Die turbulente Jukebox-Komödie mit Udo-Jürgens-Hits zieht 2019 von der Bühne auf die Leinwand. Wer eine Eins-zu-eins-Adaption erwartet, wird jedoch enttäuscht.
Nach dem gigantischen Erfolg von “Mamma Mia” versuchte man sich auch in Deutschland an einem Jukebox-Musical. 2007 feierte das Stück “Ich war noch niemals in New York” in Hamburg schließlich Premiere und trotz aller Kritik begann ein Erfolgszug auf den Bühnen, der es sogar bis nach Japan schaffte. Produzentin Regina Ziegler, die mit Udo Jürgen schon an der Verfilmung seiner Biografie “Der Mann mit dem Fagott” gearbeitet hatte, sicherte sich die Rechte an der Show. Unter der Regie von Philipp Stölzl ist nun ein knallbunter Film mit gut aufgelegten Schauspielern entstanden.
Lisa Wartbergs Karriere als Fernsehmoderatorin gerät aufgrund sinkender Einschaltquoten ins Schlingern. Da kommt es ihr gar nicht gelegen, dass ihre Mutter Maria nach einem Unfall ihr Gedächtnis verliert und sich nur noch an den Wunsch erinnert, nach New York reisen zu wollen. Also haut Maria ab und schleicht sich an Bord eines Kreuzfahrtschiffs, gefolgt von ihrer Tochter und deren Maskenbildner Fred. Auf dem Schiff trifft sie ihre angebliche Jugendliebe Otto, Lisa lernt den steifen Axel und dessen Sohn Florian kennen und Fred lässt sich von Bordzauberer Costa verzaubern. Die turbulente Schiffsreise kann beginnen.
Schnell fallen dem Besucher des Musicals auf, dass die Geschichte bei der Umsetzung für die Leinwand (Drehbuch: Alexander Dydyna, Jan Berger, Philipp Stölzl) stark bearbeitet wurde und Charaktere neue Biografien erhalten haben. Jetzt ist Axel nicht mehr der abenteuerlustige Wildtierfotograf sondern ein risikoscheuer, übervorsichtiger Stochastiker und Maria bricht nicht mehr zusammen mit Otto aus dem Altersheim aus. Liebhabern der Bühnenshow könnte das übel aufstoßen, doch wo das Musical mehr Nummernrevue mit einem Hauch von Story ist, werden hier drei Geschichten parallel erzählt, in die sich die – mal mehr mal weniger bearbeiteten – Udo-Jürgens-Songs sehr gut einfügen. Das alles ist immer noch kein Beispiel großer Erzählkunst, aber es funktioniert weitaus besser und verleiht hier und da sogar etwas emotionale Tiefe, ohne aufgesetzt zu wirken.
Bei den Schauspielern hat man aus darstellerischer Sicht alles richtig gemacht. Sie geben ihren mit Klischees beladenen Figuren ein wenig zusätzliche Tiefe und sind mit viel Leidenschaft bei der Sache. Insbesondere Katharina Thalbach versprüht enorm viel Charme und steckt mit ihrer Spielfreude sofort jeden an. Lediglich Heike Makatschs Darstellung der egozentrischen und tyrannischen Moderatorin ist gerade zu Beginn des Films anstrengend und wirkt zu aufgesetzt, aber sobald sie auf dem Schiff ist, kann auch sie überzeugen.
Gesanglich machen alle einen passablen bis sehr guten Job. Hierbei hervorzuheben sind zum einen die Musical erprobten Uwe Ochsenknecht und Pasquale Aleardi sowie der zwölfjährige Marlon Schramm. Ochsenknecht (“Hairspray”) bringt nicht nur seine Angebetete mit einem schmissig dargebotenen “Siebzehn Jahr, blondes Jahr” zum Lächeln und auch sein “Was ich dir sagen will” ist eine schöne Nummer. Aleardi (“Chicago”), den der geneigte Fernsehzuschauer als Ermittler aus den “Dupin”-Krimis kennt, macht mit seiner dunklen Stimme schon recht früh im Film “Griechischer Wein” zum absoluten Highlight, so dass man gleich auf dieser Party unter Deck mit einstimmen möchte. Schramm hingegen glänzt mit einer sehr gefühlvollen Interpretation des neu hinzugefügten Songs “Lieben ohne Leiden”. Heike Makatsch hat in den Höhen zwar leichte Probleme und Moritz Bleibtreu ist sicher nicht mit der stärksten Stimme gesegnet, doch wirklich negativ fallen auch sie nicht auf.
Regisseur Philipp Stölzl, verantwortlich für viele Musikvideos (unter anderem hat er viel mit Rammstein zusammen gearbeitet), macht nie einen Hehl aus der Künstlichkeit seines Produktes und setzt auf Surrealität: Gemalte Hintergründe und das offenkundige Set des Kreuzfahrtdampfers lassen zu jeder Zeit erkennen, dass man nicht an Originalschauplätzen gedreht hat – und auch nicht so tun will, als ob. Gleiches gilt für Kostüme und Frisuren, die niemals wie aus dem normalen Leben wirken. Das wird dadurch unterstrichen, dass man alles farbtechnisch ganz tief in den Pastellmalkasten getaucht hat. Im Gegensatz dazu hat man sich bei den Choreografien (Christopher Tölle) gerade im Vergleich zum Bühnenstück stark zurückgenommen. Wo auf der Musicalbühne in beinahe jeder Nummer irgendwann ein großes Tanzensemble auftritt, tanzen hier zum Beispiel in einer Szene der Zweisamkeit nur Heike Makatsch und Moritz Bleibtreu und erinnern dabei an den Klassiker “Singin’ in the Rain”.
All das gepaart mit der seichten Geschichte und der hier und da zu aufgesetzten Überdrehtheit wirkt sicher für den einen oder anderen etwas abschreckend. Wenn man sich darauf einlassen kann, steht einem ausgelassenen Kinobesuch nichts im Weg. Die gut aufgelegten Darsteller und die unkaputtbaren Lieder versprühen genug Freude, die sich leicht auf das Publikum überträgt. Wer sich hingegen schon mit dem ähnlich konzipierten “Mamma Mia” und der Formel ‘leichte Gute-Laune-Story gepaart mit bekannten Songs’ schwer tut, der sollte sich auch dieses Mal das Ticket sparen.
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