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Simon Eichenberger inszeniert und choreografiert eine mitreißende “West Side Story” als brutalen Bandenkrieg mit einer exzellenten Darsteller-Riege. In der besuchten Vorstellung beeinträchtigt allerdings die miserabel ausgesteuerte Tonanlage den musikalischen Genuss.
“TRADITION UND FORTSCHRITT FÜR MODERNES WOHNEN” verspricht eine Leuchtreklame, die über zwei aufeinandergestapelten Containerreihen am linken Bühnenrand installiert ist. Plötzlich scheint es einen Kurzschluss zu geben, die Lichter flackern, Pyrotechnik blitzt und knallt. Eben noch warfen Jets und Sharks als im Schmerz um den Verlust ihrer Anführer vereinte Trauergesellschaft weiße Blumen ins offene Grab, im Anschluss prallen sie in einem Albtraum aus Hass und roher Gewalt aufeinander. “R – O – S – M – E – E – W – H – E” verkündet nun die lädierte Werbeanlage. Richtig sortiert wird daraus “Somewhere” – ein zerstörter Hoffnungsschimmer für desillusionierte Jugendliche ohne wirkliche Perspektive?
Dies ist ein besonders starker Moment in Simon Eichenbergers Inszenierung, in der der Regisseur die beiden Jugend-Gangs mit voller Brutalität aufeinander losgehen lässt. Der Cast, Musical-Darsteller und Mitglieder der Ballett-Company des Mecklenburgischen Staatstheaters, verschmelzen darin zu einem völlig homogenen Darsteller-Pool, der ungemein präzise einen fast gänzlich durchchoreografierten Abend voller rasant-sportlicher Bewegungen meistert. Hinzu kommen fein nuancierte Personenzeichnungen sowohl für die jugendlichen Protagonisten als auch für die Erwachsenen. Rüdiger Daas’ zackig-knallharter Lieutenant Schrank sorgt vorübergehend für Respekt und Ordnung im Viertel, Matthias Unruhs schlaffer Doc betreibt ernüchtert in einem schäbigen Container seinen Laden. Dieser ist allerdings so ungünstig auf der riesigen, nach vorne hin leicht abgeschrägten Spielfläche platziert, dass ein Teil des vorderen Publikums umgesetzt werden muss.
Ohnehin wirft Stephan Prattes’ Bühnenbild Fragen auf. Leuchtschrift und Container mit schmuddeligen, Graffiti verzierten Toilettenanlagen versprühen einen trostlosen Baustellencharme. Eine Goldkuppel, die vom im Hintergrund stehenden Schweriner Schloss herabgestürzt zu sein scheint, ragt rechts schräg aus dem Bühnenboden heraus und bildet das Zuhause von Marias Familie. Das historische Bruchstück mit zwei Emporen ist zweifelsohne ein optischer Hingucker (und ein beliebtes Selfie-Motiv fürs Publikum), allerdings glückt die Verortung der “West Side Story” in die mecklenburg-vorpommerische Landeshauptstadt nicht. Der Konflikt zwischen anglo-amerikanischen Jets und puerto-ricanischen Sharks wirkt in diesem ruinös dargestellten Nordostdeutschland fremdartig und bemüht. Da helfen weder ein “Hot Doc’s Späti”-Schild, noch moderne deutsche Polizei-Uniformen und jugendliche Alltagsklamotten (Kostümbild: Conny Lüders).
Aus dem hervorragenden, homogenen Ensemble ragen vorlagenbedingt die Solisten heraus. Als wahre Traumbesetzung entpuppen sich in der besuchten Vorstellung Mercedesz Csampai und Jörn-Felix Alt als tragisches Liebespaar Maria und Tony. Csampai reift in der Handlung vom naiven, unbekümmerten Mädchen zu einem verbitterten Racheengel, Alt entwickelt sich vom ungestümen Heißsporn zum tragischen Helden. Es macht viel Spaß ihnen zuzuschauen, wenn sie zum Song “One Hand, One Heart” ihre Trauung voller Witz und Romantik spielen. Für wahre Gänsehautmomente sorgen dabei auch ihre schönen, sicher geführten Stimmen, die sowohl Csampai als auch Alt mühelos von samtigen, tieferen Lagen bis hin zu funkelnden Spitzentönen führen können.
In der dankbaren Rolle der Anita ist in der besuchten Vorstellung Laura Friedrich Tejero zu sehen und zu hören. Sie ist ganz das rassige Vollweib in “America”, aber auch eine bittere Anklägerin in “A Boy Like That”. Schade, dass Joey Ferre als feuriger Latino-Lover Bernardo und Nikolas Heiber als lässiger Riff bereits zur Pause das Zeitliche segnen. Beide Darsteller verfügen über tolle Stimmen, was auch für Franziska Trunte als taffe Anybody’s im Lara Croft-Look und Claudio Gottschalk-Schmitt als Baby John gilt, die bei “Somewhere” Solo-Passagen singen dürfen.
Ein dicker Wermutstropfen lastet bleiern auf der Schweriner “West Side Story”: In der besuchten Vorstellung ist die Tonanlage so miserabel ausgesteuert, dass die formidabel aufspielende Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin unter dem Dirigat von Martin Schelhaas Gesang und auch Sprechszenen schlichtweg übertönt. Das ist letztendlich besonders ärgerlich, da es den Gesamteindruck einer brillant besetzten Aufführung doch erheblich stört. Vielleicht gibt es nach dem Gegensteuern irgendwann und irgendwo Hoffnung. Die Schweriner Produktion hat es auf jeden Fall verdient.
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung und Choreografie | Simon Eichenberger |
Musikalische Leitung | Daniel Huppert |
Dirigate | Daniel Huppert Martin Schelhaas Gregor Rot |
Bühnenbild | Stephan Prattes |
Kostüme | Conny Lüders |
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CAST (AKTUELL) |
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