Anatevka (2008)
Theater, Konstanz

Das Stadttheater Konstanz zeigt den vielgespielten Musical-Klassiker von Stein/Bock/Harnick auf der Freilichtbühne.

Anatevka ist die Geschichte einer kleinen, lebendigen jüdischen Gemeinde mit ihrem Humor und ihrer pulsierenden, melancholischen Musik. Anatevka ist auch die Geschichte Tevjes und seiner fünf Töchter, der ganz im Sinne der Tradition des »Schtetl« für die drei Heiratsfähigen den passenden Ehemann aussuchen will.
Anatevka ist vor allem aber die Geschichte dieser drei Töchter, die ihrem Herzen folgen und ohne Einwilligung oder Wissen des Vaters ihre Eheversprechen ablegen: Zeitel verliebt sich in einen armen Schneider anstelle des reichen Fleischers. Hodel folgt ihrer Liebe nach Sibirien ins politische Exil, während Chava konvertiert und christlich heiratet. Die Entscheidungen der Töchter führen zusehends zu einem unüberwindlichen Graben zwischen ihnen und Tevje. Auch Chavas kluge Auseinandersetzungen mit ihm über Gott und die Frage, warum Gott den Menschen einen Verstand gegeben habe, wenn nicht zum Denken, können diesen Graben nicht überbrücken. Tevje verstößt die Tochter endgültig.
Anatevka schildert beispielhaft die Ereignisse am Vorabend der russischen Revolution. Das Auseinanderbrechen einer Gesellschaft wird in allen Zusammenhängen manifest. Was in Anatevka zu Beginn als eine einigermaßen friedliche Koexistenz von Juden und Nichtjuden etabliert wird, mündet in die brutale Wirklichkeit der russischen Pogrome. Am Ende wird die jüdische Gemeinde aus Anatevka vertrieben, Tevjes Familie in alle Winde zerstreut. Vom »Schtetl« bleibt nur die Erinnerung.