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Mit dieser nostalgischen Operetten-Compilation-Revue blickt James Edward (Buch und Regie) hinter die Fassade eines der bedeutendsten weiblichen Bühnenstars der 1920er Jahre in Berlin: Fritzi Massary. Eine stimmungsvolle Ausstattung sowie tolle Darsteller sorgen für einen unterhaltsamen Musiktheaterabend.
Nackttänzerinnen-Revuen und Transvestitenlokale sind ihre Konkurrenten. Fritzi Massary fürchtet, dass die Berliner der 1920er Jahre verstärkt dort Unterhaltung und Zerstreuung suchen, statt weiterhin sie auf der Operettenbühne zu bewundern. Mit ihrer Sorge um die berufliche Zukunft verdrängt die Diva, dass es vielmehr die Eskapaden ihres zweiten Ehemannes Max sind, die ihr wirklich zusetzen. Für das Publikum, das der Massary immer noch zu Füßen liegt, gibt sie die Grande Dame, die von der Bühne aus für diese Zeit schlüpfrige Texte wie “Du bist der Liebessklave” gurrt oder fragt “Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben?”. Doch hinter ihrer Fassade ist Fritzi alles andere als glücklich.
James Edward Lyon setzt mit seinem Stück dem weiblichen Fixstern des Unterhaltungstheaters im Berlin der “Goldenen Zwanziger” ein liebevolles Denkmal. Hierfür hat er aus den heute fast vergessenen, sogenannten “Massary-Operetten”, die Komponisten wie Leo Fall oder Oscar Straus der Diva förmlich auf den Leib komponierten, musikalische Schätze ans Tageslicht zurückbefördert und eine fiktive Story herumgebastelt: Auf einer Zugfahrt der Massary von Wien nach Berlin schmieden der Kritiker Oscar und die Nachwuchs-Soubrette Hannah ein Bündnis: Er nutzt die Gelegenheit, seinem Idol unter dem Vorwand eines Interviews nahe zu sein, während Hannah Max im Salonwagen nebenan mehr als nur schöne Augen macht. Im zweiten Akt finden sich alle vier Protagonisten in dem Theater wieder, in dem die Diva die Hauptrolle in “Die Perlen der Cleopatra” übernimmt. Als Bühnenpartner wirkt hier Hans Albers mit – einer der wenigen Fakten der seichten Story, die der Realität entsprechen.
Lyons nostalgisches Stück konzentriert sich auf das Verhältnis der Massary zum anderen Geschlecht und genügt dabei ganz dem auf Unterhaltung des Publikums bedachten Anspruch seiner Titelheldin. In der realistischen Regie des Autors gelingt das ganz vortrefflich, auch wenn der Handlung nach der Pause allmählich die Puste ausgeht, die ägyptisierende Operettenaufführung etwas albern gerät und bei allen Turbulenzen ein richtiges Ende auf der Strecke bleibt. Für biografische Tatsachen wie Massarys durch die Nazis erzwungenes Karriereende ist in diesem heiteren Treiben kein Raum.
Den gewährt Lyons vor allem den musikalischen Ausgrabungen, die wie das köstliche Automobil-Terzett oder das Lied vom Schlafcoupé die Einstellung der Menschen zur technischen Entwicklung zur Entstehungszeit der Songs dokumentieren. Andere Lieder sind textlich zweideutig-gewagt (“Anton, steck den Degen ein”) oder sind für die Massary vorgenommene, zeitgenössische Umtextungen klassischer Operettenarien (“Mein Freund aus Singapur” für das Grisettenlied aus der “Lustigen Witwe”). Die Weiterentwicklung dieses Musiktheater-Genres in Richtung Musical wird auch durch die Ablösung des Walzers durch Rhythmen aus damals aktuellen Modetänzen wie dem Quickstep oder Tango deutlich.
Ferdinand von Seebach ist ein zuverlässiger musikalischer Begleiter, der Liebeslieder wie Gassenhauer mit sichtbarer Freude spielt. Norman Zechowski hat von Seebachs rechts auf der Bühne stehenden E-Flügel geschickt in sein Bühnenbild integriert, das nur noch aus einer zentral aufgestellten, drehbaren Säule mit eingehängten Wandelementen besteht. Diese platzsparende wie frappierend einfache Lösung ermöglicht schnelle Szenenwechsel. Im Zusammenspiel mit Gaby Sogls Kostümbild, das ganz dem Zeitkolorit und dem Theater-Milieu huldigt, hinterlässt die Produktion auch optisch einen guten Eindruck.
Wie früher die Massary-Operetten wirkt auch diese Biografie-Revue ganz auf ihre Hauptdarstellerin zugeschnitten. Agnes Hilpert kostet dabei alle Facetten der Titelrolle aus: Sie ist eine elegant-distanzierte Grande Dame, die auf der Bühne kokett-verschmitzt schlüpfrige Liedchen trällert, im Privatleben jedoch einsam und resigniert wirkt. Mit ihrem klassisch geschulten Sopran gleitet Hilpert mühelos durch ihre vielen Gesangsaufgaben, wobei ihre Stimme in Duetten oder Ensemble-Nummern nie aufdringlich oder schrill wirkt. Als freches Früchtchen mit Karriere-Ambitionen ist Nini Stadlmann als Hannah Kiesewetter ihr im Gesang ebenbürtig, wobei Stadlmann rollenbedingt mehr Gelegenheit hat, ihr komisches Talent auszuspielen und tänzerische Beweglichkeit auf minimalem Raum zu beweisen.
Bei so viel weiblicher Dominanz wirken die Herren darstellerisch etwas blasser: Boris Freytag (Max Pallenberg) gibt mit kräftigem Bariton den eitlen Weiberhelden, der viel zu spät erkennt, dass er eigentlich ein Spielball der Damenwelt ist. Franz Frickel ist als Kritiker Oscar Philadelphius berufsbedingt ein heimlicher Verehrer der Massary, der sich halbnackt in der Rolle der “dritten Palme von links” auf die Operettenbühne stellt, nur um seinem Idol nahe sein zu können. Frickel lässt zudem mit seinem frischen Tenor aufhorchen. Als nahezu perfekte Hans-Albers-Kopie mit leicht kippender Nuschelstimme hat Charles Leming viele Lacher auf seiner Seite.
Mit “Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben” wird es für das Kleine Theater schwer sein, ein jüngeres Publikum anzusprechen. Aber wer weiß: Vielleicht schreibt in achtzig Jahren jemand eine musikalische Revue über eines der aktuellen Idole?
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KREATIVTEAM |
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Regie/Buch | James Edward Lyons |
Musikalische Leitung | Ferdinand von Seebach |
Bühne | Norman Zechowski |
Kostüme | Gaby Sogl |
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CAST (AKTUELL) |
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Fritzi Massary | Agnes Hilpert |
Hannah Kisewetter | Nini Stadlmann |
Max Pallenberg | Boris Freytag |
Oscar Philadelphius | Franz Frickel |
Hans Albers | Charles Lemming |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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TERMINE (HISTORY) |
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