Nick Körber studierte Schauspiel und Gesang an der Akademie für darstellende Kunst in Ulm und ist seit 2017 als Schauspieler und Musicaldarsteller am Eduard-von-Winterstein-Theater in Annaberg-Buchholz engagiert. Zuletzt war Nick Gastgeber von zwei Online-“Miscast”-Konzerten mit bekannten Darstellern wie Isabel Dörfler, Dorina Garuci, Christian Funk und Fabio Diso.
Nick, viele werden verächtlich die Nase rümpfen und deine aktuelle Wirkungsstätte abfällig als “Provinztheater” bezeichnen. Warum hast du dich bewusst für ein Festengagement an einem kleinen Haus im Erzgebirge entschieden und bist nicht den Verlockungen einer Großproduktion erlegen?
Mein Engagement am Eduard-von-Winterstein-Theater war mein Erstangagement nach dem Studium. In dieser Zeit gab es bei den Großproduktionen nicht wirklich eine Vakanz, die auf mich gepasst hätte, und das Theater Annaberg hatte tolle Pläne für meine erste Spielzeit. Das Schöne an einem vergleichsweise kleinen Haus ist, dass man die Möglichkeit hat, schnell sehr viele und auch sehr große Rollen zu spielen. Ich habe in meiner Zeit hier wirklich tolle Produktionen machen und mich beweisen dürfen. Ich bin sehr glücklich, meinen Start hier gemacht zu haben. Ich habe sehr viel gelernt.
Du giltst mit deinen 25 Jahren als jeweils jüngster Rollenvertreter vom Conférencier in “Cabaret” und von Frank N Furter in “The Rocky Horror Show”. Nun kommt ab 24. Juli mit Gomez das Oberhaupt der Addams Family hinzu. Hast du ein Abo auf skurrile Figuren und was reizt dich an diesen Charakteren?
Das ist eine so schöne Frage! Ich würde mir wünschen, es wäre wirklich so. Der Conférencier gehört absolut zu den tollsten Sachen, die ich bisher machen durfte. Die Arbeit mit unserem Regisseur Urs-Alexander Schleiff war einfach etwas ganz Besonderes bei dieser Rolle. Wir waren uns schnell einig, dass der Conférencier kein “realer Mensch” ist, sondern eine Verkörperung des Schicksals. Des Schicksals von Sally, Fräulein Schneider und Herrn Schulz, der Fädenzieher für Cliff und die Verkörperung der zerfallenden Weimarer Republik. Er war eine Figur, die schon am Anfang der Show wusste, dass sie am Ende in der Gaskammer (ja, die gab es am Ende bei uns) enden wird. Somit wurde die Weimarer Republik zerstört, das Leben und Lieben der Paare Schulz, Schneider, Sally und Cliff.
Frank N Furter ist eine absolute Traumrolle von mir, die mich schon seit dem Studium begleitet. Das Stück und auch diese Rolle gehören einfach zu meinem most favourites ever! Ich glaube, dass diese Figur sehr gut zu mir und zu meiner Stimme passt. Dieser RocknRoll, diese fast schon mephistophelische Extrovertiertheit, all das macht unglaublich viel Spaß! Diese Rolle liegt mir sehr sehr am Herzen und wird mir niemals langweilig. Es ist einfach sehr schade, dass diese Produktion in großen Teilen der Pandemie zum Opfer gefallen ist.
Und ja, jetzt darf ich im Sommer Gomez in “The Addams Family” spielen. Darauf freue ich mich sehr. Ich war schon als Kind ein riesiger Fan der Addams Family und habe die Filme und die 60er-Jahre-Serie quasi inhaliert, und jetzt darf ich endlich das Familienoberhaupt spielen. Das ist ein ganz großer Spaß! Viele werden sich vielleicht denken “Mit 25 spielt er einen Vater. Was soll das?”. Die Addams sind so skurril, dass das tatsächlich mit der richtigen Maske, der richtigen Partnerin (die fabelhafte Nadja Schimonsky spielt meine Morticia) und einer Spielfreude an Rollen “dieses Alters” und dieser Skurrilität, die die Addams einfach mitbringen, wirklich gut funktioniert. Wir freuen uns alle tierisch auf diese Produktion. Die Story ist verrückt, unglaublich witzig, die Figuren so liebenswert und die Musik einfach toll. Wir hoffen sehr, am 24. Juli 2021 endlich Premiere zu feiern!
