpunkt für Liebe und Respekt. Dabei webt Ritschel in seinen Narrenkäfig geschickt tagesaktuelles Zeitgeschehen ein, hebt aber nie zu ermahnend den Zeigefinger und findet auch dank einer punktgenauen Besetzung immer die richtige Mischung aus Komik und Tragik.
Wenn Zaza sich am Ende des Finales des ersten Aktes nach “Ich bin, was ich bin” ihre Kleider vom Leib reißt und ihren nackten Oberkörper mit der Aufschrift “Stop Homophobia” entblößt, setzt das ein mehr als klares Statement mit Gänsehautfaktor. Es sind diese mutigen Ideen, die dem vielgespielten Klassiker noch einmal ganz neue Seiten abgewinnen und aus dem Stück so viel mehr als nur einen unterhaltsamen Abend machen. Zweimal setzt Zaza zu einem zweideutig-spitzen Monolog an, welche dramaturgisch gesehen definitiv zu den Höhepunkten der Show gehören. Denn wenn Adrian Becker in seiner Rolle davon erzählt, wie Homosexuelle in Russland auf brutalste Art und Weise gefoltert werden, er tagesaktuell auf die soeben entschiedene Ehe-Öffnung in Irland anspielt oder auch hinterfragt, warum Homosexualität und Pädophilie so oft auf eine Stufe gestellt werden geht ein stiller Ruck durch den Zuschauerraum. Die Botschaft kommt an und rüttelt wach.
Gerade auch, weil Adrian Becker in der schrillen Doppelrolle aufgeht. Seine Zaza ist sensibel, gleichzeitig herrlich komisch, aber auch eindringlich in den oben erwähnten Monologen. Egal ob als überdrehtes Showgirl, in den ruhigeren Momenten als Albin oder als liebende Mama – er zieht die Zuschauer gekonnt in den Bann des Narrenkäfigs und ist dabei auch gesanglich auf voller Höhe: Sein kräftig und ausdrucksstark gesungenes “Ich bin, was ich bin” markiert ein starkes Finale des ersten Aktes.
Doch auch der Rest seiner Familie steht ihm in nichts nach: Lebensgefährte Georges (Stefan Bley) singt sich mit warmer Stimme durch den Abend und sein liebevolles Verständnis sowohl für den exzentrischen Albin/Zaza als auch für seinen Sohn ist rührend. Besonders in den Duetten harmoniert er großartig mit seinem jeweiligen Gegenüber, wie beispielsweise beim “Song am Strand” gemeinsam mit Albin/Zaza. Stefan Reil als Sohn Jean-Michel zeigt genauso viel Spielfreude wie seine Bühneneltern. Die Rolle des eigensinnigen Sohnemanns füllt er in allen Facetten voll aus. Sein “Anne im Arm” ist wunderbar eingängig und bleibt noch lange im Ohr.
Ebenfalls überzeugt seine Anne (Laura Scherwitzl) als braves Mädchen, genauso wie die beiden stockkonservativen Eltern Marie (Yvonne Reich) und Eduoard Dindon (Hans-Peter Struppe), die in ihren überdreht spießigen Rollen Talent beweisen. Besonders beim Familiendinner im zweiten Akt funktioniert das Zusammenspiel zwischen allen Parteien hervorragend und erntet viele Lacher.
Ein Publikumsliebling ist Michael Starkl als abgedrehter Butler Jacob – sein komödiantisches Talent kommt an. Einzig die Cagelles sind stellenweise etwas zu unscheinbar, hier ist gesanglich und tänzerisch im Ensemble noch Luft nach oben.
Zentrales Element des Bühnenbildes (dessen Konzept ebenfalls von Sebastian Ritschel stammt) ist ein riesiges Gemälde, das sich geschickt auch als zweite Ebene nutzen lässt, da die einzelnen Paneele des Bildes drehbar sind. So entsteht teilweise ein zweiter Raum über der eigentlichen Bühne, z.B. Zazas Garderobe oder das Wohnzimmer der Dindons. Besonders optimal genutzt ist es auch zum Finale des ersten Aktes hin, als Schilder der Befürworter und Gegner von Homosexualität wie aus einem Fenster herausgehalten werden – ein optisch sehr starkes Bild! Natürlich fehlt auch die Showtreppe nicht und der riesige Jesus am Kreuz im zweiten Akt, der von der Decke hängt, wirkt herrlich übertrieben.
Kostümtechnisch bleibt dieser Narrenkäfig stellenweise dezenter, doch gerade das macht die Optik aus. Die Kostüme wirken nicht aufgesetzt, nicht zu übertrieben und sind doch in opulenter Showoptik meist in rot, blau, schwarz oder silber gehalten. Da ist beispielsweise der Anzug von Albin, der sich mit einem Ruck zum roten Abendkleid verwandeln lässt oder die Cagelles in Zirkusoptik – oder Jacob, der im Finale in einem Hauch von silbernem Nichts auf die Bühne tritt.
Showqualitäten beweist auch das Orchester der Neuen Lausitzer Philharmonie unter der Leitung von Ulrich Kern an diesem Abend: Beschwingt und absolut sicher spielen sie sich durch die schwierige Partitur von Jerry Herman, klingen dabei satt und voll.
“Ein Käfig voller Narren” in Görlitz ist ein mutiges Statement in einer doch eher konservativen Stadt – ein Plädoyer für Familie und Toleranz. Fast könnte man den Abend schon als ein Wagnis bezeichnen. Als am Premierenabend allerdings das gesamte Publikum sofort, nachdem der erste Vorhang gefallen ist, zu Standing Ovations aufsteht, ist sofort klar: Genau dieses Statement kommt hervorragend an und wird zu Recht belohnt. Denn es ist mehr als begrüßenswert, dass ein Theater sich so deutlich für Vielfalt statt Einfalt positioniert und ganz offen fragt: Wann hast du dich entschieden hetero zu sein?
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Ulrich Kern |
Inszenierung, Ausstattung, Licht | Sebastian Ritschel |
Choreografie | Dan Pelleg Marko E. Weigert |
Dramaturgie | Ronny Scholz |
Choreinstudierung | Albert Seidl |
Musikalische Einstudierung | Olga Dribas Ewa Zacharczyk-Kowal Alexander Köhler |
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CAST (AKTUELL) |
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Albin | Zaza | Adrian Becker | |||
Georges | Stefan Bley | |||
Jean-Michel | Stefan Reil | |||
Jacob | Michael Starkl | |||
Edouard Dindon | Hans-Peter Struppe | |||
Marie Dindon | Yvonne Reich | |||
Anne | Laura Scherwitzl | |||
Cagelles | Carlos Perez González Enrico Paglialunga Martin Kristensen Dan Pelleg Etienne Aweh Marko E. Weigert Philipp Förster Amit Preisman Nora Hageneier Alina Jaggi | |||
Chantal | Benjamin von Reiche | |||
Hanna | Ursula Bauer | |||
Polizisten | Claus Kiesewetter Richard Kosciolek | |||
Pierrot | Angelika Schnitzler | |||
Neue Lausitzer Philharmonie | ||||
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Chor des GHT Görlitz-Zittau |
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GALERIE |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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TERMINE (HISTORY) |
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