Gute, schlichte Inszenierung mit starken Protagonisten. Besonderen Charme erhält die Produktion durch das engagierte Amateurensemble, bestehend aus Sängern und Tänzern der Region.
Brady Swenson und Matthias Pagani sind alte Hasen, was “Jesus Christ Superstar”-Produktionen angeht. Swenson, blond und von schlanker Statur, wurde in der Vergangenheit mehrfach als Jesus besetzt, während der stattliche, dunkelhaarige Pagani quasi auf die Rolle des Judas abonniert ist. Äußerlichkeiten sind jedoch von untergeordneter Bedeutung; warum also nicht mal einen Versuch wagen und die beiden in die jeweils andere Rolle stecken? So dachte wohl Regisseur Egon Baumgarten, und auch wenn man nicht erfahren wird, wie gut beide in Baumgartens Inszenierung ihre “angestammte” Rolle gespielt hätten, die Idee macht sich bezahlt: Pagani und Swenson nahmen die Herausforderung an, beide zeigen starke Porträts der Protagonisten, an denen nur wenig auszusetzen ist.
Pagani bewältigt die schwere Partitur mühelos. Seine stimmliche Ausdruckskraft und Wandlungsfähigkeit machen “Gethsemane” zum Höhepunkt des Stücks; schade, dass es zu diesem Zeitpunkt im Innenhof der Bad Vilbeler Burg noch nicht dunkel ist. Paganis Jesus wirkt mal apathisch, fast unbeeindruckt von den dramatischen Geschehnissen um ihn herum, mal hadert er verbittert mit seinem Schicksal, mal liefert er sich wutentbrannt Wortgefechte mit Judas. Jede dieser Deutungen für sich ist schlüssig, zusammengenommen ergeben sie aber ein etwas zu widersprüchliches Bild von Jesus – da hätten Baumgarten und Pagani eine stringentere Charakterisierung erarbeiten können. Swensons Spiel wühlt auf, ihm gelingt eine eindrucksvolle Darstellung der Wut und der Verzweiflung, die Judas zum Verrat an Jesus treibt. Die abgrundtiefe Verachtung, mit der Judas Maria Magdalena begegnet, die in seinen Augen nichts als eine Hure ist, geht unter die Haut. Dass Swensons Gesang häufig mehr ein Schreien und Brüllen ist, passt zwar zur Rolle, weniger wäre hier aber mehr gewesen. Nadine Hammer gibt ihrer Maria Magdalena eine elegante, dezent verruchte Note, mit großer Bühnenpräsenz holt sie das Maximale aus der Rolle heraus. “Alles wird gut” und “Wie kann ich ihn nur lieben” singt sie sehr ordentlich, doch “Lass uns neu beginnen” gelingt Hammer am besten.
Alle Nebendarsteller hinterlassen einen starken Eindruck, wobei vor allem Michael Kargus als grotesk-tuntiger Annas und Steffen Laube (Pilatus) mit ausdrucksstarkem Spiel gefallen. Sehr bedauerlich außerdem, dass das Publium von Andreas Wolfram als knapp bekleidetem Herodes und seinen sexy Soulgirls nicht mehr zu sehen bekommt. Baumgarten hat alle nicht-solistisch agierenden Rollen mit Laiendarstellern aus der Region besetzt, was der Produktion eine Art “provinziellen Charme” verleiht. Die Jünger (nach historischem Vorbild Männer aller Altersgruppen) spielen mit großem Einsatz, tanzen die Choreographien von Angela Hercules-Joseph sicher und fügen sich nahtlos in das Geschehen ein. Dem Chor, der das Volk verkörpert, merkt man die Unerfahrenheit und Unsicherheit jedoch deutlich an.
Die von Thomas Pekny konzipierte Bühne ist schlicht, aber funktionell: Ein zum Zuschauerraum hin offenes, halbes Amphitheater schafft Raum für jede beliebige Szene, wird als Sitz- und Schlafgelegenheit ebenso genutzt wie für die Positionierung der Chormitglieder. Die hellen Holztöne des Bühnenbilds finden sich in Peknys Kostümen wieder, die teilweise gewollt modern sind (Jesus trägt im ersten Akt einen modernen beigen Mantel, die Jünger haben Turnschuhe an den Füßen) und in ihrer Unauffälligkeit besser zum Stück passen als die in anderen Inszenierungen zum Einsatz kommenden Hippie-Klamotten. Maria Magdalenas rotes Kleid ist dabei der einzige Farbtupfer.
Die achtköpfige Band unter der Leitung von Thomas Lorey beginnt etwas schleppend und findet auch im Verlauf der besuchten Aufführung nicht immer das richtige Tempo. Das schadet dem positivem Gesamteindruck, den die Inszenierung hinterlässt, aber kaum: Die hervorragenden Hauptdarsteller tragen das Stück, und die mitreißende Musik von Andrew Lloyd Webber tut ihr übriges, um das Bad Vilbeler Publikum zu begeistern.
Mi, 13.06.2007 20:15 | Burgfestspiele, Bad Vilbel | Premiere |
Do, 14.06.2007 20:15 | Burgfestspiele, Bad Vilbel | |
Fr, 15.06.2007 20:15 | Burgfestspiele, Bad Vilbel | |
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Mo, 25.06.2007 20:15 | Burgfestspiele, Bad Vilbel | |
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