Skurrile Figuren liegen mir, glaube ich, einfach sehr und sie machen mir unglaublich viel Spaß. Auch wenn ich wirklich dramatische Sachen wie Graf vom Strahl im “Käthchen von Heilbronn” gespielt habe, sind Figuren wie der Conférencier oder Frank N Furter natürlich etwas, wonach man sich als Darsteller wirklich die Finger leckt. Ich hatte, wie gesagt, das große Glück am Winterstein-Theater die Chance bekommen zu haben, all diese Rollen spielen zu dürfen. Mein Intendant, Ingolf Huhn, sagte damals zu mir “The Rocky Horror Show kann man nur spielen, wenn man einen großartigen Frank N Furter hat, und den haben wir mit dir”. Das ist doch für einen Darsteller ein tolles Kompliment, oder?
Dieses Lob und dieses Vertrauen schmeicheln mir bis heute. Dennoch bin ich nicht auf skurrile Figuren abonniert, sondern habe auch schon einen ganz normalen Wolf wie du und ich als Titelheld von “Grimm!” gespielt. Und ein Professor Abronsius in “Tanz der Vampire”, ebenfalls ein Normalo wie er im Buche steht, steht auch ganz oben auf meiner Wunschspielliste.
Bei “Miscast” haben deine Gäste und du die Geschlechterrollen getauscht: Die Männer haben Frauensongs gesungen, während die Frauen Songs interpretiert haben, die ursprünglich für Männer geschrieben worden sind. Dabei hast du auch dein Talent als Entertainer ausleben können. Wann gibt es eine Fortsetzung dieses großartigen Formats und wie sind deine weiteren beruflichen Pläne?
“Miscast” war wirklich ein Abenteuer, das mir sehr viel Spaß gemacht hat. Wir als Darsteller*innen lernen in dieser “theaterlosen” Zeit sehr viel dazu und müssen kreativ werden, wie wir die Leute trotzdem noch mit unserer Kunst erreichen können. Da sind diese Online-Shows schon ein wirklich gutes Ersatzprogramm. Wir haben es anders gemacht, als die anderen. Statt sich einfach vor die Kamera zu stellen und die großen Musicalhits zu singen, haben die Kolleg*innen und ich die Songs vorproduziert und Musikvideos dazu gedreht – jede und jeder natürlich nach den jeweiligen momentanen Möglichkeiten. Das war für uns alle sehr spannend und hat unglaublich Spaß gemacht. Das war etwas Besonderes.
Allerdings ist vorerst keine Fortsetzung von “Miscast” geplant, da dieses Format wirklich unfassbar viel Arbeit in Anspruch genommen hat und ich ja jetzt (hoffentlich) im Sommer erstmal das Naturtheater Greifensteine bespielen werde. Vielleicht wird es in naher Zukunft eine dritte Ausgabe als Live-Format auf einer Bühne geben. Das würde mich sehr freuen. Ich denke nämlich, dass ein “Miscast-Live”-Format, das am Broadway und West End ja wirklich Gang und Gäbe ist, auch hier in Deutschland funktionieren und auf langer Sicht Fuß fassen könnte.
Die Zukunft ist, wie bei so vielen Kolleg*innen, denke ich, bisher noch etwas schwammig und unspezifisch. Was folgt, ist jetzt auf jeden Fall erstmal die Sommerspielzeit mit “The Addams Family” und alles was ich am September machen werde, ist noch geheim. Sobald ich etwas verraten darf, werdet ihr es natürlich gleich auf meinen Social Media Kanälen erfahren. Ich freue mich auf das, was die Zukunft uns und dem Theater bringen wird.
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