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Das Staatstheater Darmstadt bringt den deutschen Kinderbuchklassiker “Timm Thaler” als Musical auf die Bühne. Inszenierung und Ensemble lassen kaum Wünsche offen, doch die Musik der beiden Söhne Mannheims Xavier Naidoo und Michael Herberger hat wenig Ohrwurmpotential.
Timm Thaler, der sein Lachen an den Teufel verkaufte: 1962 von James Krüss erdacht, wurde der Roman vor allem durch die Fernsehverfilmung von 1979 (mit Thomas Ohrner in der Hauptrolle) einem großen Publikum bekannt. Es folgten verschiedene Theateradaptionen und eine Zeichentrickserie. Nun bringen Markus Heitz (Buch) und die beiden Söhne Mannheims Xavier Naidoo und Michael Herberger (Musik) den Stoff als Musical auf die Bühne zurück. Seine Uraufführung erlebt “Thimm Thaler” in einer Koproduktion des Staatstheaters Darmstadt und des Stadttheaters Brünn (Tschechien).
Schon der erste Blick auf die Bühne verrät, dass der Faktor Nostalgie im Bühnenbild von Christoph Weyers großgeschrieben wird. Timm Thaler und seine Freunde finden sich in einer Welt aus Bauklötzchen und Konstruktionsspielzeug, die den Zuschauer an die eigene Kindheit erinnert, gleichzeitig aber auch eine futuristische Sachlichkeit mit sich bringt. Die Modernität untermauern LED-Bildschirme, über die Spielstände, Fotos und Videos eingeblendet werden. Stanislav Moša lässt in seiner Inszenierung keine Langeweile aufkommen. Moša, der in Brünn bereits eine Vielzahl von Musicals auf die Bühne gebracht hat und in Deutschland unter anderem die Regie von “Die Päpstin” übernahm, gestaltet Szenen und Wechsel abwechslungsreich und sorgt dafür, dass seine Hauptakteure stets ins rechte Licht gerückt werden.
Buchautor Markus Heitz verlegt die Handlung aus den 1920er Jahren in die Gegenwart. Timm Thaler schreibt SMS und chattet via Skype. Raufereien auf dem Schulhof werden zu Mobbingversuchen, die mit dem Smartphone gefilmt werden. Wo James Krüss in seinem Jugendroman unverhohlene Kapitalismuskritik betrieb, steht bei Heitz das Konsumverhalten des 21. Jahrhunderts am Pranger: Die Leute kaufen alles, solange ein unverbrauchtes, freundliches Gesicht es ihnen anpreist, sogar widerlich sauren Cranberrysaft, der als Bio-Wellness-Getränk vermarktet wird. Wo Heitz solche Spitzen einbaut, kommt sein Buch spritzig, frech und leichtfüßig daher.
Diese Leichtigkeit transportiert ein schauspielerisch wie stimmlich starkes Ensemble. Timo Verse spielt den fünfzehnjährigen Timm Thaler mit Charme, Witz und Energie. Seinem Gesang wohnt die gewisse Nonchalance inne, die jugendliche Unbeschwertheit vermittelt. Als Timms beste Freundin Marie steht Michèle Fichtner ihrem Bühnenpartner gesanglich und schauspielerisch in nichts nach. In der zwiegespaltenen Figur der dämonischen Lilith und unglücklich verliebten Saskia hat Elisabeth Sikora eine besonders große Bandbreite an Emotionen zu zeigen, vor allem dann, wenn beide Figuren in Saskias Körper gegeneinander ankämpfen. Dies gelingt ihr bravourös, gerade ihre Soli werden zu einem Highlight der Aufführung. Gesanglich besonders ausdruckstark ist auch Alexander di Capri in der Rolle des unglücklich verliebten Alexander.
Schauspielerischer Höhepunkt des Abends ist die Darbietung von Franz Nagler als teuflischer Baron Le Fuet. In seinem Spiel vereinen sich die Charakterzüge einer Vielzahl von Bösewichtern, vor denen man sich in Kinderbüchern und Märchenfilmen gerne gefürchtet hat. Naglers herrlich übertriebene Mimik und sein teuer erkauftes Lachen begeistern ohne Wenn und Aber.
Bei allen schönen und lustigen Momenten, die Heitz in die Handlung eingeschrieben hat, wird sein Buch in den Passagen schwerfällig, in denen emotionale Tiefe gefragt wäre. Timms Trauer um den verstorbenen Vater wird recht zügig abgefrühstückt, ebenso der Erkenntnisprozess, wie wichtig doch das Lachen für einen Menschen ist. Auch die aufkeimende Liebe zwischen Timm und Marie wird recht unvermittelt gegen Ende des Stückes eingebaut. Anstatt sich auf seine Hauptfiguren zu konzentrieren, stellt Heitz ihnen gleichberechtigt das unglückliche Liebespaar Alexander und Saskia zur Seite, die über weite Strecken des zweiten Aktes Timm und Marie den Rang ablaufen. Hier wäre ein stärkerer Fokus auf die Protagonisten wünschenswert gewesen.
Doch zugegebenermaßen hat Heitz es auch nicht einfach, denn die Musik der Söhne Mannheims Xavier Naidoo und Michael Herberger leistet keinen nennenswerten Beitrag zur emotionalen Tiefe des Stücks. Sie ist das enttäuschendste Element der ansonsten gelungenen Aufführung. Die Melodien der einzelnen Songs sind nur wenig prägnant und sehr einseitig, weder führen sie die Handlung weiter noch gewähren sie eine tiefere Einsicht in das Innenleben der Figuren. Über weite Strecken hört sich die Musik zu “Timm Thaler” an wie ein mittelmäßiges Naidoo-Album. Mögen Fans an Textpassagen wie “Ohne dich bin ich nicht definiert”, an Wortspielerein rund um “das Wahre” und “die Ware” oder an endlosen Wiederholungen ein und derselben Textzeile ihren Gefallen finden, dem Stück sind sie nicht besonders zuträglich.
Fans der Söhne Mannheims werden mit Timm Thaler bestimmt ihre Freude haben, der Rest sollte sich an der hervorragenden Umsetzung und dem großartigen Ensemble erfreuen.
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Dan Kalousek |
Inszenierung | Stanislav Moša |
Bühne und Kostüme | Christoph Weyers |
Choreografie | Aneta Majerová |
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CAST (AKTUELL) |
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GALERIE |
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TERMINE |
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