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Exzellente Hauptdarsteller und ein stimmungsvolles Ambiente trösten über eine schwache Inszenierung hinweg, die die politische Aussage des Stücks aus den Augen verliert.
Im gutbürgerlichen Wohnviertel preist an einem unscheinbaren Gebäude eine grelle Leuchtreklame links und rechts der Tür “Girls, Girls, Girls” und “Boys, Boys, Boys” an. Ein im schummerigen Eingangsbereich stehendes Wesen, halb Mann halb Frau, führt die staunenden Besucher in das zwielichtige Etablissement. Hier werden die Fenster mit roten Vorhängen verdunkelt, von der Decke baumelt eine Spiegelkugel und an zwei Spieltischen wird um das große Geld gezockt. Leicht bekleidete Damen und Herren flirten mit den Gästen und prosten ihnen zu, während auf einem Podium ein Pianist Chansonetten begleitet, die Gassenhauer und Operettenliedchen zum Besten geben. Willkommen im Kit-Kat-Klub! Das Staatstheater Cottbus hat Foyer und Saal seiner während der Sanierung des Haupthauses bezogenen Ausweichspielstätte mit viel Liebe zum Detail in einen schwülstigen Amüsierbetrieb der Zwanziger Jahre verwandelt. Ausstatterin Gundula Martin platziert das Publikum an Vierertischchen mit Telefonapparaten, über die zur Freude aller Kontakt zu anderen Besuchern aufgenommen werden kann. Ein mit Lichtern besetzter, halbrunder Steg führt von den Zuschauern direkt zur Bühne. Im kreisrunden Orchesterbereich dazwischen nimmt unter tosendem Applaus und Pfiffen “Franka und sein Trans-Orchester” Platz: Die sechs Musiker des Philharmonischen Orchesters (Leitung: Frank Bernard), mit viel Schminke und Perücken (Masken und Haartrachten: Axel Lucke) sowie schmucken Charleston-Kleidern zu “flotten Fegern” gestylt, untermalen den Abend gekonnt mit Charme und Witz.
Kann unter diesen nahezu idealen Bedingungen eine “Cabaret”-Inszenierung misslingen? Martin Schüler beweist es. Seiner Regie-Arbeit fehlen Tempo und Biss, eine politische Aussage scheint dieses hier sehr harmlos erscheinende Musical gar nicht zu haben. Denn wer nicht ganz genau hinsieht und -hört, dem fällt gar nicht auf, welcher Umschwung im Berlin des Jahres 1930 im Gange ist. In den manchmal endlos erscheinenden Dialogen wird zwar ab und zu irgendeine Partei erwähnt und immerhin ganze zwei Mal schamhaft ein Hakenkreuz auf der Bühne gezeigt, aber eine ernsthafte Bedrohung scheint von der dazugehörigen Organisation nicht auszugehen. Da passt es ins Bild, dass der Anschlag auf das Geschäft des jüdischen Obsthändlers mit dem Wurf eines Ziegelsteins durch eine Gardine fast lächerlich wirkt. Regisseur Schüler gibt “Cabaret” zwar auch neue Sichtweisen (Sally schnupft in einer Szene Kokain, Cliff geht Max an die Wäsche und im Finale wird der Conférencier von einem Mann aus dem Publikum heraus erschossen), letztendlich erläutert er diese nicht oder führt sie konsequent weiter. So dümpelt die Aufführung vor sich hin und setzt ganz wie im Gorilla-Song, in dessen Verlauf der putzige Affe als Gag der “Pianistin” die Perücke vom Kopf reißen darf, auf Unterhaltung und Schenkelklopfen. Götz Hellriegel unterstützt diesen Ansatz mit lasziven Choreografien für die Kit-Kat-Girls.
Als Sally Bowles steht Sigrun Fischer im Zentrum der Aufführung. Egal ob in sexy Outfits oder in großen Roben (Kostüme: Gundula Martin) – die Darstellerin brilliert als Femme Fatale in Spiel, Gesang und Tanz. Da verwundert es kaum, dass Cliff Bradshaw sich sofort in dieses “einmalig himmlische Girl” verknallt. Paul Grill singt diesen Song mit angenehmem Bariton und legt den jungen amerikanischen Schriftsteller ganz als Charmebolzen an. Erstaunlich ist allerdings, dass er in der Pause wie durch ein Wunder den mühsam antrainiert wirkenden amerikanischen Akzent verliert und plötzlich perfekt sprechen kann. Heiko Walter als Conférencier, hier eine Mischung aus Weißclown und hinterlistigem Strippenzieher, merkt man nicht an, dass er eigentlich im Opernfach zu Hause ist. Er begeistert mit der für diese Rolle typischen Quäk-Stimme, satirischem Spiel und zackigem Tanz, wie beim nur mit Seppl-Hose bekleideten Song “Two Ladies”. Ein Kabinettstückchen gelingt Gabriele Lohmar. Ihr Fräulein Schneider ist eine Figur der leisen Töne und kleinen Gesten. Ihr galliges “Wie geht’s weiter?” setzt einen schönen Kontrapunkt zu dem grellen Unterhaltungs-Einerlei der Aufführung.
Buch von Joe Masteroff (nach dem Stück “Ich bin eine Kamera”)
von John van Druten und Erzählungen von Christopher Isherwood)
Musik von John Kander, Gesangstexte von Fred Ebb
Deutsch von Robert Gilbert
in der reduzierten Orchesterfassung von Chris Walker
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Martin Schüler |
Ausstattung | Gundula Martin |
Choreografie | Götz Hellriegel |
Musikalische Leitung | Frank Bernard |
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CAST (AKTUELL) |
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Conferencier | Heiko Walter | |||
Sally Bowles | Sigrun Fischer | |||
Cliff Bradshaw | Jan Hasenfuß | |||
Fräulein Schneider | Gabriele Lohmar | |||
Herr Schultz | Hans-Peter Jantzen | |||
Fräulein Kost | Susann Thiede | |||
Ernst Ludwig | Peter Princz | |||
Bobby/Matrose/Zollbeamter | Rolf-Jürgen Gebert | |||
Max/Matrose/Gestapo-Mann | Michael Becker | |||
Kit-Kat-Klub-Girls | ||||
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Mausi | Weinina Weilijiang | |||
Lulu | Sissy Staudinger | |||
Frenchie | Sandrine Berset | |||
Victoria | Dirk Neumann | |||
Helga | Sofia Kapouranie | |||
Two Ladies | Camilla Kallfaß/Cornelia Zink Jeanette Claßen/Anne Schierack | |||
Gorilla | Aslanbek Kotsoev | |||
Matrosen | Ingo Kaufmann Reiner Müller Siegmund Semisch | |||
Ein Nationalsozialist | Siegfried Hub |
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