Helen Schneider, Ensemble © Bernd Böhner
Helen Schneider, Ensemble © Bernd Böhner
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

“Träume aus Licht” – das Mantra der Hollywood Diva Norma Desmond findet sich nicht nur im Libretto, sondern auch auf der Bühne der Fürther “Sunset Boulevard”-Inszenierung immer wieder.
Dabei machen ein geschicktes Bühnenbild, tolle Musik und starke Darsteller diesen Ausflug in das Haifischbecken Hollywoods tourneetauglich.

Tourneeproduktionen leiden oftmals darunter, dass es viele Spielorte gibt und die Inszenierung sich den ständig wechselnden Bühnen-Gegebenheiten anpassen muss. Dass dies aber auch hervorragend funktionieren kann, zeigt Regisseur Gil Mehmert mit seiner aktuellen Version von “Sunset Boulevard”. Tatsächlich schafft er es mit seiner Inszenierung und der Ausstattung von Heike Meixner sogar, die beschränkten Möglichkeiten in eine Stärke zu verwandeln. So stellt beispielsweise jedes Ensemble-Mitglied ein Teil von Norma Desmonds Wagen dar, in einer anderen Szene hält jeder Akteur ein Bild von Norma in der Hand. Was im ersten Moment vielleicht etwas absurd klingt, funktioniert wunderbar. Außerdem wird der geringe Platz auf der Bühne durch viele bespielbare Ebenen mit einer Gerüstkonstruktion optisch vergrößert.

Zudem wird auf wandelbare Bühnenelemente gesetzt: Der kreisrunde Mittelpunkt kann zur Filmbühne werden, aber genauso als Sofa oder Tanzbar fungieren. Besonders gelungen sind die Schattenspiele, die immer wieder eingebracht werden: Hinter einem großen Fenster in der hinteren Bühnenmitte sieht man Norma um ihren Affen trauernd oder die Silvesterparty am Ende des ersten Aktes aus einer ganz anderen Perspektive. Auch die Kostüme fügen sich sehr gut in das Gesamtbild ein.

Durch die Story rückblickend führt der Drehbuchautor Joe Gillis – Oliver Arno zeichnet ihn als arroganten Schnösel, aber auch als verletzlichen Schreiberling und zieht dabei schon bei seinem ersten Auftritt als Erzähler mit viel Charisma die Aufmerksamkeit auf sich. Ihm liegen die ruhigeren Erzählparts genauso wie die Stellen, an denen er selbst im Geschehen aktiv wird. Dabei singt er sich absolut sicher durch die anspruchsvollen Gesangstexte. Ganz besonders blüht er jedoch im zweiten Akt auf, schreit manche Passagen regelrecht ins Publikum und transportiert so enorm viel Emotion. Die Wandlung des Charakters innerhalb eines Jahres wird überdeutlich, lebendig und greifbar. Wenn der finale Schuss auf ihn fällt, ist es merklich leise im Zuschauerraum.

Seine Interpretation des Joe lebt aber auch von einem starken Gegenüber: Cornelia Drese spielt die alternde, exzentrische Film-Diva unheimlich authentisch. Zusammen mit Arno ergibt sich daraus eine starke Dynamik. Ihr voller Sopran füllt das Theater – mal ist sie aufgebracht, mal verträumt, mal tieftraurig und schlussendlich verfällt sie in einen Wahnsinn, der nahezu Angst einflößt. Sie meistert ein wahres Wechselbad der Gefühle, bleibt dabei aber immer glaubhaft und verleiht dem Charakter eine tolle Komplexität. Wenn Drese die Bühne betritt, dann gehört ihr diese komplett. Auch ihre sehr eigene Liebe zu Joe spielt sie berührend und mitreißend. Das ungleiche Paar geben Arno und Drese großartig ab, ihr Zusammenspiel ist dynamisch und die Szenen, in denen sie gemeinsam agieren, kommen ganz besonders eindringlich daher.

Ebenso hervorragend besetzt ist aber auch Max von Mayerling (Hardy Rudolz). Sein warmer Bariton singt sich sehr gefühlvoll durch seine Parts; er spielt einer von der Liebe zu Norma nahezu besessenen Ex-Mann, der seine gefallene Diva um jeden Preis vor Schlimmerem bewahren will. Großes Theater ist auch der Moment, in dem er Joe seine wahre Identität enthüllt und sein Schauspiel nahezu in Bitterkeit umschlägt.

Das komplette Ensemble singt sich mit viel Energie durch die Ensemblenummern und legt Spielfreude an den Tag, die begeistert. Jede Nebenrolle wird dadurch etwas besonderes und es macht Spaß, die Darsteller auf der Bühne zu beobachten.
[BILD:17]
Musikalisch in Szene gesetzt wird das Musical-Drama von dem Sinfonieorchester des Bolschoi Opern- und Ballett-Theater der Republik Belarus unter der Leitung von Heiko Lippmann. Der Aufwand, solch ein großes Orchester auch auf einer Tournee einzubinden, hat sich gelohnt: Die Melodien von Webber klingen satt, an manchen Stellen fühlt man sich wie im Kinosaal, so dicht ist die an Filmmusik angelehnte Atmosphäre.

“Sunset Boulevard” auf Tournee ist definitiv keine abgespeckte Sparversion – hier gibt es für oftmals kleines Geld einen groß inszenierten Hollywood-Thriller mit satter musikalischer Untermalung und einer starken Besetzung, die wie ein Puzzle ineinandergreift. Manches Mal fühlt sich dieser Musicalabend schon fast mehr nach einem Kinobesuch an und dies zeigt eindeutig, wie gut diese Inszenierung es schafft, in die schöne Schweinwelt Hollywoods zu entführen.
[BILD:15]

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
Musikalische LeitungHeiko Lippmann
RegieGil Mehmert
ChoreografieMelissa King
AusstattungHeike Meixner
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
Norma DesmondHelen Schneider
Cornelia Drese
Joe GillisOliver Arno,
(Robert D. Marx)
Betty SchaeferJulia Lißel
Max von MayerlingHardy Rudolz,
(Reinhard Brussmann)
Cecil B. DeMille, Sheldrake u.a.Reinhard Brussmann,
(Claus Dam)
Manfred, Myron u.a.Claus Dam
Artie GreenManuel Mairhofer
EnsembleMandy-Marie Mahrenholz
Alice Hanimyan
Nadja Weise
Ulrike Figgener
Anna Preckeler
Antonia Welke
Arne David
Adrian Hochstrasser
Johannes Kiesler
Marco Herse Foti
Christian Stadlhofer
Andreas Gräbe
  
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
keine aktuellen Termine
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE (HISTORY)
Fr, 17.10.2014 19:30Stadttheater, FürthPremiere
Sa, 18.10.2014 19:30Stadttheater, Fürth
So, 19.10.2014 19:30Stadttheater, Fürth
▼ 65 weitere Termine einblenden (bis 31.12.2014) ▼
Zur Zeit steht die Funktion 'Leserbewertung' noch nicht (wieder) zur Verfügung. Wir arbeiten daran, dass das bald wieder möglich wird.
Overlay