© © Philipp Plum
© © Philipp Plum

Sarg niemals nie (2013 - 2018)
Neuköllner Oper, Berlin

Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Totgesagte leben länger. Wer des Rotierens der immer gleichen Großproduktions-Klone überdrüssig ist, der kommt beim in der Studiobühne der Neuköllner Oper uraufgeführten „Sarg niemals nie” voll auf seine Kosten: Ein überaus witziges Buch (Dominik Wagner), abwechslungsreiche Musik (Christoph Reuter, Cristin Claas) und eine Traum-Cast (Yvonne Greitzke, Patrik Cieslik, Tobias Licht) berauschen ebenso wie die auf der Bühne gerauchte Droge.

Davids Waffen im Kampf gegen die Billigkonkurrenten „Mac Sarg”, „Burgersarg” und „Sarkozie” heißen „Tøt”, „Sørg” und „Friedhøf”. Was sich wie aus dem Sortiment eines schwedischen Möbelgiganten anhört, hat dort auch seinen Ursprung: Mit schwarzem Klebebandkreuz und Griffen aus der Küchenabteilung veredelt, wird aus dem Billig-Schrank „Pax” ein hochwertiges Möbel für die letzte Reise.

Doch die zündende Idee zur Rettung des hochverschuldeten Familienbetriebes hat ausgerechnet Davids älterer Bruder, der überraschend aus Indien ins elterliche Bestattungshaus zurückkehrt, um sich sein gar nicht mehr vorhandenes Erbe auszahlen zu lassen: „Wir machen aus Asche Asche”, lautet Tims Vorschlag, denn die durch ein Missgeschick in eine Zigarette gelangten, verbrannten Überreste eines Kunden entfalten eine berauschende Wirkung. Der Wechsel ins Dealer-Gewerbe stößt beim Jüngeren zwar zunächst vor allem auf moralische Bedenken, doch die polnische Haushaltshilfe Dakmar kann den bis über beide Ohren in sie verknallten „Herrn David” schließlich vom neuen Geschäftsmodell überzeugen.

Bei der Uraufführung von „Sarg niemals nie” fließen reichlich Tränen, allerdings nicht aus Rührung, sondern weil es viel zu lachen gibt. Das liegt vor allem an Dominik Wagners Texten, die vor doppelbödigem Wortwitz nur so strotzen und sich locker und leicht einem eigentlich gar nicht so witzigen Thema nähern. Christoph Reuter (auch musikalischer Leiter der unsichtbaren Drei-Mann-Band) und Cristin Claas haben dazu eine eingängige, sehr abwechslungsreiche Musik komponiert: „Lass uns alles verschmutzen, ich will mit dir putzen” ist funkig, „Was für eine Urne soll es sein?” ist von der Werbung inspiriert und mit „Das ist schwarzer Humor” gelingt dem Komponisten-Duo ein mitreißender Show-Stopper. Optisch erlebbar wird diese vielschichtige Partitur in den raffiniert-effektvollen Bewegungsfolgen, die Choreograf Jörn-Felix Alt im von Jennifer Wjertzoch entworfenen Bestattungsinstitut tanzen lässt. Dominiert wird die kleine Bühne von einem vor einer Urnenausstellung stehenden Sarg, der sich zu einem Sofa aufklappen lässt. Die Ausstatterin, die auch für das der Beerdigungszunft gut stehende Kostümbild zuständig ist, sorgt mit weiteren Überraschungen für originelle optische Lösungen.

Ganz auf Witz und Tempo setzt die Inszenierung, wobei Dominik Wagner und Jörn-Felix Alt das Komödiantische des Stoffes nicht überstrapazieren, sondern auch Raum für bewegende Momente lassen (Monologe mit der Urne des verstorbenen Vaters). Differenziert zeichnen sie auch die Figuren: Patrik Cieslik spielt David als fast schon zerbrechlichen, introvertierten Strebertypen, der, wenn er nicht mehr weiter weiß, Trost im Desinfizieren seiner Hände sucht. Als Indienheimkehrer Tim ist Tobias Licht hingegen ein selbstsicherer wie oberflächlicher, Testosteron gesteuerter Macho. Zwischen diesen beiden unterschiedlichen Männern steht Yvonne Greitzke als Polin, der ihr Akzent zu anstrengend ist. Ihre Dakmar ist auf der einen Seite eine geduldige, fleißige Angestellte, die andererseits auch als Frau wahrgenommen werden und ihre Bedürfnisse ausleben möchte. Das Darsteller-Trio ist eine jede Pointe auskostende, auf den Punkt spielende Besetzung und lässt auch musikalisch keine Wünsche offen. Cieslik, Licht und Greitzke singen ihre Soli, Duette und Ensemblenummern auf hinreißend hohem Niveau und harmonieren auch stimmlich in den unterschiedlichen Konstellationen.

Wenn sich nach rund achtzig pausenlosen Minuten die Geschichte etwas bemüht in Richtung Happyend gewendet hat (es findet sich das richtige Paar, das Trio verwirklicht eine legalere Geschäftsidee), herrscht im Zuschauerraum alles andere als Grabesstille: Der Jubel ist zu Recht groß.

Ein Musical zum Totlachen
Der erste und letzte Teil der dreiteiligen Sarga
Von Dominik Wagner, Jörn-Felix Alt und Christoph Reuter

Die Produktion gastiert seit 2015 in der Berliner Bar jeder Vernunft sowie 2017 im Kammertheater Karlsruhe und im Deutschen Theater München

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
IdeeDominik Wagner
Jörn-Felix Alt
Jennifer Wjertzoch
TextDominik Wagner
MusikChristoph Reuter
Cristin Claas
InszenierungDominik Wagner
Jörn-Felix Alt
Musikalische LeitungChristoph Reuter
ChoreografieJörn-­Felix Alt
Kostüme / BühneJennifer Wjertzoch
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
DakmarDenise Vilöhr
Juliane Dreyer
DavidBenjamin Sommerfeld
Manuel Steinsdörfer
TimDennis Kornau
KeyboardChristoph Reuter
Florian Wagner
BassSebastian Vogel
SchlagzeugChristian Hiltawski
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (HISTORY)
DakmarYvonne Greitzke
DavidPatrik Cieslik
TimTobias Licht
Maximilian Mann
Michael Starkl
KeyboardChristoph Reuter/Florian Wagner
BassSebastian Vogel
SchlagzeugChristian Hiltawski
  
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
keine aktuellen Termine
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE (HISTORY)
Mi, 17.07.2013 20:00Neuköllner Oper, BerlinPremiere
Do, 25.07.2013 20:00Neuköllner Oper, Berlinausverkauft
So, 28.07.2013 17:00Neuköllner Oper, Berlinausverkauft
▼ 116 weitere Termine einblenden (bis 16.09.2018) ▼
Zur Zeit steht die Funktion 'Leserbewertung' noch nicht (wieder) zur Verfügung. Wir arbeiten daran, dass das bald wieder möglich wird.
Overlay