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Klassisch, aber ganz und gar nicht verstaubt kommt Cusch Jungs “My Fair Lady” am Pfalztheater Kaiserlautern daher. Den nahezu totgespielten Klassiker entstaubt der Regisseur durch exzellentes Timing und eine großartige Besetzung. Julia Klotz, Gewinnerin des Deutschen Musical-Theater-Preises 2015, spielt eine facettenreiche und urkomische Eliza.
Ein Gespenst geht um in den deutschen Stadttheatern – so denkt man hin und wieder, wenn man den Titel “My Fair Lady” auf den Spielplänen prangen sieht. Die Geschichte des Londoner Blumenmädchens, das durch Sprachtraining zur Dame der gehobenen Gesellschaft wird, sorgt für eine gute Auslastung an den Theaterkassen. Eine harmlose Romantikkomödie mit zahlreichen Evergreens – zuverlässig, aber spannend ist anders.
Wem diese Gedanken durch den Kopf gehen, der kann sich am Pfalztheater Kaiserslautern eines Besseren belehren lassen. Cusch Jung, der an diesem Haus seine Karriere begann, inszeniert die neue Kaiserslauterner “My Fair Lady” nicht nur, er übernimmt zudem alternierend die Rolle des Professor Higgins.
Christoph Weyers’ Drehbühne, die größere Bildwechsel unnötig macht, erinnert in ihrer schlichten Eleganz an die Glas-Stahl-Konstruktionen des ausgehenden 19. Jahrhunderts – ein direkter Bezug auf die Floral Hall des Londoner Royal Opera House, vor dem die erste Szene spielt. Im Gegensatz dazu sind die Kostüme von Sven Bindseil eine üppige Augenweide mit Strass und Federn und setzen die Darsteller gekonnt in Szene. Dass Cusch, langjähriges Ensemble-Mitglied des Berliner Theaters des Westens, sein Augenmerk vor allem auf den Text und die Darsteller lenkt, ist zu keinem Augenblick des Stückes zu übersehen. Wie aus der Pistole schießen den Zuschauern die Pointen um die Ohren, immer wieder streut er kleinere Zoten und bekannte Zitate, etwa Loriots “Ja, wo laufen sie denn?” beim Pferderennen in Ascot, ein. Zum besonderen Höhepunkt werden die Schlagabtausche während Elizas Artikulationsübungen, nicht zuletzt wegen der brillanten Hauptdarsteller.
Julia Klotz, die erst kürzlich für ihre Madame de Tourvel in “Gefährliche Liebschaften” als beste Darstellerin mit dem Deutschen Musical Theater Preis 2015 ausgezeichnet wurde, gibt eine rundum überzeugende Eliza Doolittle. Klotz meistert in breitestem Berlinerisch und mit schroff-trampeliger Art das ungebildete Blumenmädchen ebenso wie die zartgliedrige Fürstin des Botschafterballs. Mit klassischer Sopranstimme macht sich Klotz das berühmte “Ich hätt’ getanzt heut Nacht” ebenso zu eigen wie das trotzige “Tu’s doch”. Lediglich die erste Nummer “Wäre det nich wundascheen” würde man sich weniger perfekt intoniert wünschen.
Jan Henning Kraus, der alternierend mit Cusch Jung den Henry Higgins oder Oberst Pickering gibt, sorgte am Abend des Besuchs als Higgins für einige angenehme darstellerische Überraschungen. Den Linguistikprofessor und überzeugten Junggesellen legt Kraus sehr jungenhaft an. Sein Zusammenspiel zwischen Kraus und Klotz wird zu einem grandiosen Schlagabtausch auf Augenhöhe. Auch mit dem gewohnten Sprechgesang bricht Kraus weitestgehend und ringt mit angenehm sanfter Stimme seinen Soli neue Aspekte ab.
Im ausgezeichneten Ensemble fallen Alexis Wagner als lustvoller Oberst Pickering, Adrienn Čunka als bieder-liebevolle Mrs. Pearce und Daniel Kim als schwärmerisch-lyrischer Freddy Eynsford-Hill positiv auf. Lediglich Thomas Kollhoff fällt es schwer, als Alfred P. Doolittle einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Ein fulminanter Theaterabend geht zu Ende, wenn Eliza in Begleitung von Freddy in Higgins’ Bibliothek zurückkehrt. Regisseur Cusch Jung lässt offen, welchen der beiden Männer seine Eliza letztlich wählen wird – vielleicht in Anlehnung an die Vorlage “Pygmalion” von George Bernard Shaw, wo Eliza schlussendlich Freddy heiratet. Diese “My Fair Lady” liefert den Beweis, dass selbst ein in die Jahre gekommener Klassiker durch solides Regiehandwerk und ein spielfreudiges Ensemble so jung und frech wirken kann wie am ersten Tag.
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Rodrigo Tomillo |
Inszenierung, Choreographie | Cusch Jung |
Bühne | Christoph Weyers |
Kostüme | Sven Bindseil |
Chor | Johannes Köhler |
Dramaturgie | Tanja Hermann |
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CAST (AKTUELL) |
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Eiliza Doolittle | Julia Klotz |
Professor Henry Higgins | Cusch Jung Jan Henning Kraus |
Alfred P. Doolittle | Thomas Kollhoff |
Colonel Hugh Pickering | Jan Henning Kraus Alexis Wagner |
Mrs. Higgins | Geertje Nissen |
Mrs. Pearce | Adrienn Cunka |
Freddy Eynsford-Hill | Daniel Böhm Daniel Kim |
Mrs. Eynsford-Hill | Dominique Engler |
Zoltan Karpathy | Peter Floch |
Harry | Peter Floch |
Jamie | Daniel Ewald |
Wirt | Miroslav Maj |
Mrs. Hopkins | Naomi Schäfer (Hibi) |
Lady Boxington | Marta Terék |
Lord Boxington | Hubertus Bohrer |
Prinz von Transylvanien | Kei Tanaka |
Vier Obsthändler | Bernhard Schreurs Jung-Baik Seok Hae Sung Park Radoslaw Wielgus |
König | Peter Floch |
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