Als bunter Bilderbogen inszenierter Klassiker mit schönen Bildern, einer überzeugenden Anna Montanaro und einer fragwürdigen Schlussszene.
Mit Evita kann man nicht viel falsch machen. Das belegt die üppige Zahl der Stadttheater-Inszenierungen des Lloyd-Webber-Klassikers in den letzten Jahren. Auch bei den Freilichtspielen Tecklenburg steht das Politdrama in dieser Spielzeit nach zehn Jahren erneut auf dem Spielplan. Dazu setzt man auf bewährte Zutaten: Eine namhafte Besetzung der Hauptrollen, ein kleines Ensemble von Musicalsängern und -tänzern ergänzt durch Massen von Statisten und einen Regisseur (Holger Hauer), der schon auf der großen Open-Air-Bühne inszeniert und gespielt hat.
Ihm gelingt zunächst auch eine flotter und gefälliger Bilderbogen, für den er die Möglichkeiten der Tecklenburger Burgruine gekonnt nutzt.
Da flitzen Fahrradfahrer kreuz und quer über die Bühne, da erscheint in der “Wach auf, Argentinien”-Szene ein großer Partei-Schriftzug auf den Zinnen des Tores und es marschieren Militärs durch die verschiedenen Tore auf und ab. Zu gucken gibt es immer etwas in Hauers Inszenierung. Doch vor allem beweist er ein Händchen für die Massenszenen. Politische Kundgebungen und auch Evitas Regenbogentour hat man wohl selten in diesen Dimensionen und stimmigen Bildern gesehen. Das knapp hundertköpfige Ensemble hinter einer knallroten Absperrung mit den Flaggen der jeweils besuchten Länder winkend – das sieht schon beinahe nach echtem Staatsbesuch aus.
Auch sonst fällt Hauer einiges ein: So setzt er die Generäle angelnd an den vorderen Bühnenrand, über den einer nach dem anderen effektvoll in den davor liegenden Graben geschubst wird. Auch die klassische Balkonszene vor der Casa Rosada legt er anders als üblich an. Zwar gibt es den üblichen Volksauflauf und auch Peron erscheint auf dem Balkon, doch sitzt Evita im ersten Teil des Songs an der Bühnenkante und schreibt an ihrer Rede, ein schönes Bild für die sorgfältige Planung ihrer Machtmechanismen. Erst zum letzten Refrain eilt sie auf den Balkon und erscheint nach einem schnellen Kostümwechsel strahlend in der klassischen Pose.
Der größte Pluspunkt der Inszenierung aber ist Anna Montanaro. Ihr gelingt der Wandel von der jungen Frau mit großen Träumen zur eiskalten Machtmaschine vortrefflich. Insbesondere im zweiten Akt, als Evita den Höhepunkt ihrer Macht erreicht, kann sie mit ihrer Ausstrahlung die Faszination, die dieser Frau innewohnt, mehr als glaubhaft transportieren. Gesanglich kann Montanaro vor allem in den Mittellagen für sich einnehmen, da strahlt ihre Stimme und sie zeigt ihre Extraklasse. Yngve Gasoy Romdal als Che hat es da schwer. Er gibt einen mal lässigen, mal übertrieben kasperigen Che, nur der für die Rolle notwendige Zynismus mag sich nicht so recht einstellen. Dazu ist er besonders in den schnellen Passagen nur schwer zu verstehen. Marc Clear ist als Peron mehr als der sonst oft übliche singende Kleiderständer. Er leidet mit der sterbenskranken Evita, holt sie für die öffentliche Inszenierung ihrer Krankheit aber auch nach vorn an die Bühnenrampe. Adrian Becker als Magaldi verschont das Publikum mit schlecht imitierten spanischen Akzenten und spielt und singt mit sichtbarer Freude den zweitklassigen Tangosänger.
So hätte sich der Abend zu einer unterhaltsamen, wenn auch nicht besonders tief gehenden Show runden können, wären da nicht die letzten fünf Minuten gewesen:
Nachdem Evita von Che in einem Rollstuhl an der Bühnenrampe abgestellt worden ist, entwickelt sich auf der Bühne ein “Evita-Megamix” (so wohl von Webber intendiert), in dem wohl die Stationen ihres Lebens an der Sterbenden vorbei ziehen sollen. Da darf Magaldi noch einmal eine Strophe seines Songs singen, da tritt Peron in strahlend weißer Uniform noch einmal auf den Balkon, da tritt schließlich der Chor in Beerdingungsschwarz mit Grablichtern auf, singt aber befremdlicherweise noch einmal “Wach auf, Argentinien”. Zwischendurch darf sich auch Evita immer einmal wieder aufrichten und einige Zeilen einwerfen. Schließlich sinkt sie vornüber aus dem Rollstuhl, dreht sich auf den Rücken und verscheidet, während der Chor die Grablichter ausbläst. Und so spricht Che die obligatorischen Schlussworte, an deren Ende die frisch Verstorbene bei voller Bühnenbeleuchtung aufsteht und mit unbewegter Miene nach hinten abgeht. Dramaturgisch fragwürdig.
Sa, 20.06.2009 20:00 | Freilichtspiele, Tecklenburg | Premiere |
Fr, 26.06.2009 20:00 | Freilichtspiele, Tecklenburg | |
Sa, 27.06.2009 20:00 | Freilichtspiele, Tecklenburg | |
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Fr, 03.07.2009 20:00 | Freilichtspiele, Tecklenburg | |
Sa, 04.07.2009 20:00 | Freilichtspiele, Tecklenburg | |
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Fr, 10.07.2009 20:00 | Freilichtspiele, Tecklenburg | |
Sa, 11.07.2009 20:00 | Freilichtspiele, Tecklenburg | |
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So, 26.07.2009 19:00 | Freilichtspiele, Tecklenburg | |
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