Bei “Rent” in Dortmund liefert sie als Mimi regelmäßig den Showstopper des Abends, in der Krimi-TV-Serie “Wilsberg” ist sie inzwischen nicht mehr aus dem Team wegzudenken und Ende November kommt der Disney-Animationsfilm “Wish” in die Kinos, in dem Patricia Meeden die Hauptrolle in der deutschen Synchron-Fassung singt und spricht. Viel zu tun für die sympathische Allrounderin mit der großen Stimme! Trotzdem hat sie sich Zeit für ein Gespräch mit der Musicalzentrale genommen und uns erzählt, was die Arbeit an “Wish” so besonders gemacht hat und warum es für sie enorm wichtig ist, nicht allein auf die Bühnenkarriere als einziges Standbein zu setzen. Außerdem hat sie uns verraten, wo wir sie als nächstes auf der Bühne sehen können.
“Wish” hat ja, wie die meisten Disney-Animationsfilme, auch viele Songs und ist daher auch für Musicalfans spannend. Kannst Du uns kurz ein bisschen über Deine Arbeit bei der Synchronisation erzählen?
Das war eine ganz wundervolle, erfüllende Arbeit! Wenn man sonst immer vorne steht – vor der Kamera oder auf der Bühne – dann ist es wundervoll, sich einfach mal zurückzunehmen und nur seine Stimme arbeiten zu lassen. Es ist ganz faszinierend, weil man so viele Emotionen rüberbringen kann. Das war mir gar nicht bewusst, was die Stimme allein alles bewirken kann. Und man ist so schön uneitel bei dieser Arbeit! Man kann ja alle möglichen Bewegungen machen, Fratzen ziehen. Das braucht man auch, weil manche Szenen etwas drüber sind und bei manchen muss man viel mehr geben – und dann macht man viel mit seinem Gesicht und mit seinem Körper. Wenn der Charakter zum Beispiel irgendwas zieht und sich anstrengt, dann muss man die Bewegung auch mitmachen, damit es wirklich echt klingt. Ich finde diese Arbeit wirklich faszinierend!
Und ich freue mich so sehr, dass ich endlich mal eine Synchron-Rolle sowohl gesprochen als auch gesungen habe. Dieses Zusammenspiel, das war unbeschreiblich schön!
Du hast ja bereits z.B. bei “Cats” oder “Dear Evan Hansen” Synchronerfahrungen gemacht. Ist das für Dich als Synchronsprecher eine andere Herangehensweise, ob es sich um einen Live-Action-Film oder um Animation handelt?
Auf jeden Fall. Sowohl “Cats” und auch [in “Dear Evan Hansen”] die Julianne Moore zu singen war etwas ganz anderes. Ich hab auch schon bei “Amsterdam” Zoe Saldaña gesprochen und das war eine reine Sprechrolle. Disney Ein Animationsfilm ist so ganz anders – nicht nur weil es sowohl Sprache als auch Gesang war! Für mich hat es so viel mehr Spaß gemacht, einfach weil viel mehr möglich ist als bei Live-Action. Vor allem wenn es um Comedy geht und davon hat “Wish” einiges zu bieten.
Ich habe aber eigentlich sehr viel Mimik, wenn ich spreche – und ich fand, dass Asha, die Disney Prinzessin, die ich bei “Wish” synchronisiere, komplett “ich” ist. Sie hat diese großen Augen und diesen großen Mund und sie ist verschmitzt und sehr verspielt. Bei “Dear Evan Hansen” und bei “Cats” war ich deutlich verhaltener im Spiel. Da “Wish” natürlich auch eine Komödie ist, durfte ich alles rauslassen, was ich so in mir habe. Das geht bei einem Animationsfilm deutlich leichter.
Und man muss sich wahrscheinlich auch weniger dem Original-Schauspieler anpassen, oder?
