Gemma Arteron (Mitte) & Ensemble © Manuel Harlan
Gemma Arteron (Mitte) & Ensemble © Manuel Harlan

Made in Dagenham (2014 - 2015)
Adelphi Theatre, London

Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Nach einer etwa halbjährigen Spielzeit schließt das Musical über den Arbeiterinnenaufstand in einem britischen Ford-Werk bereits seine Pforten. Ob die Thematik schlicht “zu britisch” für das Touristenmekka West End oder der Markt für neue Musicals – laut Aussage der Macher – tatsächlich gesättigt ist, sei dahingestellt. Auf der Bühne geboten wird eine unterhaltsame Show mit guten Darstellern, die leider etwas an der Eintönigkeit der Musik leidet.

“Made in Dagenham” von Regisseur Rupert Goold liegt eine wahre Begebenheit und ein sehr britisches Thema zugrunde. Es handelt vom Aufstand einiger Näherinnen, die in den Ford-Werken in Dagenham, im Osten Londons, für ihr Recht auf gleiche Bezahlung kämpfen.

Die Ford-Aufsichtsräte beschließen Ende der 60er Jahre ein neues System der Entlohnung für ihre Arbeiterinnen, welches diese nunmehr von Fachkräften zu “ungelernten” Mitarbeitern degradiert. Der Großteil der männlichen Belegschaft stimmt diesem zu, die Frauen hingegen setzen sich dagegen zur Wehr. Durch ihren Streik gelingt es ihnen, die komplette Produktion des gerade auf den Markt kommenden Ford Cortina zu stoppen und dadurch 1970 den “Equal Pay Act” – die monetäre Gleichstellung von Männern und Frauen – für ganz Großbritannien zu erzwingen.

Dieses ernste Thema wird im Musical sehr unterhaltsam, mit viel Augenzwinkern und sehr bissigen Lyrics präsentiert. Dies wird schon beim Opening-Song “Busy Woman” mehr als deutlich, wenn die Frauen an ihrem Arbeitsplatz vorgestellt werden und auf herrlich vulgäre Art und Weise und viel “Essex accent” die britische Arbeiterklasse der damaligen Zeit persiflieren.

Protagonistin Rita O’Grady (dargestellt von Gemma Arterton) wird kurzerhand zur Sprecherin der Frauen ernannt, beginnt sich im Laufe des Stückes zu emanzipieren und führt die Ladys durch den harten Streik, der am Ende zu einem Sieg für die Frauenrechte führt. Die Film- und Fernsehschauspielerin (bekannt als Bond-Girl in “Ein Quantum Trost” oder aus “Prince of Persia – Der Sand der Zeit”) hat keine herausragenden Sangeskünste vorzuweisen, was jedoch erstaunlicherweise nicht stört, da sie entweder durch Mitglieder des Ensembles buchstäblich “ge”stützt wird oder durch ihr starkes Spiel das fehlende Gesangstalent wettmacht. Arterton hat viel Ausdruck in ihrer Mimik (weshalb sich ein Sitzplatz in den vorderen Reihen des Parketts besonders lohnt) und bringt die Leiden der jungen Frau, die ihren Mann und ihre Familie für die “gute Sache” vernachlässigen muss glaubhaft rüber. Besonders in ihrer finalen Rede (“Stand Up”) erkennt man das Talent der Schauspielerin, die sich in dieser Szene selbst in Rage redet.

Ihr zur Seite stehen talentierte Charakterdarsteller, die allesamt ihre skurrilen, liebevolle Rollen gekonnt mit Leben füllen. Allen voran ist Adrian Der Gregorian als Eddie O’Grady zu nennen, der mit dem Song “The Letter” für den gesanglichen Höhepunkt der Show sorgt. Das Lied – mit dem er ausdrückt, wie sehr er seine Frau vermisst und dass er ohne sie nicht zurande kommt – sorgt für Gänsehaut-Stimmung und eine willkommene Abwechslung vom sonst doch eher “Feelgood-Song”-geprägten Score von David Arnold. Dieser hat fast durchwegs Uptempo-Ensemble-Nummern parat (“Made in Dagenham”/”Everybody Out”), die zwar zur Handlung passen, aber nicht im Gedächtnis hängen bleiben und sehr beliebig sind.

