Claire (Yvonne Köstler), Heather (Laura Leyh), Zoe (Heike Kloss), Rachel (Silke Geertz) © Eventexpress
Claire (Yvonne Köstler), Heather (Laura Leyh), Zoe (Heike Kloss), Rachel (Silke Geertz) © Eventexpress

The Band (2019)
Theater des Westens, Berlin

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Nach der Musik von Abba (“Mamma Mia!”) oder Whitney Houston (“Bodyguard”) wird jetzt auch das Repertoire der Boyband Take That als Jukebox-Musical auf die Bühne gebracht. Achillesferse ist das Buch von Tim Firth, dessen Schwächen Inszenierung (Kim Gavin, Jack Ryer) und Bühnenbild (Jon Bausor) abfedern.

EU gegründet – “Jurassic Park” lässt Kinokassen klingeln – Bill Clinton als Präsident vereidigt. Das sind nur drei der Schlagzeilen, die die Videotext-Tafeln vom 9. September 1993 auf einem Röhrenfernseher vermelden. Schon vor Beginn der Vorstellung nimmt “The Band” die Zuschauer mit in die 1990er, indem auch die damals aktuelle TOP 40 der Charts als Neuigkeit über die Projektionsfläche flimmert: Die neue Nummer 1 ist “Pray” von Take That!

Ein wirklich gelungener Einstieg in ein Stück, in dem der Boyband-Hype den Ausgangspunkt für ein Wiedersehen von vier weiblichen Hardcore-Fans nach 25 Jahren bildet. Die Musik stammt aus dem TakeThat-Repertoire, wobei nicht nur ihre großen Mega-Hits verwendet werden, sondern auch für die breite Masse eher unbekannteres Material, das aus den 2000er Jahren nach der Wiedervereinigung der Gruppe stammt. Persönlich in Erscheinung tritt Take That nicht, nur ihr Bandlogo – ein auf dem Kopf stehender Buchstabe T berührt ein zweites T – wird im von Projektionsflächen dominierten Bühnenbild (Jon Bausor) zitiert. Nur wenige Versatzstücke werden in diesen Raum gerollt oder schweben vom Schnürboden herab. Dank der Video-Animationen entsteht eine schnell wandelbare, oft poppig bunte Szenerie, die jedoch auch stillere, romantische Momente zulässt.

In Tim Firths Buch, dessen Sprechpassagen Ruth Deny humorig-routiniert ins Deutsche übertragen hat, sind die Objekte der Begierde der Girl-Clique namenlos. Rachel (Maria Arnold), Claire (Kristin Heil), Zoe (Laura Saleh), Heather (Jara Maria Buczynski) und Debbie (Ruth Lauer) schwärmen nur von ihren “Boys”, verfolgen jeden ihrer Auftritte in der TV-Show “Top of the Pops” und können deren Choreografien im Schlaf nachtanzen. Dass die fünf Jungs (Prince Damien, Helge Mark Lodder, Alex Charles, Taddeo Pellegrini und Sario Solomon) fester Bestandteil ihres Lebens sind, visualisiert das Regie-Team Kim Gavin und Jack Ryder, indem es sie zum Beispiel aus dem Mobiliar im Jungmädchenschlafzimmer herauskatapultiert, sie im Schulspind auftreten oder als Passagiere im Überlandbus mitfahren lässt. Auch nach dem Zeitsprung um ein Vierteljahrhundert sind die Idole – anders als die weiblichen Protagonisten nicht gealtert – als Brunnenfiguren oder Flughafenpersonal omnipräsent. Besser kann man Fankult nicht auf die Bühne bringen.

Das bringt Tempo und Witz in Gavins und Ryders Inszenierung, die das Stück mit seiner dünnen Handlung und klischeehaft gezeichneten Figuren bitter nötig hat. Nachdem die junge Debbie auf dem Rückweg von einem Konzertbesuch durch einen Autounfall ums Leben kommt, verkrachen sich ihre Freundinnen auf der Beerdigung und verlieren sich aus den Augen. Gerade dieser tragische Moment kommt in der Inszenierung zu kurz und so verwundert es um so mehr, dass bei der Premiere Papiertaschentücher mit dem Stück-Logo auf jedem Sitzplatz liegen.

