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KURZBEWERTUNG |
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16 Jahre nach seiner Uraufführung im Theater an der Wien feiert “Mozart!” nun im Raimund Theater Premiere in einer neuen Fassung, von der Regisseur Harry Kupfer sagt, dass es keine Wiederaufnahme, sondern eine Neuinszenierung sei. Die Geschichte um den jungen Mozart, der sich von seinem Genie emanzipiert, bleibt freilich die gleiche. Auch musikalisch ist vieles unverändert. Doch Inszenierung und Ausstattung haben einen Feinschliff bekommen, und besetzungstechnisch wurde aus dem Vollen geschöpft, so dass man zweifelsohne von einer Neufassung sprechen kann, die in vielen Teilen stärker als das “Original” ist und zweieinhalb Stunden erstklassige Unterhaltung bietet.
Die österreichische Presse geht häufig sehr barsch an Neuproduktionen der Vereinigten Bühnen Wien heran. So spricht man in diesem Fall vom Reanimieren der Kunze/Levay-Musicals bis zum “Gehtgarnichtmehr” (Der Standard) oder einer “optischen Botox-Kur” für “Mozart!” (Kurier).
Sicher hat Intendant Christian Struppeck mit dem Team Kunze/Levay/Kupfer auf Sicherheit gesetzt – schließlich reiste “Mozart!” im Laufe seiner Spielzeiten durch sieben Länder und hatte rund 1,9 Mio. Besucher weltweit. Doch was das einstige Leading-Team aus dem immer im Schatten der großen Schwester “Elisabeth” stehenden Musical gemacht hat, ist beachtlich. Der “Mozart!” des Jahres 2015 tritt eindeutig hinter dem Schatten der 1999er-Variante hervor, und auch hinter “Elisabeth” muss er sich nicht länger verstecken.
Dafür ist unter anderem der komplett neu gestaltete, ungemein effektvolle Bühnenbau von Hans Schavernoch verantwortlich. Dieser hat einen Raum erschaffen, der von einer Art Rahmen umschlungen wird, der in unterschiedlichen Farben ausgeleuchtet werden kann und sich so den Stimmungen des Bühnengeschehens anpasst. Im Hintergrund wird mit kristallklaren, meist ästhetisch kühl gehaltenen Projektionen (Video: Thomas Reimer) gearbeitet, um Mozarts Lebenswelten lebendig werden zu lassen. Bis auf ein Zepter, das sich in den Szenen mit Colloredo vom Schnürboden senkt, und den Grauen verheißenden Totenkopf, der im zweiten Akt auf der rechten Bühnenhälfte platziert wird, gibt es keine großen Bühnenteile, und dies ist das große Plus des Bühnenbildes. Alles wirkt klar und geordnet, die Bilder auf der Projektionsfläche tun ihr Übriges, um wunderschöne Szenen entstehen zu lassen. Die Requisite unterstützt diese “Einfachheit” mit nur wenig Inventar, wie dem obligatorischen Mozart’schen Flügel und einigen Stühlen, die, bis auf kurze Ausnahmen, permanent auf der Bühne und ständig in Bewegung sind. Geschickt werden Stühle und Klavier für Choreografien (Dennis Callahan) und Auftritte genutzt, die hier stärker zur Geltung kommen als auf der einstigen hydraulischen “Fächer”-Bühne. Die Choreografien sind recht einfach, dennoch sind sie äußerst effektvoll und sitzen auf den Punkt.
Die Musik von Sylvester Levay ist bis auf kleine Veränderungen – unter anderem wurde der “Rote Rock” zu Beginn des Stückes gestrichen, das Finale abgewandelt und einige Songs etwas gestrafft – gleich geblieben. Das mit Spannung erwartete neue Duett “Wir zwei zusammen” zwischen Mozart und Constanze fügt sich reibungslos in das Geschehen ein und führt ganz unkitschig vor Augen, wie sich die beiden ineinander verlieben und ihre Liebe und den Preis, den sie dafür zahlen könnten, abwägen. Inszenatorisch gelingt auch hier ein geschickter Handgriff: Man lässt die Schauspieler in die Gondeln eines Kettenkarussells einsteigen, zieht sie nach oben, lässt sie von links nach rechts schweben, sich berühren, ihr Verliebtsein genießen. Es wirkt, als sähe man zwei Jugendlichen aus der heutigen Zeit beim Flirten zu. Wenngleich das Lied nicht unbedingt im Gedächtnis bleibt, ist die Szene doch ein Gewinn für den Handlungsverlauf und das Verständnis der Show.
Ganz klar auf der Haben-Seite der Neuinszenierung ist die hervorragende Wahl aller Hauptdarsteller.
