Das Theater Hagen zeigt ein stimmiges Update des Lloyd-Webber-Klassikers im englischen Original – mit den Musical-Profis Hannes Staffler (Jesus) und Carsten Lepper (Judas) als Gästen.
Warten auf den Abflug Richtung Himmel: Die Hagener Inszenierung von “Jesus Christ Superstar” verlegt die Handlung in ein zeitgemäßes Ambiente, das an eine Flughafen-Lobby erinnert. Hier diskutiert ein kurzhaariger, tätowierter Messias mit einem Judas in Jeans-Outfit und einer Schar trendig gekleideter Fans über seine Heilsbotschaft. Im Gegensatz zu anderen Frischzellenkuren, die dem oft gespielten Stück immer wieder gerne aufgezwungen werden, wirkt der Modernisierungsansatz von Regisseur Thilo Borowczak angenehm unverkrampft, seine Metaphern sind nachvollziehbar und stimmig.
Während sich Jesus und seine Anhänger in einer kargen Wartehalle mit schwarzen Wänden, Plastiksitzen und Treppen aufhalten, schmieden die Hohepriester als konservative Anzugträger ihre Intrigen in einer eleganten, hellen Lobby mit Flatscreen und Whiskey-Bar (Bühne und Kostüme: Lena Brexendorff). Borowczak verzichtet auch in der Personenführung auf abgenutzte Bilder. So wird Jesus in der Tempel-Szene nicht physisch vom Volk mit Heilsgesuchen bedrängt. Stattdessen zeigen überlebensgroße Projektionen von leidenden Menschen, was in seinem Kopf vor sich geht. Und am Ende wird er nicht explizit ausgepeitscht oder ans Kreuz genagelt, sondern windet sich qualvoll, ohne berührt zu werden. Seine eigentliche Bürde kommt von innen.
Hannes Staffler singt die anspruchsvolle Titelrolle mit starker Rockstimme und beeindruckendem Falsett. Sein Jesus ist nachdenklich und introvertiert, dadurch allerdings auch ein wenig zu unauffällig und ohne strahlende Superstar-Aura. Im Gegensatz dazu präsentiert Carsten Lepper den Judas als charismatischen Getriebenen, der an seiner Zerrissenheit verzweifelt und schließlich den Verstand verliert. Seine klassisch geschulte Stimme harmoniert jedoch nicht immer mit der rockigen Partitur.
Mit einem ähnlichen Problem hadert auch Marilyn Bennett als Maria Magdalena. Sie strahlt eine interessante Mischung aus Verruchtheit und Mütterlichkeit aus, lässt aber in den Höhen eine kräftige Belt-Stimme schmerzlich vermissen. Da das Duett “Could We Start Again Please?” in dieser Inszenierung gestrichen wurde, geht sie im zweiten Akt verloren hinter ihren präsenteren Kollegen Rainer Zaun (Pilatus), Richard van Gemert (Herodes) und Orlando Mason (Kaiaphas). Das Hausensemble wird unterstützt von Studierenden der Hochschule für Musik Osnabrück, die für jugendliches Flair und dynamische Tanzeinlagen sorgen.
Beim Sound ist noch Luft nach oben. Die bekannten Songs von Andrew Lloyd Webber kommen etwas dünn aus den Boxen, sodass beim Schlussapplaus die beachtliche Größe des eingesetzten Orchesters überrascht. Eine kleinere, dafür aber auf Rockmusik spezialisierte Band hätte der gelungenen Produktion sicher noch mehr Auftrieb gegeben.
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