Kay Kuntzes Inszenierung Musicals “Chess” von Benny Andersson, Bjørn Ulvaeus und Tim Rice begeistert mit grandiosen Hauptdarstellern, enttäuscht jedoch hinsichtlich der Regie und Ausstattung. Hier wäre weniger oft mehr gewesen.
Andere Stadttheater haben bereits gezeigt, wie man mit einfachsten Mitteln eine individuelle und gute Produktion auf die Beine stellt, im Bielefelder Theater hat es das Kreativteam jedoch ein wenig zu gut gemeint. Die Hauptdarsteller wurden gelungen mit bekannten Gästen der Musicalszene besetzt, doch sie allein können die Inszenierung nicht retten.
Die Geschichte rund um die Schachweltmeisterschaft der 1970er vor dem Hintergrund des Kalten Krieges wirkt aufgrund des futuristisch anmutenden Bühnenbilds von Duncan Hayler wie von einem anderen Stern. Man arbeitet mit wenigen Kulissenteilen, die eine Mischung aus hochkant gestellten Feuerwaffen (Panzern?) in eintönigem Grau-Weiß bilden. Worum es sich genau handelt, wird nicht klar. Zusammen mit den Kostümen der Darsteller wirkt der gesamte Aufbau wie eine Kulisse für das Raumschiff Orion, nicht aber wie das ernsthafte Stück, das es sein soll.
Besonders unter seinem Kostüm zu leiden hat Jens Janke, der als Arbiter mit rotem nostradamusähnlichem Rauschebart, Raumanzug, Helm und einer Laserkanone bemitleidenswert aussieht, aber gesanglich wie gewohnt überzeugen kann.
Neben Jens Janke hat es auch andere Mitglieder des Ensembles bei der Kostümwahl und Regie böse getroffen. Roberta Valentini als Florence Vassy erinnert in ihrem rot-weiß gestreiften Kleid stark an eine Warnbarke, während bei Mitgliedern des Opernchors hautenge Silberglanzanzüge, silberne Langhaarperücken und bei einigen Männern gern auch einmal pink glänzende Leggins zum Einsatz kommen.
Offen bleibt auch die Frage, warum Veit Schäfermeier bei einem der Höhepunkte des Stücks, Sergievskys Solo “Anthem”, ein Pappbecher Cola und ein Cheeseburger in die Hand gedrückt wird. Dem Regisseur scheint es unmöglich zu sein, ein großes Solo für sich stehen zu lassen – er muss die Gänsehautstimmung mit ablenkenden oder albernen wirkenden Ideen zerstören.
Neben all den offenen Fragen zu Regie und Bühnenbild sind zumindest die Hauptdarsteller der Produktion ein Lichtblick dieses getrübten Theaterabends. Schauspielerisch gibt Alex Melcher den Amerikaner Fredrick Trumper rebellisch und in großer Rockstarmanier. Stimmlich passt er exakt zu dieser Rollenauslegung und läuft gerade bei “Pity the Child” zu Höchstform auf.
Als sein Gegenspieler Anatoly Sergievsky bildet Veit Schäfermeier den Gegenpol zu Melcher. Ruhig, gelassen, mit starker Musicalstimme gibt Schäfermeier einen Russen, dem man die offensichtlichen Zweifel und inneren Kämpfe abnimmt. Beide Männer zeigen dank ihres guten Zusammenspiels einen überzeugenden Konkurrenzkampf und halten so die Spannung des Stücks bis zum Ende.
Leider bleiben Roberta Valentini und Karin Seyfried in den Rollen der Florence Vassi und der Svetlana sehr blass. Beide haben gesanglich wunderschöne Momente, erhalten aber regiebedingt wenig Gelegenheit, die Entwicklung ihrer Charaktere exakt nachzuzeichnen.
Insgesamt ist Kay Kuntzes Inszenierung von “Chess” leider nicht geglückt. Wie so oft ist eine gewollt eigenwillige Interpretation des Stücks ein Grund, sich eher eine konzertante Version mit gleichen Hauptdarstellern zu wünschen.
Kurzbewertung | Kreativteam | Cast | Termine | Termine (Archiv) | |||||
KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | William Ward Murta |
Inszenierung | Kay Kuntze |
Bühne und Kostüme | Duncan Hayler |
Choreografie | Götz Hellriegel |
Choreinstudierung | Hagen Enke |
Dramaturgie | Jón Philipp von Linden |
Regieassistenz und Abendspielleitung | Nora von Linden |
Musikalische Einstudierung | Alexis Agrafiotis Christian van den Berg-Bremer Ingo Martin Stadtmüller Witolf Werner |
Ausstattungsassistenz | Denise Schaap |
Kurzbewertung | Kreativteam | Cast | Termine | Termine (Archiv) | |||||
CAST (AKTUELL) |
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Frederick Trumper | Alex Melcher |
Anatoly Sergievsky | Veit Schäfermeier |
Florence Vassy | Roberta Valentini |
Svetlana | Karin Seyfried |
Arbiter | Jens Janke |
Molokov | Frank Bahrenberg |
Walter de Courcey | Michael Pflumm |
Pop Choir / Botschafter | Julia Dietsch Jessica Krüger Alexander Janacek Andreas Lutsch |
Ensemble Osnabrück (Tänzer) | Michaela Duhme Christine Fitz Anna Grah Milena Hagedorn Alina Kuttke Rebecca Soumagné Stefan Lehmann Jörn Seelhorst |
Orchester | Bielefelder Philharmoniker |
Chor | Bielefelder Opernchor |
Kurzbewertung | Kreativteam | Cast | Termine | Termine (Archiv) | |||||
TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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Kurzbewertung | Kreativteam | Cast | Termine | Termine (Archiv) | |||||
TERMINE (HISTORY) |
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