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Es geht um Beziehungen und um den Umgang mit Herkunft, um Trauer und Verlust. Vor allem aber geht es um eins: um eine Liebe, die groß genug ist, Opfer zu bringen und gegen alle Widrigkeiten zu bestehen. Regisseur Ulrich Wiggers ist mit der deutschsprachigen Erstaufführung von “Love Story” ein sehr intensives und unter die Haut gehendes Musiktheater-Erlebnis geglückt, das die Premierengäste im ausverkauften Grenzlandtheater auch über den Schlussapplaus hinaus noch beschäftigt.
Taschentuch-Alarm im Grenzlandtheater! Die Handlung der bittersüßen Liebesgeschichte, deren Verfilmung sich seit ihrer Veröffentlichung 1970 hartnäckig in den Top 10 der schönsten Liebesfilme aller Zeiten hält, ist weithin bekannt und rasch erzählt: Nachdem sich Oliver Barrett IV, Sohn aus reichem Hause, und Jenny Cavilleri, Mädchen aus der Arbeiterklasse, kennen- und lieben gelernt haben, stirbt sie nach sechsjähriger Ehe an Leukämie.
Doch wer von dem Theaterabend vorwiegend tragische Momente und Tränen erwartet, hat sich getäuscht. Ulrich Wiggers inszeniert feinfühlig, ohne in Kitsch oder Pathos abzugleiten. Das Stück beginnt und endet mit Jennifers Beerdigung (“Was sagt man nur?”). Dazwischen wird in einem Rückblick chronologisch Olivers und Jennifers Geschichte erzählt: von ihrem Kennenlernen und erstem Date über das Vorstellen bei den Eltern, dem Hochzeitsantrag und den Höhen und Tiefen ihrer Ehe bis hin zu der alles verändernden Diagnose. Die Szenen sind immer kurz und knackig, meist humorvoll und witzig, manchmal aber auch tiefgründig und traurig.
Greifbar gemacht und mit Leben gefüllt werden sie von der stimmigen Besetzung – hier hat die Casting-Abteilung wirklich passgenau gearbeitet. Madeleine Lauw und Christian Fröhlich etablieren sich schnell als Leading Dream-Team. Ihre Darstellung ist nuancenreich; die Rollen der unkonventionellen und charakterstarken Musikstudentin Jenny und des ehrgeizigen, warmherzigen und zugleich starrköpfigen Harvard-Absolventen Oliver wie für sie geschrieben. Lauws differenziertes Spiel, die Entwicklung ihres Charakters vom selbstbewussten und zeitweise etwas vorlauten Mädchen bis hin zur zerbrechlichen, von Krankheit gekennzeichneten Frau ist großes Kino. Entsprechend stark zeigt sich auch Fröhlich, der vor allem Olivers Wunsch, um seiner selbst willen geliebt zu werden und die ambivalente Beziehung zu seinem Vater sehr glaubhaft darstellt.
Gernot Schmidt als Oliver Barrett III. und Gido Schimanski als Phil Cavilleri verkörpern die gänzlich unterschiedlichen Väter des Liebespaares und profilieren sich dabei als echte Charakterdarsteller. Auch die Darstellung der Mütter – gespielt von Ilka Sehnert (Alison Barrett) und Sophie Blümel – ist gelungen, wobei Blümels Auftritte zwar kurz, dafür aber umso prägnanter sind. Karsten Kenzel, Nicolai Schwab und Luciano Mercoli sind in diversen Rollen zu sehen und komplettieren die Cast. Auch wenn es die beiden Hauptdarsteller sind, deren Spiel die Zuschauer am meisten in den Bann zieht, so macht doch die grandiose Leistung des gesamten Ensembles diesen Theaterabend einzigartig. Eine Besonderheit der Inszenierung ist, dass sich alle Darsteller ständig auf der Bühne befinden. Wenn sie nicht in der jeweiligen Szene mitwirken (wie etwa als Fans während eines Eishockeyspiels), sitzen sie mit abgewandten Rücken zu den jeweils handelnden Akteuren oder beobachten das Geschehen und kommentieren es vereinzelt.
Matthias Winkler erweist sich als ideenreich, was das Bühnenbild betrifft. Gefällig und warm wirken die Indian-Summer-Farben im Hintergrund, pfiffig der Einsatz von verschiebbaren Treppen und wandelbaren Box-Konstruktionen. So wird im Handumdrehen aus einer Küchentheke oder einem Wohnzimmertisch ein Piano, aus einem Eishockey-Stadion eine Bibliothek oder eine Arztpraxis. Schon ein kleines Wunder, mit welch minimalen Mitteln sich so maximale Effekte auf der begrenzten Bühne des kleinen Theaters erzielen lassen.
Es ist eben auch die Begrenztheit des Raumes, die die Geschichte von “Love Story” so unmittelbar macht. Der Zuschauerraum des Grenzlandtheaters fühlt sich eher wie ein Wohnzimmer als ein Theatersaal an. Genau diese intime Atmosphäre braucht dieses Stück. “Love Story” ist nichts für ein großes Haus – es ist ein Kammermusical, das für solch ein kleines Theater wie geschaffen scheint.
Begleitet wird das Geschehen auf der Bühne von wunderschönen Balladen und leisen Melodien, die sehr streicherlastig sind. Neben einem Streich-Quintett – bestehend aus zwei Violinen (Enis Hotaj, Lilia Kirkov), Viola (Katarzyna Gasztecka), Cello (Cosima Streich) und Kontrabass (Johannes Vos) – ergänzen ein Klavier (Damian Omansen/Gero Körner) und eine Gitarre (Christian Winter) die Band unter der Leitung von Damian Omansen. Reine Schauspielszenen dominieren das Stück allerdings und wenn dann doch gesungen wird, wirken die oft getragenen Melodien meist wie eine dezente Hintergrundbegleitung.
Die Choreografie wirkt unaufdringlich und kann mit einigen Highlights (z.B. während der “Pasta”-Szene) und interessanten Ideen (Einsatz von Jonglier-Bällen) aufwarten. Auch die Kostüme passen wunderbar zu Wiggers‘ moderner Inszenierung und den jeweiligen Figuren (z.B. die stilvollen, schlichten Anzüge von Oliver Barrett IV. und die flippige Kleid/Lederjacke-Kombi von Jennifer).
Wer sich auf ein interessantes und intensives Stück fernab von Mainstream-Musical einlassen kann, wird von “Love Story” in Aachen begeistert sein. Als Zuschauer erlebt man ein Wechselbad der Gefühle, verlässt das Theater aber trotz der eigentlich tragischen Geschichte doch positiv gestimmt – ein sicheres Zeichen dafür, dass die Hauptaussage von Wiggers‘ Inszenierung auf fruchtbaren Boden gefallen ist: Am Ende zählt nicht die Summe der Jahre, die man hat, sondern dass man möglichst viel aus der Zeit gemacht, bleibende Erinnerungen geschaffen und intensiv gelebt hat.
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KREATIVTEAM |
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Regie | Ulrich Wiggers |
Musikalische Leitung | Damian Omansen |
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CAST (AKTUELL) |
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Jenny Cavilleri | Madeleine Lauw |
Oliver Barrett IV | Christian Fröhlich |
Phil Cavilleri | Gido Schimanski |
Alison Barrett | Ilka Sehnert |
Jennys Mutter | Sophie Blümel |
Oliver Barrett III | Gernot Schmidt |
Ensemble | Karsten Kenzel Luciano Mercoli Nicolai Schwab |
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GALERIE |
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TERMINE |
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