Der junge Niederländer Oedo Kuipers gibt den Mozart jugendlich und frisch, verspielt und grundsympathisch, arbeitet jedoch auch seine innere Zerrissenheit deutlich heraus. Diese wird besonders bei den Szenen mit seinem Vater gegenwärtig, und “Warum kannst du mich nicht lieben?” wird so zu einem Highlight seiner Darstellungs- und Sangeskunst. Insgesamt ist die Rolle des Mozart nicht mehr so schnodderig angelegt wie in der ursprünglichen Fassung: Er ist zwar immer noch frech und lehnt sich gegen das Erwachsenwerden auf, wirkt aber mehr wie aus der heutigen Zeit entsprungen und realer als in der rasta-gelockten Urfassung. Die moderne Kurzhaarfrisur und das weiße Jeans-Outfit unterstützen diesen Eindruck.
Thomas Borchert gibt – genau wie 1999 – Mozarts Vater Leopold und ist sowohl musikalisch als auch schauspielerisch ebenso sicher wie vor 16 Jahren. Seine Songs “Schließ dein Herz in Eisen ein” oder das in einigen Reprisen wiederkehrende “Niemand liebt dich so wie ich” sind noch immer anrührend und werden von ihm gekonnt in Szene gesetzt.
Die Rolle des Colloredo erfährt durch Mark Seibert eine Verjüngungskur. Er singt den Part in vielen Phasen wesentlich höher als einst Uwe Kröger, was den Songs sehr gut zu pass kommt und sie noch rockiger und intensiver erscheinen lässt. Sein Habitus und sein trainierter Körper runden das Bild des selbstverliebten und machthungrigen Erzbischofs ab.
Einen Glücksgriff stellt Ana Milva Gomes als Baronin von Waldstätten dar. Sie bewies schon in diversen Produktionen der Vereinigten Bühnen (u. a. als Deloris van Cartier in “Sister Act”) ihr Können und zieht auch mit dieser relativ kleinen Rolle das Publikum auf ihre Seite. Mit “Gold von den Sternen” obliegt ihr der mittlerweile zum Klassiker avancierte, wohl stärkste Song des Abends, mit dem sie restlos überzeugt und das musikalische Highlight setzt.
Unterstützt wird sie dabei von einem ausgeklügelten Beleuchtungskonzept, das sich farblich der jeweiligen Szenerie anpasst. In diesem Fall wird das elegante Blau ihres Kleides vom Licht aufgegriffen, welches ihr stets zu einem beinahe übernatürlichen Auftritt verhilft. Die stimmungsvollen Beleuchtungen von Jürgen Hoffmann lassen atmosphärische Bilder entstehen und führen nach einer gewissen Zeit dazu, dass man die farblichen Stimmungen mit den entsprechenden Personen assoziiert, was die Figuren noch stärker zeichnet und greifbarer macht.
Das große Orchester unter der Leitung von Koen Schoots spielt kraftvoll und imposant und wird perfekt ausgesteuert und dementsprechend perfekt auf die Lautsprecher des Theaters und die Ohren des Zuschauers übertragen. Ebensolches gilt für den Chor, dessen klare Diktion und Verständlichkeit, wie so häufig bei den Vereinigten Bühnen Wien, herausragend ist. Ein Genuss, der auf eine baldige Live-Aufnahme hoffen lässt.
Am Ende muss man Harry Kupfer, der sich nach 16 Jahren an die erneute Inszenierung der gleichen Show gewagt hat, recht geben und gratulieren: Es handelt sich in vielerlei Hinsicht tatsächlich nicht um eine Wiederaufnahme, sondern um eine Neuinszenierung, die in dieser Fassung nun restlos überzeugt. Kupfer inszeniert simpel und unaufgeregt, er erzählt eine Geschichte mit starken Bildern und bleibt erfreulicherweise häufig bei Altbewährtem. Allerdings schafft er es auch, gemeinsam mit seinem Team neue Aspekte herauszuarbeiten, eine starke Atmosphäre zu erschaffen und letztlich für einen wundervollen Theaterabend zu sorgen, den man sich schöner nicht wünschen kann.
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KREATIVTEAM |
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Musik | Sylvester Levay |
Buch und Texte | Michael Kunze |
Regie | Harry Kupfer |
Musikalische Leitung | Koen Schoots |
Choreografie | Dennis Callahan |
Bühne | Hans Schavernoch |
Kostüme | Yan Tax |
Licht | Jürgen Hoffmann |
Sound | Thomas Strebel |
Video | Thomas Reimer |
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CAST (AKTUELL) |
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CAST (HISTORY) |
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Leopold Mozart | Thomas Borchert [09/2015-01/2016] |
Sophie Weber | Sina Pirouzi [09/2015-01/2016] |
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GALERIE |
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TERMINE |
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TERMINE (HISTORY) |
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