© Richard Davenport
© Richard Davenport

Rock of Ages (2018)
BB Promotion, Tournee

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Auch bei diesem Jukebox-Musical mit bekannten Rockhymnen aus den 1980er Jahren ist das schwache Buch (Chris d’Arienzo) das größte Manko. Dafür überzeugt die britische Tour-Version mit einer starken Inszenierung, knackig-präzisen Choreografien (beide von Nick Winston), sehenswerter Ausstattung (Morgan Large) und einem grandiosen Cast.

Im allerletzten Moment hat Drew seine große Liebe wiedergefunden. Die vom Ausflug in die Glitzer-Metropole Los Angeles desillusionierte Sherrie wartet vor dem Bahnhof auf einer Bank auf ihren Zug in die heimatliche US-Provinz. Drew nimmt ebenfalls dort Platz und zur pathetischen Rockballade “The Search Is Over” schmachtet sich das junge Paar an. Der zwischen beiden sitzende, ein Sandwich verspeisende Passagier ist sichtlich genervt von so viel Gefühlsduselei und ergreift überstürzt die Flucht.

Kleine, oft aberwitzig gestaltete Comedy-Szenen wie diese ziehen sich wie ein roter Faden durch Nick Winstons Inszenierung. Damit peppt er die dünnen, vorhersehbaren Handlungsstränge der Komödie aus der Feder von Chris d’Arienzo geschickt auf. Schließlich finden im Finale die richtigen Paare zueinander und die fiesen Immobilienhaie, deren Abrissbirne die Rocker-Kneipe “Bourbon Room” bedroht, sind geläutert. Zu “Don’t Stop Believin'” rocken alle Beteiligten im furios arrangierten Finale und verwirklichen ihre eigenen Visionen. Einer Karriere als Rockstar, dem Engagement als Umweltaktivistin oder der Eröffnung eines Süßwaren-Fachgeschäfts steht nichts mehr im Wege.

Nick Winston setzt neben seinen herausfordernden, sehr sehenswerten und ungemein präzise getanzten Choreografien auch in der Personenführung Akzente. So zeichnet er den durch die Handlung führenden Erzähler Lonny als überdreht-tuntiges Freddie-Mercury-Abbild, den erfolgsverwöhnten Sänger Stacee Jaxx als einen wie mit Drogen zugedröhnten Groupie-Verschleißer. Mit der in englischer Originalsprache gezeigten Tour-Produktion gewährt er zudem einen Einblick, wie wir Deutsche gerne mal im Ausland gesehen werden: Die beiden Bösewichte Hertz und Franz Klinemann werden als teutonisches, sehr lautes Vater-Sohn-Gespann veralbert, das schon mal mit Pickelhaube und im Stechschritt über die Bühne paradiert. Angesprochen auf seine vermeintliche Homosexualität kontert Spross Franz entrüstet “I am not gay. I’m just German”.

Musikalisch bedient sich “Rock of Ages” aus dem Fundus der 1980er Rock-Hymnen von Gruppen wie Europe (“The Final Countdown”), Whitesnake (“Here I Go Again”), Asia (“Heat Of The Moment”) oder Starship (“We Built This City”). Diese und viele weitere bekannte Songs hat Arrangeur Ethan Popp geschickt in die Handlung integriert, indem er sie entweder von mehreren Personen mit- oder nacheinander singen lässt oder zwei bis drei Titel zu einem Medley verwebt, das unterschiedliche Gefühlslagen oder parallele Handlungsstränge untermalt. Die auf einem fahrbaren Podest zentral auf der Bühne postierten zwei Gitarristen und der Schlagzeuger werden vom für das Publikum nur beim Schlussapplaus sichtbaren musikalischen Leiter Barney Ashworth am Keyboard unterstützt. Die Musiker liefern den perfekten Rock-Soundtrack mit nachhallenden Melodienbögen der E-Gitarren und wummernden Bässen. In den Balladen sind sie dann auch angenehm zurückhaltende Begleiter.

Um den zentralen Standort der Band herum stellt Ausstatter Morgan Large links und rechts zweigeschossige Podeste mit gemalten Lautsprecherboxen. Sie sind sowohl eine perfekte optische Ergänzung zur Musik, aber auch gern genutzte Auftrittsorte, da sie sich als Türen öffnen lassen. Schnelle und oft auch effektvolle Szenenwechsel ermöglichen hereinfahrende Versatzstücke wie Türen, Sitzecken, eine Herrentoilette oder Pole-Dance-Stangen. Morgans farbenfroh-abwechslungsreiche Kostüme huldigen mit Puffärmeln, Schulterpolstern, Karottenhosen und knappen, körperbetonenden Outfits à la Madonna den 1980er Jahren.

Wie aus einem Guss scheinen die Solisten und die acht Ensemble-Mitglieder, die auch in kleinen Episoden-Rollen auftreten. Alle sind in Spiel, Gesang und Tanz einfach grandios. Angeführt wird der Cast von Lucas Rush, der als quirlig-tuntiger Erzähler Lonny als perfekte Rampensau dem Affen ordentlich Zucker gibt. Rush spielt mit komischer Mimik herrlich überdreht, setzt perfekt seine Pointen und bringt das Publikum in der Interaktion trotz Sprachbarriere zum Toben. Seine Gesangsaufgaben bewältigt er mit rauer Rockröhre wie mit links, was auch für seinen Überraschungs-Herzbuben Cameron Blakely (Dennis) gilt. Ihr gefühlvolles “I Can’t Fight This Feeling” gehört zu den musikalischen Höhepunkten der Show.

Auch Pärchen Nummer Zwei – Jodie Steele (Sherrie) und Luke Walsh (Drew) – harmoniert stimmlich perfekt miteinander, wobei Walsh vorlagenbedingt solistisch die dankbareren Gesangsaufgaben hat. Er begleitet sich auch selbst auf der Gitarre, wirkt optisch im Zusammenspiel mit seiner Partnerin allerdings etwas zu bubihaft. Mit großer Soulstimme lässt Tori Allen-Martin als geschäftstüchtige wie großherzige Puffmutter aufhorchen, Sam Ferriday gibt mit toller Reibeisen-Röhre einen abgehalftert wirkenden Rockstar Stacee Jaxx.

Wenn der gastgebende Erzähler das Publikum ganz zu Beginn fragt “Are you ready to rock?”, dann ist die Reaktion noch etwas verhalten. Im Finale von “Rock of Ages” gibt es im Saal zu “Don’t Stop Believin'” allerdings kein Halten mehr. Zu Recht: die Show macht einfach Spaß!

 
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KREATIVTEAM
BuchChris D‘Arienzo
Arrangement und OrchestrierungEthan Popp
Musikalische LeitungBarney Ashworth
Inszenierung und ChoreografieNick Winston
Bühnenbild und KostümeMorgan Large
Video- und ProjektionsdesignDuncan McLean
 
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CAST (AKTUELL)
LonnyLucas Rush
DrewLuke Walsh
SherrieJodie Steele
ReginaRhiannon Chesterman
Stacee JaxxSam Ferriday
JusticeTori Allen-Martin
DennisCameron Blakely
HertzVas Constanti
FranzAndrew Carthy
  
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TERMINE (HISTORY)
Di, 04.12.2018 20:00Admiralspalast, BerlinPremiere
Mi, 05.12.2018 20:00Admiralspalast, Berlin
Do, 06.12.2018 20:00Admiralspalast, Berlin
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