Etwas aus dem Rahmen fällt dabei “This Is America” (gesungen von Steve Furst als Robert Tooley, dem Repräsentanten der Ford-Werke aus den USA), das großartig und aufgrund des auf die Bühne fahrenden Ford Cortina etwas an “The American Dream” aus Miss Saigon erinnernd inszeniert ist. Hierbei fallen nachdrücklich die pointierten Songtexte auf, für die Richard Thomas verantwortlich zeichnet, der bereits “Jerry Springer – The Opera” als Autor unterstützte. Zusammen mit dem amüsanten Buch von Richard Bean entsteht so oftmals ein Wortwitz, der zwar derbe aber sehr sympathisch über die Rampe kommt. Sophie Stanton als ständig rauchende und fluchende Beryl hat daher in ihrer sympathiebehafteten Rolle leichtes Spiel, denn sie hat die meisten Lacher auf ihrer Seite und erhält – aufgrund ihres komödiantischen Talentes – neben Gemma Arterton den meisten Applaus.

Das Bühnenbild von Bunny Christie ist detail- und einfallsreich. Bestehend aus einem Rahmen, der an einen Modellautobausatz erinnert, und einigen verschiebbaren Elementen, die beispielsweise die Wohnung der O’Gradys darstellen, gelingen Übergänge hier fließend. Ein Highlight: das in zwei Ebenen über den Köpfen der Schauspieler rotierende Fließband für die Herstellung der Autositze.

Das Musical schließt nach einer nicht einmal halbjährigen Spielzeit im Londoner West End am 11. April 2015. Offizielle Begründung der Veranstalter ist die Schwierigkeit, die neue britische Musicals auf dem heutigen Markt – der von Klassikern und Revivals beherrscht wird – zu haben scheinen. Derzeit wird eine Tour-Produktion in Erwägung gezogen, was dem Musical gut zu Gesicht stünde. Geboten wird hier nämlich eine kleine, witzige Inszenierung, die mit der ein oder anderen musikalischen Überarbeitung sicher eine solide Tournee-Basis darstellt.

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
MusikDavid Arnold
TextRichard Thomas
BuchRichard Bean
InszenierungRupert Goold
ChoreographieAletta Collins
Bühnenbild / KostümeBunny Christie
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
Rita O'GradyGemma Arterton
Eddie O'GradyAdrian Der Gregorian
ConnieIsla Blair
MontyDavid Cardy
Mr. TooleySteve Furst
Harold WilsonMark Hadfield
Barbara CastleSophie-Louise Dann
BerylSophie Stanton
ClareHeather Craney
SandraSophie Isaacs
Mr. HopkinsJulius D'Silva
Lisa HopkinsNaomi Frederick
EnsembleNaana Agyei-Ampadu
Thomas Aldridge
Kate Coysten
Christopher Howell
Scott Garnham
Ian Jervis
Paul Kemble
Emma Lindars
Jo Napthine
Tracey Penn
Gemma Salter
Gareth Snook
Rachel Spurrell
Emily Squibb
Karli Vale
Rene Zagger
  
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
keine aktuellen Termine
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE (HISTORY)
Do, 09.10.2014 19:30Adelphi Theatre, LondonPreview
Fr, 10.10.2014 19:30Adelphi Theatre, LondonPreview
Sa, 11.10.2014 19:30Adelphi Theatre, LondonPreview
▼ 197 weitere Termine einblenden (bis 11.04.2015) ▼
Zur Zeit steht die Funktion 'Leserbewertung' noch nicht (wieder) zur Verfügung. Wir arbeiten daran, dass das bald wieder möglich wird.
Overlay