Anlässlich der Reunion der zwischenzeitlich aufgelösten Band kommen auch die vier übrig gebliebenen Fans nach einem Vierteljahrhundert wieder zusammen. Rachel (Silke Geertz) gewinnt vier Eintrittskarten für das erste Konzert ihrer einstigen Idole in Prag und trommelt kurzfristig ihre ehemaligen Freundinnen als Begleitung zusammen. Diese dramaturgisch unglaubwürdige, lächerliche Wendung nutzt der Regisseur jedoch geschickt, indem er den Zeitsprung glaubhaft visualisiert. Am Treffpunkt im Flughafen verschwindet nacheinander jede junge Darstellerin durch eine Tür, durch die dann ihr älteres Pendant wieder eintritt. Einfach, aber sehr wirkungsvoll, denn auch Claire (Yvonne Köstler), Zoe (Heike Kloss) und Heather (Laura Leyh) haben sich nach 25 Jahren verändert. Das nicht nur optisch, auch sind die Jungmädchen-Schwärmereien der Realität gewichen: Claire reüssierte nicht als Goldmedaillen-Gewinnerin bei Olympischen Spielen im Turmspringen, Ex-Flittchen Heather ist mit einer Frau verheiratet und Zoe hat ihre Karriere als Wissenschaftlerin mit einem Ehemann und vier Söhnen in Einklang gebracht. Alle drei nehmen gemeinsam den eigentlich der verstorbenen Debbie zugedachten Platz als Brautjungfer ein und arrangieren im sehr konstruiert wirkenden Happy-End-Finale die Hochzeit von Rachel mit ihrem biederen Langzeitfreund Jeff (rollendeckender Stichwortgeber: Tilmann Madaus).

Der Fokus der Show liegt eindeutig auf der Musik. Die sechsköpfige Band (Leitung: Shay Cohen) ist mit Ausnahme von zwei Auftritten bei den Konzerten der Band hinter die Bühne verbannt. Hier ist sie ein zuverlässiger Begleiter und spielt sich munter durch die melodiösen Take-That-Songs, die in der englischen Originalsprache gesungen werden. Dabei sollte die Tonabteilung des Theaters noch einmal nachjustieren, denn insbesondere die Stimmen der jungen Fans als auch die der Boygroup gehen in der oft recht lauten Musikbegleitung unter. Alle zehn brillieren im Tanz (Choreografien: Kim Gavin) und meistern ihre nicht sehr anspruchsvollen Gesangsaufgaben rollendeckend. Bei den Boyband-Mitgliedern vermisst man die in den 1990ern vorgenommene Klassifizierung nach Typen. Die fünf Jungs in den von Take That inspirierten Kostümen (Jon Bausor) wirken recht glatt und bubihaft.

Vorlagenbedingt sind es die vier erwachsenen Darstellerinnen, die den dünnen, vorhersehbaren Plot mit Leben füllen und ihn tragen. Aus den kichernden, sehr kreischig-überdreht gezeichneten Teenager-Girls sind Typen geworden, die mit beiden Beinen im Leben stehen. Silke Geertz, Yvonne Köstler, Heike Kloss und Laura Leyh nutzen dieses Potenzial ganz herausragend. Sie singen, spielen und tanzen hervorragend und sind die wahren Stars einer Show, die wie auf dem Reißbrett konstruiert wirkt. Sie spricht besonders diejenigen an, die als Figuren für knapp zwei Stunden auf der Bühne stehen: Take That-Fans der ersten Stunde. Sie schwenken im finalen Mitklatsch- und Mitsing-Mega-Mix begeistert und beseelt anstelle der Feuerzeuge aus den 1990ern ihre Handy-Taschenlampen.

 
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KREATIVTEAM
BuchTim Firth
Deutsche FassungRuth Deny
Musikalische LeitungShay Cohen
InszenierungKim Gavin
Jack Ryder
ChoreografieKim Gavin
AusstattungJon Bausor
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
Junge RachelMaria Arnold,
(Ruth Lauer
Clara Mills-Karzel)

Junge ClaireKristin Heil,
(Isabel Waltsgott)
Junge ZoeLaura Saleh,
(Isabel Waltsgott)
Junge HeatherJara Maria Buczynski,
(Kristin Heil
Clara Mills-Karzel)

Junge DebbieRuth Lauer,
(Isabel Waltsgott
Clara Mills-Karzel)

RachelSilke Geertz,
(Saskia Kästner
Katharina Lehmann)

ClaireYvonne Köstler,
(Silke Geertz
Saskia Kästner)

ZoeHeike Kloss
(Saskia Kästner
Katharina Lehmann)

HeatherLaura Leyh,
(Heike Kloss
Katharina Lehmann)

BoybandPrince Damien
Helge Mark Lodder
Alex Charles
Taddeo Pellegrini
Sario Solomon,
(Sonny Grieveson
Eric Hallengren
Harry Brown)

JeffTilman Madaus,
(Daniel Rossmeisl
Martin Timmy Haberger)

Alle DavesDaniel Rossmeisl,
(Tilman Madaus
Martin Timmy Haberger)

  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Mo, 08.04.2019 19:30Theater des Westens, BerlinPreview
Do, 11.04.2019 19:30Theater des Westens, BerlinPremiere
Sa, 13.04.2019 15:00Theater des Westens, Berlin
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