Oh, doch! Ich musste mich extrem der Schauspielerin anpassen. Sie hat ja auch super vorgelegt. Ich habe nur ab und zu Dinge ändern müssen, die im Deutschen anders sind. Da geht manchmal im Englischen der Satz tonal runter und ich muss im Deutschen hochgehen, damit es Sinn macht. Oder manchmal ist die Figur etwas deutlicher gezeichnet oder größer im Bild und dann war es manchmal im Englischen sehr chillig aufgesagt und ich musste es in der Übersetzung emotionaler machen. Das hat einfach mit der deutschen Sprache zu tun, wir brauchen halt mehr Wörter und haben mehr Dynamik. Und dadurch ist es ein bisschen anders geworden. Aber mir wurde auch gesagt: “Du klingst genauso wie Ariana DeBose. Das ist so interessant, wie ähnlich ihr euch seid.”
Ein tolles Kompliment!
Ja, oder? Ich lieb sie! Und dadurch war das für mich total schön und natürlich. Sie hat das wirklich großartig gemacht und da musste ich gar nicht viel anders machen. Wir fühlen einfach viele Dinge gleich, ohne dass wir uns kennen! [lacht]
Du schaffst es, gleichzeitig sehr viel auf der Bühne zu stehen, aber auch auf dem Bildschirm sehr präsent zu sein und regelmäßig in TV-Serien wie “Wilsberg” zu spielen. Wie gelingt Dir dieser Spagat?
Ganz ehrlich, ich bin wirklich sehr dankbar, dass ich das machen darf – dass ich so viele verschiedene Standbeine habe. Mein Motto ist immer so ein bisschen ‘mit dem Kopf durch die Wand’. Ich bin ja gelernte Balletttänzerin. Das ist daran gescheitert, weil ich so gerne esse. [lacht] Und dann wurde ich irgendwie durch Zufall in diese Musicalrichtung gezogen. Und ich denke, alles sollte so sein, wie es bei mir gekommen ist. Ich hatte wahnsinnig viel Glück und habe wahnsinnig hart gearbeitet. Ich wurde dann von einer Fernsehagentin auf der Bühne entdeckt; die mich nach einer Vorstellung gefragt hat, “Hast du Lust zu drehen?” Ich hab gesagt, “Ja, mache ich gerne!” Durch das Musical wurde dann mein Synchronregisseur auf mich aufmerksam und so sind die Dinge einfach gekommen, wie sie sollten.
Ich finde es super wichtig, dass man so viele verschiedene Standbeine hat. Wir haben gesehen, was während Corona passiert ist. Plötzlich lag alles irgendwie flach und jeder, der auf der Bühne stand, wusste nicht, was er mit sich anfangen soll. Und ich hatte das Glück, dass mir die feste Rolle bei “Wilsberg” angeboten wurde. Da wurde mir wieder gezeigt, wie schön es ist, wenn man alles machen darf.
In so viele verschiedene Branchen – auch Schauspiel und vor allem Film und Serie – gleichzeitig aktiv zu sein, gelingt ja eigentlich nur sehr wenigen Deiner Kollegen…
Mir wurde früher immer gesagt, “Du musst dich irgendwann für eine Sache entscheiden.” Ich sehe das aber gar nicht ein. Die Amerikaner machen das doch auch nicht. Da macht doch jeder alles! Ich verstehe nicht, warum wir in Deutschland dieses Schubladendenken haben. Wir haben ganz tolle Menschen wie Florence Kasumba, die daraus ausgebrochen sind. Und genau das habe ich mir auch vorgenommen. Ich sage allen meinen Musical-Kolleg:innen und ganz vielen Schüler:innen, die mich fragen, “Wie hast du das gemacht?”: Leute, bildet euch einfach weiter! Macht alles! Schnuppert überall rein, wenn ihr könnt. Wenn ihr irgendwen toll findet, dann fragt ihn, wie er dahin gekommen ist. Man darf sich nicht einschränken.
Und vor allen Dingen: Jede Karriere hat ja so ein bisschen ein Ablaufdatum. Ballett kannst du nur bis zu einem bestimmten Alter machen, Musical kannst du nur bis zu einem bestimmten Alter machen. Ich dachte irgendwann, “Wie kann ich diesen Job noch bis zur Rente machen? Schauspiel ist langlebiger!“ Das kann man bis ins hohe Alter noch machen, wenn man das Glück hat, gesund zu bleiben.
