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KURZBEWERTUNG |
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Hochhausschluchten aus Blech, Bandenkriege und eine zarte Romanze. Cusch Jung inszeniert “West Side Story” in Kaiserslautern mit Gespür für Stimmungen und Bilder. Doch der Mut zur klaren Linie fehlt.
Eine Wand aus Blech, an ihr lehnen Halbstarke in Lederjacken, Jeans und weißen T-Shirts. Mit den ersten Tönen der Ouvertüre setzen sich die Jets in Bewegung. Die Blechfront wird zum Instrument aufgestauter, wütender Energie. Die Jugendlichen werfen sich gegen sie, klettern an ihr entlang, schlagen mit den Fäusten auf sie ein. Bereits das erste Bild der Kaiserslauterner Inszenierung von Leonard Bernsteins “West Side Story” zeigt die Idee von Regisseur Cusch Jung: keine klassischen Backsteinfassaden und Feuerleitern nur, wenn nötig.
Gerade bei einem Klassiker wie “West Side Story”, der durch die tourende Originalproduktion und die ikonische Verfilmung von Robert Wise und Jerome Robbins mit bestimmten Bildern verknüpft ist, fällt es schwer, sich von den Vorlagen zu lösen. Der Weg, den Cusch Jung im Pfalztheater gehen will, ist ein mehr oder minder goldener Mittelweg: so viel Neuschöpfung wie möglich, so viel Wiedererkennungswert wie nötig.
Die stimmungsvolle Bühne von Karin Fritz setzt optisch auf strenge Formen. Lochblechcontainer rollen über die Bühne und schaffen Hochhausschluchten, zwischen denen sich die Jets und die Sharks ihre Straßenschlachten liefern. Neonröhren tauchen die Hinterhöfe in dämmeriges Licht. Die Hebebühne schafft immer wieder mehrere Räume für parallele Handlungen. Ein klarer Kontrast zu den 50er-Jahre-Kostümen von Aleksandra Kica, die wieder den Schulterschluss mit der Filmfassung suchen: weiß für Maria, Anzug und Krawatte für Bernardo und die Sharks, James-Dean-Look für die Jets und bunte Petticoats für die Damen.
Das Orchester des Pfalztheaters bringt die Melodien von Leonard Bernstein zu ihrer vollen Geltung. Unter der Leitung von Markus Bieringer wirkt die Partitur zu jedem Zeitpunkt beschwingt, frisch und voll – bei der Dichte von Evergreens, die “West Side Story” mit sich bringt, eine beeindruckende Leistung.
Geschmackssache bleibt hingegen der Umgang mit dem englischen Original. Zwar kann die deutsche Übersetzung von Frank Tannhäuser und Nico Rabenald gerade bei Sondheims Liedtexten nur als gelungen bezeichnet werden, doch Cusch lässt immer wieder einzelne Strophen und Refrains der berühmten Lieder im englischen Original singen. Der Bruch zwischen deutscher und englischer Fassung geschieht dabei immer unvermittelt. Ein Konzept für die Zweisprachigkeit, wie in der jüngsten Broadway-Fassung des Stückes, in der die Sharks Spanisch sangen, gibt es in Kaiserslautern scheinbar nicht.
Ein bisschen mehr Mut zum Bruch mit dem Original hätte man auch Choreograf Friedrich Bührer gewünscht. Immer wieder brechen die Anleihen an Jerome Robbins‘ ikonische Sprünge und Pirouetten durch, die aber ensemblebedingt weniger spektakulär und pfiffig als in der Vorlage daherkommen.
Nadine Stöneberg als Maria ist ein wahrer Glücksgriff: vorlaut gegenüber den Puerto-Ricanerinnen, sanft in den Liebesszenen, entschlossen und herzzerreißend an den dramatischen Stellen. Darüber hinaus bezaubert ihr glockenklarer Sopran, der Bernsteins Kompositionen in allerbester Weise zur Geltung bringt. Ihrem Bühnenpartner Martin Pasching hingegen bereiten die höheren Passagen einige Schwierigkeiten. Vor allem die Schlusstöne von “Maria” und “Tonight” wirken brüchig. Ansonsten weiß auch Pasching in der Rolle des Tony zu überzeugen. Mit Seitenscheitel und Karlheinz-Böhm-Gedächtnislächeln wirkt er wie das fleischgewordene Bild des 50er-Jahre-Traumschwiegersohns.
