Fünf Jahre Liebes-Auf-und-Ab im Smartphone-Zeitalter. Originell inszeniert von Laurent Martin, mit einer überragenden Gwendolyn Kuhlmann als Cathy und einer großartigen Drei-Mann-Band.
Es beginnt mit einer freudigen SMS von Cathy – für die Zuschauer an den übergroßen Smartphone-Schirm neben der Bühne projiziert. Sie möchte Jamie mitteilen, dass ihre lange stagnierende Bühnenkarriere endlich vor dem Durchbruch steht. Doch Jamie findet, sie sollten keinen Kontakt mehr haben. Das traurige Ende von dem, was einmal die ganz große Liebe war.
Während Cathy die zerbrochene Beziehung rückwärts Revue passieren lässt und Jamie die Geschichte chronologisch aufarbeitet, ist der Bildschirm ständiger Begleiter: vom Tinder-Swipe beim ersten Date über die Google-Suche nach günstigen Paartherapeuten bis zum ernüchternden Ändern des Beziehungsstatus auf “single”. Eine wirklich schöne, originelle Idee, die auch als kleine Orientierungshilfe für diejenigen im Publikum dient, die im Wechsel vom Rückspul- und Vorwärtsmodus ein wenig den Überblick verlieren. Auch inhaltlich ist der Blick auf den Bildschirm eine Bereicherung. Regisseur Laurent Martin (der auch den Part des Jamie übernimmt) hätte das Kommunikations-Stilmittel sogar noch konsequenter einsetzen können, um so noch mehr Details aus der Beziehungskiste herauszukitzeln. (Witziges Schmankerl am Rande: Das Programmheft verweist noch auf die Instagram-Accounts von @cathy_hiatt und @jamie_wellerstein, die ein paar Social-Media-typische Einblicke in den Alltag der beiden geben. Bei soviel Liebe zum Detail ist es eigentlich schade, dass das nicht in die Aufführung selbst mit eingebunden wurde.)
Der Projektions-Schirm ist das Highlight der Ausstattung, die ansonsten schlicht, aber passend zum Stück daherkommt. Die Bühne wird durch Mobiliar-Umstellungen mal zur Wohnung, mal zum Restaurant, mal wird kurzerhand mit einem Stuhl eine Autofahrt skizziert. Die Außen-Szenen werden vor dem roten Bühnenvorhang gespielt. Die dreiköpfige Band (Klavier, Bass / Gitarre, Geige) unter Leitung von Pianist Symeon Ioannidis findet neben den vorderen Zuschauerreihen Platz und setzt Jason Robert Browns Partitur ganz wunderbar und tadellos um. Besonders die Geigen-Arrangements bleiben nachdrücklich im Ohr.
Für die großen emotionalen Momente auf der intimen Studiobühne sorgt in erster Linie Gwendolyn Kuhlmann als Cathy, die gleich mit ihrem Auftaktsong “I’m Still Hurting” die Sympathien auf ihrer Seite hat und diese auch nie verliert. Mit ihrer klangschönen, klassisch ausgebildeten Mezzosopran-Stimme meistert sie die nicht ganz einfachen Songs des komplett durchkomponierten Stücks scheinbar mühelos und lebt die Beziehungshochs und -tiefs stets glaubhaft aus. Dass sie neben Herzschmerz auch ein Talent für Komik hat, beweist sie während der Auditioning-Sequenz “Climbing Uphill”: Spätestens beim kleinen Seitenhieb auf den “Les Mis”-Film (“Why am I working so hard? These are the people who cast Russell Crowe in a musical, Jesus Christ!”) krümmt sich das Publikum vor Lachen.
Ihr Bühnenpartner Laurent Martin hat es da deutlich schwerer. Martin hat eine schöne, warme Stimmfarbe, die besonders bei den ruhigen Nummern gut zur Geltung kommt, ist aber in den Höhen und Tiefen nicht immer tonsicher und hat Schwierigkeiten mit dem Timing. Es mag Regie-Intention sein, aber Jamie ist in dieser Inszenierung des Zwei-Personen-Dramas nie wirklich Sympathieträger. Ob gewollt oder nicht – dadurch verliert das Stück etwas an der ausgeglichenen Balance, die eigentlich das Fundament von “The Last Five Years” ist.
Gerade auch deshalb bekommt Cathys SMS am Anfang noch mehr Bedeutung: Denn auch wenn ihre Beziehung zu Jamie nach fünf Jahren am Ende ist, scheint ihre Karriere endlich zu florieren. Nach all den Rückschlägen, die sie während des Stücks einstecken musste, und den endlosen Sommermonaten auf Provinzbühnen in Ohio zumindest ein kleines Happy End, das man ihr von ganzem Herzen gönnt.
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