Ich sag immer: Einfach alles probieren. Und wenn man Glück hat und hart arbeitet und mit guten Menschen zusammenarbeiten darf, dann klappt das. Und deswegen kann ich nur jedem ans Herz legen, das zu versuchen. Ich finde es so schade, dass man in Deutschland immer sagt, die Musical- Darsteller:innen können alles, aber nichts richtig. Das ist so ein unangenehmes Vorurteil, oder? Das hab ich so oft gehört, und das regt mich tierisch auf, denn wir können vieles und das auch noch verdammt gut. Natürlich nicht alle – es können ja auch nicht alle Schauspieler alles. Aber trotzdem haben wir als Musicaldarsteller:innen einfach eine super gute Basis, um all diese Jobs auszuführen.
Ja, klar, ihr habt Schauspiel, Gesang und Tanz ja alles in Eurer Ausbildung gehabt und darauf könnt ihr dann aufbauen.
Ganz genau! Das ist ja das Schöne an diesem Job. Immer ‘learning by doing’.
Aber bleibt bei so vielen Live-Terminen und Drehtagen denn irgendwann noch Zeit für Hobbies?
[lacht] Also seit August nicht mehr! Aber ich hab sehr entspannte Hobbys. Ich puzzle sehr gerne, das geht immer mal zwischendurch. Zu Weihnachten setze ich mich dann an ein Riesenpuzzle und dann geht’s los!
Aber nein, da geht schon einiges. Durch das Drehen – da ich eben nicht mehr acht Shows die Woche auf der Bühne bin – habe ich zum Glück immer wieder mal eine Woche frei oder zumindest ein paar Tage. Und die nehme ich mir dann auch ganz bewusst. Da geh ich dann meine Familie besuchen oder fahr mal eben kurz nach London und schau mal wieder ein paar Shows an, oder ich gehe in die Berge. Man muss einfach lernen, seine Zeit besser einzuteilen.
Also obwohl Du mehr machst, bleibt letztendlich mehr Zeit für Dich?
Ja, ich habe tatsächlich jetzt mehr Zeit als früher! Dieser 8-Show-Wahnsinn – da hab ich gefühlt kein Privatleben gehabt. Das habe ich ja wirklich über 10 Jahre durchgehalten, und da habe ich mir maximal 10 Tage Urlaub gegönnt. Das kann ich mir jetzt rückblickend gar nicht mehr vorstellen, wie ich das geschafft habe. Früher war das eben so. Aber jetzt habe ich an Lebensqualität dazu gewonnen und ich kann da auch nicht mehr zurück. Ich will das genauso weitermachen!
Natürlich ist es anstrengend, immer mal wieder was anderes zu machen. Aber zwischendurch sitze ich im Zug von A nach B zwischen den Jobs und denke mir – ohne zu übertreiben – “Gott, ich bin so dankbar, dass ich diesen Job habe! Dass ich das alles machen darf, was ich mir wünsche, was ich mir vorgestellt habe und dass es irgendwie zeitlich auch noch zu machen ist”. Ich habe natürlich auch viele Menschen, die mir helfen – zum Beispiel meine Agentin die sich wirklich einsetzt und irgendwie immer versucht, die Dinge alle unter einen Hut zu bringen. Aber es geht! Es geht! Es ist irre, aber es geht.
Ich finde es bewundernswert, wie du das schaffst.
Ich glaube einfach, wenn man liebt, was man tut, dann hat man endlose Möglichkeiten. So sehe ich das.
Kannst Du unseren Lesern vielleicht schon verraten, wo wir Dich als nächstes auf der Bühne sehen können?
Noch seht ihr mich bei “Rent” am Theater Dortmund. Wir spielen dort bis zum 1. April 2024. Im Frühjahr gehe ich dann erstmals mit “Disney in Concert” auf Tour! Und ansonsten bin ich natürlich weiterhin bei “Wilsberg”.
Wie wäre es dort denn mal mit einer Musical-Episode?
Oh, ich brenne ja dafür, aber da sagen die Produzenten “nö”. Bisher renn ich da gegen eine Wand. Aber ich bin dran!
Liebe Patricia, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für das Interview genommen hast! Wir freuen uns schon auf “Wish” und sind gespannt darauf, Dich 2024 bei der “Disney in Concert”-Tournee zu sehen.
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