Auch die anderen Hauptrollen sind mit großartigen Darstellern besetzt: Randy Diamond spielt den Bernardo mit großer Geste und lateinamerikanischem Flair, Dominique Bals‘ Riff ist lässig und geschmeidig und Astrid Vosberg beherrscht die Bühne als Anita. Doch so gut alle drei ihre Rollen auch umsetzen, will einem doch nicht entgehen, dass sie alle fernab ihrer Teenagerjahre sind. Die Konstellation Stöneberg/Vosberg bei “A Boy Like That/I Have A Love” wirkt wie ein Streit zwischen Mutter und Tochter, nicht wie zwischen zwei Freundinnen. Natürlich ist es für ein Regionaltheater wie das Kaiserslauterner Pfalztheater nicht einfach, alle Rollen altersmäßig passend zu besetzen, doch talentierter Nachwuchs findet sich schon im eigenen Ensemble – etwa Natalie Forester, die in “America” als herrlich überdrehte Rosalie überzeugt, oder die Jets, die mit “Gee, Officer Krupke” die unterhaltsamste Nummer des Abends bieten.
Die Kaiserslauterner “West Side Story” will sie alle ansprechen: Traditionalisten, die “West Side Story” in englischer Sprache, Retro-Look und mit der bekannten Robbins-Choreographie sehen wollen; diejenigen, die gerne vertraute Gesichter auf der Bühne sehen und die Liedtexte auch ohne Übertitel verstehen möchten – und nicht zuletzt auch jene, die sich eine Neuinterpretation des Klassikers wünschen. Cusch Jung hätte besser daran getan, sich für einen der Wege zu entscheiden. Seine Inszenierung in Kaiserslautern ist zwar handwerklich wie schauspielerisch eine ausgezeichnete Leistung, doch die ständigen Brüche trüben das Gesamtbild.
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KREATIVTEAM |
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Idee | Jerome Robbins |
Buch | Arthur Laurents |
Musik | Leonard Bernstein |
Gesangstexte | Stephen Sondheim |
Deutsche Fassung | Frank Thannhäuser Nico Rabenald |
Musikalische Leitung | Markus Bieringer |
Inszenierung | Cusch Jung |
Choreographie | Friedrich Bührer |
Bühne | Karin Fritz |
Kostüme | Aleksandra Kica |
Dramaturgie | Andreas Bronkalla |
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CAST (AKTUELL) |
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Riff | Dominique Bals Eric Rentmeister |
Tony | Martin Pasching |
Action | Oliver Burkia |
A-Rab | Jan Henning Kraus |
Baby John | Denis M. Rudisch |
Snowboy | Chris Kobusch |
Big Deal | Richard Erben |
Diesel | Michael Ewig |
Graziella | Annette Potempa |
Velma | Yvonne Braschke |
Clarice | Bobby Bernstein |
Anybody’s | Elif Esmen |
Bernardo | Randy Diamond Vladimir Korneev |
Chino | Michal Dousa |
Pepe | Salvatore Nicolosi |
Luis | Riccardo Marchiori |
Anxious | Kei Tanaka Nicolò Giudice |
Maria | Nadine Stöneberg Monika Hügel |
Anita | Astrid Vosberg Katharina Schutza |
Rosalia | Natalie Forester |
Teresita | Aurore Nicolas |
Consuela | Katja Bach |
Francisca | Eleonore Turri |
Estella | Laure Courau |
Marguerita | Letizia Cirri Anna-Manja Larcher |
Doc | Henning Kohne |
Schrank | Thomas Kollhoff |
Glad Hand | Bernhard Schreurs |
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CAST (HISTORY) |
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Bernardo | Samuel Schürmann |
Snowboy | Daniel Ewald |
Diesel | Günther Fingerle |
Chino | Michael Ewig |
Pepe | Michal Dousa |
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GALERIE |
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TERMINE |
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TERMINE (HISTORY) |
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