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Pinkelstadt (2014)
Neues Kellertheater, Wetzlar

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Die Wetzlarer Inszenierung von “Pinkelstadt” bietet einen satirischen Abend mit solider Regiearbeit. Die Parodie unterhält, trotz vereinzelter darstellerischer Schwächen, mit viel Augenzwinkern und jazziger Musik.

Das Musical “Urinetown” war 2001 ein Überraschungserfolg am Broadway und läuft derzeit erfolgreich im Apollo Theatre im Londoner West End. In Deutschland war die Satire, die hierzulande unter dem wenig zweideutigen Namen “Pinkelstadt” läuft, erstmals 2004 im Berliner Schlossparktheater zu sehen. Vielleicht ist es dem Titel, vielleicht auch der Thematik geschuldet, dass sich seitdem trotzdem recht wenige Stadttheater an das Stück herangetraut haben.

“Pinkelstadt” erzählt von einer Zukunftsvision, in denen es den Bürgern verboten ist, ihr “Geschäft” kostenlos zu erledigen, da das Wasser knapp geworden ist. Somit ist das freie Pinkeln nur noch den Gutgestellten vorbehalten – die Normalbürger müssen sich in sogenannten “Bedürfnisanstalten” erleichtern und dafür ihr ohnehin knappes Geld berappen. Ausgenutzt und gedemütigt bekämpft eine Gruppe Aufständischer nun die Übermacht der “Reichen” – allen voran den Besitzer der Bedürfnisanstalten, um so das Recht auf freies Pinkeln wiederzuerlangen.

Dass das Musical eine Parodie ist und sich nur selten wirklich ernst nimmt, wird bereits in den ersten Minuten deutlich, in denen Wachtmeister Kloppstock – Polizist und gleichzeitig Erzähler der Show – die Bühne betritt und erklärt, was es mit dem Musical auf sich hat. Er erläutert den ungewöhnlichen Namen, gibt einen groben Überblick über die Handlung und adressiert auch immer wieder zwischendurch das Publikum bzw. kommentiert das Gesehene. Dies macht Christoph Drewitz (der auch gemeinsam mit Miriam Reinhardt für die Inszenierung verantwortlich ist) überaus unterhaltsam und mit viel Wortwitz, so dass es eine Art Show in der Show gibt, die dem Publikum das Genre Musical ein wenig näher bringt.

Überhaupt wirkt die Hand des Regie-Teams in Kombination mit den satirisch-komischen Liedtexten (Wolfgang Adenberg, Ruth Deny) sehr unterhaltsam und wie aus einem Guss. Die Regisseure nutzen die kleine Bühne geschickt, haben ihr Team im Griff und setzen auf viele kleine Überraschungseffekte, wie beispielsweise die spaßigen Auftritte der bereits “verstorbenen” Freiheitskämpfer oder die Anleihen an die Revolte in “Les Misérables”.

Neben Kloppstock als Erzähler tritt auch Verena Gerth als Klein-Erna oft an die Rampe und fungiert in ihrer Rolle als kleines Mädchen ebenso als Kommentatorin. Auch sie füllt ihre Rolle wunderbar aus und sorgt für mancherlei Lacher im Publikum.

Die eigentlichen Hauptrollen der Show, Jonny Stark und Freya von Mehrwerth, werden von Lukas Martin und Mirjam Wiemer gespielt. Das junge Liebespaar lernt sich während der Revolution kennen und besteht – ganz in Romeo-und-Julia-Tradition – einerseits aus dem Anführer der Freiheitskämpfer und andererseits aus der Tochter des Großunternehmers von Mehrwerth. Beide Darsteller füllen ihre Rollen schauspielerisch gut aus, geraten gesanglich jedoch immer wieder an ihre Grenzen, was sich besonders bei den Duetten des Paares störend darstellt.

Erwähnenswert ist – neben den allesamt gut und rollendeckend spielenden Darstellern – noch Sven Bühler, der in der besuchten Vorstellung in der Rolle des Wachtmeisters Wampe zu sehen war. Mit viel Komik und einem gewaltigen Talent im Grimassen-Schneiden macht er aus dieser eher kleinen Rolle eine Figur, die sogar Szenenapplaus erhält.

Bühnentechnisch hat das kleine Kellertheater trotz des kleinen Bühnenraumes einiges zu bieten: So werden beispielsweise Klappwände genutzt, um schnell neue Szenen entstehen zu lassen. Dies wird aufgrund der begrenzten Szenerien (Toilettenanlage/Büro/Kanäle) nicht langweilig und auch kleine Einfälle im Bühnenbild machen hier Freude.

Die Musik von Mark Hollman ist unterhaltsam. Sie bietet neben den erwähnten Liebesduetten eher jazzige, flottere Rhythmen, die ins Ohr gehen, besonders weil die Band – die im Bühnenbild hinter der Toilettenanlage integriert ist – sehr schmissig und mit viel Drive aufspielt.

Letztlich liefert das Kellertheater Wetzlar mit dieser Inszenierung von “Pinkelstadt” eine solide, witzige und unterhaltsame Inszenierung des bisher selten in Deutschland gespielten Musicals ab. Die Show ist gespickt mit Ironie, und das Ensemble bzw. das Regie-Team weiß damit umzugehen. Wer den Weg nach London scheut, sollte sich das Stück in der gemütlichen Atmosphäre des Kellertheaters durchaus einmal ansehen.

 
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KREATIVTEAM
RegieChristoph Drewitz
Miriam Reinhardt
Musikalische LeitungLudwig Harsch
ChoreografieDavid Hartland
 
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CAST (AKTUELL)
Friede FennichfuxFranziska Deutscher
Miriam Freitag
Freya von MehrwerthWasilena Georgieva
Mirjam Wiemer
Klein-ErnaVerena Gerth
Sarah Fischer
Mutter Stark u.a.Jessica Wingenbach,
(Verena Gerth)
Suppen-Suse u.a.Kerstin Freund,
(Verena Gerth)
Wachtmeister KloppstockSven Bühler
Christoph Drewitz
Jonny StarkLukas Martin
Jens Schomber
Werdmehr von MehrwerthJulian Goletzka
Wampe/Hr. KaiserBernhard Lefèvre
Sven Bühler
Schmier/KnuthRalf Weyer
 
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 20.09.2014 20:00Neues Kellertheater, WetzlarPremiere
Fr, 26.09.2014 20:00Neues Kellertheater, Wetzlar
Sa, 27.09.2014 20:00Neues Kellertheater, Wetzlar
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