Als “Musical für die ganze Familie” angekündigt – und das ist es auch. Wer sich darauf einstellt und mit der richtigen Laune kommt, der kann einen vergnüglichen, schönen und teilweise sogar anrührenden Theaterabend erleben.
Rezension der Produktion im ICM München: Natürlich ist “Vom Geister der Weihnacht” kitschig. Natürlich richtet sich die Musicalversion von Charles Dickens Weihnachtsgeschichte vor allem an Kinder. Natürlich wird viel von “Liebe zeigen”, “lasst uns Freunde sein” und “Friede für alle Welt” gesungen. Natürlich gibt es in der Musik von Dirk Michael Steffan viele Anklänge an Weihnachts- und Kinderlieder. Und wer weiß, dass er das alles nicht ertragen kann, der sollte natürlich lieber zu Hause bleiben.
Denn er wird die vielen liebevollen Details in Text (Michael Tasche), Ausstattung (Manfred Gruber) und Inszenierung (Bernd Seidel) wohl kaum sehen. Er wird nicht merken, dass es ein paar richtig nette Songs gibt. Er wird den im Foyer aufgebauten Weihnachtsmarkt kommerziell und nicht als passende Einstimmung empfinden. Und er wird wohl auch die Liebesgeschichte zwischen Scrooge und Belle nicht weihnachtlich-traurig-schön finden, sondern eher als kitschig abtun. Und das wäre schade drum.
Der notorische Geizhals Scrooge (wunderbar Edward-Hyde-haft: Jan Gebauer) hasst alle Menschen und hält Weihnachten für “Rattendreck”. Sein Partner und einziger Freund ist vor 20 Jahren gestorben. Doch Marley (mit treuem Blick: Peter Trautwein) liegt als Untoter in Ketten. Er darf erst ins Paradies, wenn er eine Aufgabe erfüllt hat: Aus Scrooge einen besseren Menschen zu machen. Gemeinsam mit einem mysteriösen Weihnachtsengel (süßlich: Judith Hildebrandt) zerrt er Scrooge durch dessen Vergangenwart, Gegenwart und Zukunft. Doch der Patient macht nur sehr langsam Fortschritte…
Das Bühnenbild besteht nur aus ein paar zweidimensionalen schrägen Häusern und ein wenig Mobiliar. Doch die Häuser werden geschickt bespielt und verschoben, so dass man eine oppulentere Ausstattung kaum vermisst. Für die ausladenden Choreographien und die übertriebenen Kostüm (etwa ein gülden-glitzernder Engelchor mit Turnschuhen) gilt das Gleiche wie für die ganze Show: Man kann das albern und blöd finden – oder witzig und schön. Ein Weihnachtsmärchen halt.
P.S.: Noch drei Tipps für einen Besuch im ICM.
1. Parken ist ziemlich teuer (sieben Euro). Wer vorher sowieso noch etwas essen möchte, kann den Wagen gleich in Riem abstellen, die dortige Gastronomie nutzen und sich zu Fuß oder mit dem Bus zum Theater aufmachen.
2. Gute Sicht ab Reihe 17 – hier beginnen die ansteigenden Sitzreihen.
3. Damit auch die Kleinen etwas sehen, kann man sich Sitzschalen ausleihen. Bei der besuchten (Nachmittags-)Vorstellung (Anteil an [während der Vorstellung überraschend ruhigen] Kindern: über 50 Prozent) war der Verleih aber gut versteckt. So ergab sich ein sehr lustiges Bild, als fünf Minuten vor Beginn die erste Sitzschale in den Saal getragen wurde. Überall sprangen Väter und Mütter auf und eilten mit panischen Gesichtern hinaus. Wenige Minuten später strömten sie gemeinschaftlich mit ihrer Beute und zufriedenem Blick zurück.
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