Marguerite
London / 2008

Wunderschön oder ziemlich langweilig: Die Castaufnahme zum West-End-Flop von Michael Legrand und Alain Boubil lässt beide Urteile zu.


Beim Londoner Publikum ist das Musical über die Liebe zwischen einem jungen Jazzpianisten und der 40-jährigen Geliebten eines Nazigenerals im besetzten Frankreich durchgefallen. Lohnt es sich trotzdem, die Castaufnahme zu kaufen? Schwierig zu sagen, denn über die CD lassen sich guten Gewissens zwei völlig unterschiedliche Rezensionen schreiben. Entscheiden Sie selbst, in welcher Sie sich wiederfinden:1. “Marguerite” ist wunderschön. Endlich mal wieder ein Musical-Drama im Stile der 1990er-Jahre. Ruhige Frauensoli mit Klavierbegleitung, unheilschwangere Reflektionen, wütende Anklagen, große Liebesschwüre, dazu stakkatoartig vorgetragene Ensemblenummern: Aus den Zutaten von “Martin Guerre”, “Phantom der Oper” und “Jekyll & Hyde” hat das Kreativteam (als Co-Autoren werden auch Claude-Michel Schönberg, Jonathan Kent und Herbert Kretzmer genannt) ein schwermütiges, dramatisches Werk komponiert. Soundeffekte wie Schlachtendonnern, verrauschte Radiodurchsagen und Sirenen schaffen eine authentische Atmosphäre. Warten Sie auf einen stürmischen Herbstabend, zünden Sie ein paar Kerzen an, drehen die Anlage laut und genießen Sie die großen Gefühle.2. “Marguerite” ist langweilig. Irgendwann geht einem die Dramatik auf den Geist. Julian Ovenden (Armand) spielt zwar einen 23-Jährigen, singt aber andauernd mit hörbar großer Geste und Vibrato. Ruthie Henshall (Marguerite) reflektiert ihre Situation ständig in dramatischen Worten und wird vom Komponisten zum Teil in Höhen geschickt, in denen ihre Stimme gepresst klingt. Auch die Ensemblenummern sind immer düster und vorwurfsvoll. Spätestens zur Hälfte der CD nervt das, zumal auch danach praktisch nichts Neues mehr kommt. Ein bisschen Marsch, ein bisschen Swing, ein bisschen Chanson – und ganz viel Ballade. Das ist einfach zu wenig Abwechslung für eine 25-Track-CD.

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