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Auf eine klare Linie wartet man in der Wiesbadener “Evita”-Inszenierung vergebens. Regisseurin Pascale-Sabine Chevroton vergibt Chance um Chance, mit der Lebensgeschichte von Eva Perón bleibende Eindrücke zu hinterlassen. Auch Hauptdarstellerin Milica Jovanovic hinterlässt einen mit zwiespältigen Gefühlen.
Das Rad muss man nicht neu erfinden, wenn man einen beliebten Klassiker auf die Bühne eines Stadttheaters bringen möchte. Die “My Fair Ladys” und “Anatevkas” der Republik ziehen das Publikum vor allem durch den Nostalgieeffekt und die bekannten Melodien an. Ein gewisses Maß an Innovationswillen gehört aber dennoch zur Aufgabe, wenn man sich an einer Neuinszenierung versucht. Mut zu neuen Ideen findet sich in der Wiesbadener Inszenierung von “Evita” nur marginal. Dabei ist es für Regisseurin und Choreographin Pascale-Sabine Chevroton die zweite Begegnung mit dem Stück von Andrew Lloyd Webber, das sie schon 2010 in Coburg inszenierte und choreographierte.
Chevroton nutzt ihre Möglichkeiten nicht, mit der Inszenierung einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Gleich in den ersten drei Szenen rieseln Schnee, Rosenblätter und Konfetti auf die Bühne herab, der Effekt verpufft durch seine übermäßige Wiederholung – unweigerlich fragt man sich, was als nächstes fliegt -, findet ihn aber an späterer Stelle nur noch einmal bei Evitas Todeskampf wieder (diesmal fliegendes Laub). Roy Spahn hat eine sehr offene, sehr minimalistische Bühne gestaltet, die vor allem mittels Hebetechnik verschiedene Spielräume erzeugt. Im Gegensatz dazu schwelgen die ansprechenden, detailreichen Kostüme von Tanja Liebermann im Stil der 1940er und 1950er Jahre.
Während Chevroton im ersten Akt mit ermüdender Sachlichkeit die biographischen Stationen abarbeitet, versucht sie sich nach der Pause mittels Holzhammermethode an einer zweiten Deutungsebene. Evita steht plötzlich im Gewand der Mutter Gottes vor einem mit Geldscheinen gefüllten Gitterkruzifix, Che wechselt das Kostüm und wird zu einem Hybrid aus Tod und Lucheni aus “Elisabeth” – eine Deutung, die an der Vorlage vorbeigeht. Die Bilder, die die Regisseurin wählt, sind weder neu noch provokant und zeugen nur bedingt von einer wirklich kreativen Auseinandersetzung mit dem Stoff.
Auch für die Tänzer findet Chevroton keine klare Linie: Von allem ein bisschen, von nichts genug für einheitlichen, sinnstiftenden Stil. Die Choreographien schwanken zwischen vereinzelt eingestreuten Tangoelementen, klassischem Broadwayballett à la Jerome Robbins und reichlich uninspirierten Hand- und Armchoreographien für die zahlreichen Statisten.
Der Hauptdarstellerin Milica Jovanovic gelingt es auf weiter Strecke nicht, ihre Rolle lebendig zu gestalten. Evitas Werdegang vom Aschenputtel zur Politikergattin zum “Engel der Armen” wird aus Jovanovics Darstellung nur wenig ersichtlich. Gesanglich sind es vor allem die Höhen, die der Hauptdarstellerin Probleme bereiten. Das ist bedauerlich, denn gerade in den leiseren Passagen des zweiten Aktes zeigt Jovanovic, dass sie Webbers Liedern im tieferen Register durchaus wunderbar emotionale Momente entlocken kann. Ihre Version von “Wein nicht um mich, Argentinien” lässt erahnen, dass sie zu einer rundum gelungenen Darbietung fähig ist.
Thomas Christ hingegen zeigt sich der Rolle des Che nicht gewachsen. Ist seine gesangliche Leistung zwar beachtlich, wirkt er das ganze Stück hindurch teilnahmslos. Ihm gelingt es nicht, als Erzählerinstanz die Sympathien des Publikums auf sich zu lenken und seine Bühnenmomente mit der nötigen Präsenz zu füllen. Blass wirkt Christ vor allem neben Juan Perón, gespielt von Bariton Peter Bording, dessen warme und volle Opernstimme zwar in Webbers Songs etwas unterfordert wirkt, doch der dank einer von vorne bis hinten überzeugenden schauspielerischen Leistung eine Lebendigkeit ausstrahlt, die man bei den anderen beiden Hauptdarstellern vermisst.
Starke Besetzungen finden sich auch in den Nebenrollen, allen voran Ágnes Szalai aus dem Wiesbadener Opernensemble als Peróns Geliebte und Philippe Ducloux als Magaldi. Beide sind sowohl stimmlich als auch darstellerisch ein großer Gewinn für die Produktion. Eine erstklassige Leistung erbringt auch das Orchester unter der Leitung von Wolfgang Wengenroth, sowohl in den klassischen als auch in den folkloristischen und rockigen Passagen der Partitur.
Wenn Che Evita aus dem Reich der Lebenden entführt – die Referenz ist eindeutig – und der Vorhang fällt, bleibt ein unbefriedigendes Gefühl zurück. Anregende Ansätze sucht man in der Wiesbadener “Evita” vergebens. Jede TV-Dokumentation gibt mehr Einsicht in das Seelenleben der argentinischen Präsidentengattin.
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Wolfgang Wengenroth |
Inszenierung und Choreografie | Pascale-Sabine Chevroton |
Bühne | Roy Spahn |
Kostüme | Tanja Liebermann |
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CAST (AKTUELL) |
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Eva Péron | Milica Jovanovic Beatrix Reiterer Michaela Kovarikova | |||
Che | Thomas Christ | |||
Juan Péron | Peter Bording | |||
Pérons Geliebte | Sarah Jones Ágnes Szalai | |||
Magaldi | Philippe Ducloux Christopher Rickerby | |||
Evitas Familie | Ines Behrendt Felicitas Geipel Philipp Georgopoulos Katrin Gietl Pierre Humphrey Petra Urban | |||
Kleine Evita | Jasmin Frey | |||
Mutter | Petra Urban | |||
Admiral | Marc-Wolfgang Frey Giorge Martin | |||
Ensemble | ||||
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Orchester, Chor, Jugendchor, E-Ballett und Statisterie des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden |
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