Das von Lukas Gerber produzierte Konzertformat “Unchained Musical Melodies” lockt mit hochkarätigen Namen ins Offenbacher Capitol Theater: Thomas Hohler und Dennis Henschel laden mit stimmgewaltiger Unterstützung von Judith Caspari zu einem rundum gelungenen und bewegenden Musical-Konzertabend ein, der hoffentlich sehr bald wiederholt wird!
Die drei Musicalstars interpretieren über den Abend insgesamt 24 Songs – dabei sind Gruppennummern, Duette und Soli, die von Thomas Lorey am Keyboard und Astrid Naegele am Cello hervorragend gespielt werden. Dass bei entsprechender Expertise schon zwei Musiker ausreichen können, um die anspruchsvollen Melodien gefühlvoll und anrührend zu vertonen, verdient höchste Anerkennung.
Hohler, Henschel und Caspari haben sich einige Songs aus internationalen Hitmusicals wie “Wicked“, “Anastasia“, “Ghost“ und “Dear Evan Hansen“ ausgesucht, geben aber erfreulicherweise vor allem den Stücken deutschsprachigen Ursprungs viel Raum, was bei Musical-Galaformaten durchaus eine Seltenheit ist. Mit dabei sind Songs aus Klassikern wie “Elisabeth“, “Ludwig²“ und “Kolpings Traum“ sowie Stücke aus Dauerbrennern wie “Artus“ und “Die Päpstin“, aber auch erfolgreiche Neuheiten wie “Scholl“, “Goethe!“, “Robin Hood“ und “Lady Bess“. Eine ansprechende Mischung, die das Herz vieler Musicalfans höher schlagen lassen dürfte. Zwischen den einzelnen Liedern gibt es erfrischend unterhaltsame, spontan wirkende Moderationspassagen und Anekdoten der drei Musicalstars, die mit den meisten der ausgewählten Stücke beruflich bereits in Berührung gekommen sind. Durch diese ungezwungenen Intermezzi kommt trotz der Größe des Theaters und der hohen Besucheranzahl ein intimes Konzertgefühl zustande, was nicht selbstverständlich ist. Die drei Interpret*innen wirken auf das Publikum nahbar und sympathisch. Mit ihrem gewinnenden Wesen verzeiht man ihnen auch die immer sympathisch überspielten kleinen Pannen und Versprecher allzu gerne, sorgen diese doch für Auflockerung zwischen den hoch emotionalen Gesangsnummern.
Der Produzent Lukas Gerber setzt den Abend hervorragend in Szene – vom stimmigen Licht, der einwandfreien Bühnen- und Tontechnik über die Wahl der KünstlerInnen und musikalischen Untermalung bis zu der Location passt an diesem Abend rundum alles und macht Lust auf mehr.
Dennis Henschel zeigt sich besonders charismatisch und bei hervorragender Stimme, sein Solo “Ein Traum ohne Anfang und Ende“ aus “Die Päpstin“ rührt viele im Saal zu Tränen. Henschel begeistert das Publikum zudem mit zwei seiner selbst geschriebenen Lieder, die er erstmals auf einer Bühne interpretiert: Locker flockig gibt er sich bei “Ich steig aus“, während er sich bei “Seelen ziehen weiter“ emotional offenbart. Stimmgewaltig interpretiert er zudem das Lied “Schatten auf des Königs Palästen“ aus “Ludwig²“, das den vielleicht längsten Applaus des Abends nach sich zieht.
Thomas Hohler gibt einen virtuosen Wolfgang Mozart mit “Ich bin Musik“, einen emotionalen Dimitri mit “Wir können nur gewinnen“ und einen zerrissenen Kronprinz Rudolf mit “Wenn ich dein Spiegel wär“, die Begeisterungsstürme auslösen. Judith Caspari schlüpft kurzzeitig in die ikonische Rolle der Glinda aus Wicked, als sie mit “Heißgeliebt“ ihren Kollegen Hohler in ihren rosa Lieblings-Kimono hüllt und so aufzupeppen versucht. Gesanglich überragend mit schier unerschöpflichem Stimmvolumen interpretiert sie die Rockballade “Der Doppelgänger“ aus dem Musical “Scholl“ und generiert so einen absoluten Höhepunkt des Abends. Ihr unverkennbares Timbre bewegt sich auf Weltklasse-Niveau und lässt große Teile des Publikums beeindruckt zurück. Zu gerne hätten es noch mehr Solo-Songs von Judith Caspari in das Konzert schaffen können.
Vor allem bleiben aber auch die Duette in Erinnerung: Hohler und Caspari schlüpfen in ihre Rollen aus “Anastasia“ und geben ein berührendes “Unter all den Menschen“ zum Besten. Ebenso emotional können Henschel und Caspari mit “Wehrlos“ aus “Die Päpstin“ das Publikum mitreißen. Die meisten Duette interpretieren Thomas Hohler und Dennis Henschel zusammen, wovon vor allem drei energetisch wie stimmlich zu Applaussalven führen: “Die Schatten werden länger“ aus “Elisabeth“ sowie “Es lebe das Leben“ aus “Goethe!“ sind besonders stimmige Momente, wobei “Ich oder Du“ aus “Robin Hood“ am Jubel der Zuschauer gemessen alles übertrifft. Die zu dritt gesungenen Lieder “Unchained Melody“ aus “Ghost“ und “Waving through a window“ aus “Dear Evan Hansen“ am Ende des Konzerts beschließen stimmig den rundum gelungenen Abend. Es bleibt zu hoffen, dass Lukas Gerber bald wieder mit Top-Interpreten der Musicalwelt nach Offenbach einlädt, denn offensichtlich hat er ein gutes Händchen für runde und hochwertige Konzertabende bewiesen.
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