Behutsame Modernisierungen halten einen Musical-Klassiker frisch. Das beweist Manfred Ohnoutkas muntere “Kiss Me, Kate”-Inszenierung mit einem gut aufgelegten Musiktheater-Ensemble am Theater Vorpommern.
“Statt Prada-Kostüm nur noch ein guter republikanischer Stoffmantel”. Ist es diese Bekleidungsvorschrift von General Howell, die Lilli Vanessi an ihrer Verlobung mit ihm zweifeln lässt und sie zur Rückkehr auf die Bühne treibt? Unerwartet erscheint sie als gar nicht mehr so widerspenstige Kate im Finale des Shakespeare Klassikers und sinkt in die Arme von Edelmann Petruchio.
Damit endet abrupt Manfred Ohnoutkas werkgetreue Inszenierung des Cole Porter-Welterfolgs von 1948. Der Regisseur präsentiert gut gemachtes Unterhaltungstheater, präzise gezeichnete Figuren und verfrachtet die Schauspieler der Kate-Komödie in die erzkonservative Trump-Ära. Ein kluger Schachzug, um das etwas antiquiert wirkende Frauenbild des Musicals zu erklären. Die Theater-Aufführung im Stück verbleibt optisch und gestelzt-sprachlich in der Renaissance, in die sich jedoch unvermittelt auch ein “Schlag-nach-bei-Shakespeare”-Klingelton vom Smartphone aus der Jackentasche eines Darstellers verirrt . Sechs dreiseitige Kulissenteile auf Rollen ermöglichen im schwarzen Raum reibungslose Ortswechsel. Ausstatter Christopher Melching verantwortet auch das prächtige veronesische Shakespeare-Kostümbild und die schicken Neuzeit-Kostüme in Baltimore. Optisch ist dieses Kätchen alles andere als spröde.
Dennoch fehlt, insbesondere in den beiden Akt-Anfängen, auf der Bühne der Elan, den die brillant aufspielenden Musiker des Philharmonischen Orchesters Vorpommern unter dem Dirigat von Alexander Steinitz aus dem Orchestergraben versprühen. Da kann Choreografin Isabella Rapp zu “Premierenfieber” und “Viel zu heiß” noch so geschickte Arrangements von wacker tanzenden Opernchor und Musiktheater-Solisten erfinden; es fehlen einfach ein paar professionelle Ballett-Tänzer. Denn das Luftzufächeln mit knallroten Fächern ist zwar eine optisch ansprechende Idee, entspricht allerdings nicht der pulsierenden Porter-Partitur.
Gesungen wird “Kiss me, Kate” am Theater Vorpommern mit guten, klassisch geschulten Stimmen, wobei einzig Thomas Rettensteiners rabenschwarzer Bass für das Solo von Harrison Howell überdimensioniert wirkt. An der Spitze der Cast stehen Franziska Ringe (Lilli/Kate) und Alexandru Constantinescu (Fred/Petruchio), die in Duetten, aber auch in ihren Soli begeistern. Ihre Leistung ist nicht nur im gleichnamigen Walzer ganz einfach “Wunderbar”.
Warum Katarzyna Rabczuk (Lois/Bianca) in der besuchten Vorstellung als indisponiert angekündigt wurde, bleibt ihr Geheimnis. Auch sie singt makellos. Als ihr Partner Bill/Lucnetio bleibt Semjon Bulinsky allein darstellerisch blass, was an seinen fehlenden Fähigkeiten als Tänzer liegt. Mit dem bereits genannten Shakespeare-Gassenhauer räumen Karo Khachatryan und Yuji Natsume ab – Letztgenannter auch darstellerisch im Frauenkostüm.
Mit seiner unterm Strich gelungenen “Kiss Me Kate” beweist das Theater Vorpommern, warum dieser Cole Porter-Klassiker auch nach über siebzig Jahren noch jung und frisch wirken kann und fester Bestandteil des Musical-Repertoires ist.
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