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Unterm vollgemüllten Brückenträger (Bühnenbild: Siegfried E. Mayer) erzählt Roland Hüve die gewalttätigen Differenzen zwischen Jets und Sharks zunächst recht behäbig. Wenn das Drama im zweiten Akt seinen Lauf nimmt, stimmt auch die Inszenierung. Andrea Danae Kingstons Choreografien und tolle Solisten führen den Abend schließlich – vom Premieren-Publikum frenetisch gefeiert – zum Erfolg. Eine Entdeckung: Regine Isabella Sturm als Maria.
Kennenlernspiel zur Gewaltprävention. „Wenn dein Schatz nicht da ist, tanz‘ mit dem, der nah ist”, ruft das überdrehte Guildo Horn-Double (Vladimir Marinov als Glad Hand) mit breitem Grinsen. Selbstverständlich fruchten die Albernheiten des – wie ein Ferienclub-Animateur wirkenden – Sozialarbeiters nicht. Wie dressiert kreisen Jets und Sharks für nur wenige Takte im Polka-Rhythmus, um dann wieder ihre eigenen, modernen Bewegungslinien zu finden und aufeinander loszugehen.
Auch wenn Ausstatter Siegfried E. Mayer die Jugendlichen in Jeans, T-Shirts und Lederwesten steckt, und die Romeo- und Julia-Geschichte um zwei rivalisierende Gangs damit auch optisch brandaktuell ist: Bis zur Pause versprüht Roland Hüves Inszenierung immer wieder harmlos operettigen Charme. Schlimm, wenn zum Beispiel die Mitglieder des Opernchores im rasanten „America” in adretter Fundus-Kleidung einmarschieren um powackelnd und armschwenkend die Szene zu beobachten. Traurig, wenn Róbert Tóth (Doc) und Georgi Darbaidze (Krupke) profillos und brav ihre Texte aufsagen, oder Tony Eis schleckend zum Kampf zwischen Diesel und Bernardo auf die Bühne spaziert.
Fragwürdig auch die Zeichnung der Jets, die in Hüves Inszenierung wie eine harmlose, geistig unreife Gruppe pubertierender Jünglinge wirkt, die ihre Kräfte messen wollen. Da kann Sebastian Krolik (Riff) noch so toll singen. Es bleibt völlig unverständlich, warum ausgerechnet ein netter Junge im Kapuzenpulli Anführer der Jets ist. Sein Shark-Pendant ist mit Vladimir Korneev als knallharter Macho-Gockel Bernardo auf den Punkt genau besetzt. Auch überzeugt Korneev mit seinem starken Gesang.
Nach der Pause geschieht ein kleines Wunder. Aus der Inszenierung verschwindet der Muff und Hüve findet eine gute Balance zwischen Komik und Drama, seine Figuren gewinnen an Profil. Dabei gelingen zwei tolle Showstopper: „I feel pretty” mit einem turbulent ausgespielten Schönheitssalon und „Hey, officer Krupke”, in dem Gerrit Hericks (Action), Manuel Dengler (A-Rab) und vor allem Thomas Burger (Baby John) brillieren.
Ein wahrer Hingucker ist das Einheitsbühnenbild von Siegfried E. Mayer: Schräg über die Bühne verläuft eine begehbare, sich nach rechts absenkende Stahlbrückenkonstruktion, unter der das Drama seinen Lauf nimmt. Wunderbar, wie Andrea Danae Kingston diesen beengten Raum für ihre kraftvoll-aggressiven Choreografien nutzt. Tänzerisch ist die „West Side Story” in Bremerhaven eine Wucht.
Auch wenn die Musik am Anfang etwas weichgespült aus dem Orchestergraben schwappt: Ido Arad (musikalische Leitung) lässt im Laufe des Abends das Philharmonische Orchester zu Höchstform auflaufen und entlockt den Musikern einen satten und jazzigen Sound. Bernstein wäre entzückt.
Ein Glücksfall für die Produktion sind auch die drei Darsteller der Hauptpartien: Dorothea Maria Müller ist eine heißblütige Anita, die mit ihrem warmen Mezzo berührt. Bei „A boy like this” singt sie ihren ganzen Schmerz heraus – ein wahrer Gänsehaut-Moment. Raphael Pauß (Tony) agiert zwar etwas hölzern, singt den heißverliebten Jet allerdings bis in den höchsten Ton von „Maria” mit sicher geführtem Tenor. Der wahre Star des Abends ist allerdings Regine Isabella Sturm, die als Maria zum Niederknien toll ist: Ihr lyrischer Sopran gleitet mühelos durch die Partitur, sie wandelt sich glaubhaft vom naiven Backfisch zum zutiefst verletzten Racheengel. Wenn Sturm im Finale die Pistole aufs Ensemble richtet, glaubt man, sie laufe gleich Amok. Jetzt ist die „West Side Story” alles andere als leichte Kost. Frenetischer Jubel am Premierenabend.
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Ido Arad |
Inszenierung | Roland Hüve |
Ausstattung | Siegfried E. Mayer |
Choreographie | Andrea Danae Kingston |
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CAST (AKTUELL) |
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Maria | Regine Sturm Franziska Krötenheerdt | |||
Tony | Raphael Pauß Martin Pasching | |||
Anita | Dorothea Maria Müller | |||
Riff | Sebastian Krolik | |||
Action | Gerrit Hericks | |||
Baby John | Thomas Burger | |||
A-Rab | Manuel Dengler Noah Wili | |||
Diesel | Volodymyr Fomenko | |||
Big Deal | Oleksandr Shyryaev | |||
Snowboy / Gee-Tar / Mouthpiece | Andre Albrecht Viktor Albrecht Paetrick Stroinski | |||
Anybodys | Sandra Pangl | |||
Graziella | Lidia Melnikova | |||
Velma | Cristina Commisso | |||
Bernardo | Vladimir Korneev | |||
Chino | Emanuel Kasprowicz | |||
Rosalia | Iris Wemme | |||
Consuela | Laura Pohl | |||
Francisca | Brigitte Rickmann | |||
Pepe | Shang-Jen Yuan | |||
Indio | Joshua Limmer | |||
Luis / Nibbles / Juano | Martin Streuber Michael Streuber Marcel Pietruch | |||
Teresita | Jessica De Fanti Teoli | |||
Margarita | Louisa Poletti | |||
Estella | Maria Hoshi | |||
Doc | Róbert Tóth | |||
Schrank | Christoph Finger | |||
Krupke | Georgi Darbaidze | |||
Glad Hand | Vladimir Marinov | |||
Opernchor des Stadttheaters Bremerhaven | ||||
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Ballett des Stadttheaters Bremerhaven | ||||
Philharmonisches Orchester Bremerhaven |
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GALERIE |
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