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In ihrer Inszenierung schälen Barrie Kosky und Otto Pichler (auch Choreografie) die „West Side Story” aus ihrem folkloristischen Kontext und verallgemeinern Raum und Zeit. Als Ergebnis ist ein packend-brachiales Stück Musiktheater mit tollen Darstellern zu bewundern.
Neben dem blutverschmierten Männer-Leichnam hockt eine junge Frau mit versteinerter Miene. Die an eine Pietà erinnernde Szene rotiert ganz langsam auf der ansonsten leere Drehbühne. Im halbdunklen Hintergrund stehen alle anderen Protagonisten des Stücks im Halbkreis. Auch ihr Blick fällt ausdruckslos geradeaus. Zu den letzten, flirrenden Noten der Partitur senkt sich wie in Zeitlupe der Vorhang ab. Was für ein starkes, berührendes Bild, mit dem das Regie-Gespann Barrie Kosky und Otto Pichler ihre „West Side Story” beenden. Am Premieren-Abend reißt es das Publikum dann auch vor Begeisterung von den Sitzen und der Jubel für alle Beteiligten scheint kein Ende nehmen zu wollen. Ausdruck für eine wirklich rundum grandiose Aufführung des Bernstein-Klassikers.
Einen großen Anteil an diesem Erfolg steuert das Orchester der Komischen Oper Berlin unter der Leitung von Koen Schoots bei. Der riesige, symphonische Klangkörper – laut Programmheft allein mit 14 Geigen und vier Celli besetzt – spielt die nur selten zu hörende Originalorchestrierung. Schoots peitscht seine Musiker mit viel Wucht, aber auch mit Bedacht für elegantere, leisere Zwischentöne durch die Partitur zwischen elektrisierendem Mambo und schmachtender Ballade. Auch wer die „West Side Story” schon zigmal gehört hat, wird überrascht von Klangfülle, Brillanz und Rhythmus. Schon allein der Orchester-Sound lohnt den weitesten Weg.
Regisseur Kosky hat ein abstraktes Bühnenbild-Konzept entwickelt, mit dem er offen lässt, wann und wo die „West Side Story” spielt: In den meisten Szenen bleibt der mit Linien und Kreisen wie für ein Sportspielfeld bemalte Boden leer. In den nackten Bühnenraum, der vorne durch zwei schmale, graue Klappwände mit nach oben führenden Eisensprossen begrenzt wird, fährt die Beleuchterbrücke wiederholt bedrohlich tief herab. Lichtdesigner Franck Evin erzeugt in dem häufig mit Nebelschwaden durchzogenen Raum geschickte Gegenlicht- und Schattenwirkungen und konzentriert mit kalten Spots den Blick des Publikums auf die einzigen Versatzsstücke auf der ansonsten leeren Drehbühne: ein Doppelbett oder ein kleines Regal mit Obst- und Gemüsekisten. Wenn Tony und Maria das erste Mal aufeinander treffen, hängt Esther Bialas‘ spartanisches Bühnenbild nicht voller Geigen, sondern ist mit einer riesigen Wolke aus funkelnder Spiegelkugeln dekoriert.
Die ebenfalls von Esther Bialas entworfenen Kostüme, in denen Schwarz, Grau und Blau dominieren, vernachlässigt eine weitere tradierte Sichtweise: Die Gang-Mitglieder lassen sich nicht mehr eindeutig anhand ihrer Kleidung in Jets oder Sharks einteilen. Auf der Bühne bewegen sich junge, mit üppigen Tatoos geschmückte Underdogs, wie sie sowohl in Pariser Vorstädten, im Berliner Wedding oder in der New Yorker Bronx zu finden sind. Gewalt, Hass und Hoffnungslosigkeit bestimmen ihr Leben, vom Regisseur-Doppel Kosky/Pichler ungemein rotzig und brutal auf die Bühne gebracht. Wie selbstverständlich entwickeln sie die Handlung zu Tänzen weiter, in denen Choreograf Pichler vom Ensemble höchste Präzision einfordert und auch bekommt. So entstehen ausdrucksstarke Bilder, in die sogar das oft stiefmütterlich behandelte „Gee, Officer Krupke” als gesungene und getanzte Farce auf den Punkt genau eingepasst ist. In dieser temperamentvollen wie auch innehaltenden Inszenierung stimmt einfach alles.
Dies gilt im Großen und Ganzen auch für die Darsteller. Als Jets und Sharks stehen ausgebildete Musicaldarsteller auf der Bühne, zu denen sich die erstaunlich beweglichen Chorsolisten des Hauses gesellen. Weder Gesang noch Tanz lassen Wünsche offen und so gelingen ungemein rasante und spektakuläre Szenen wie beim Hit „America”. Angeführt wird die rassige Damen-Clique von Sigalit Feig, die die Anita stimmstark und ungemein kämpferisch gibt.
Die beiden liebenden Hauptfiguren sind mit Opernsängern besetzt. Tansel Akseybeks Tony merkt man das allerdings nicht unbedingt an. Mit seinem feinen, bis in die höchsten Lagen sicher geführten Tenor ist er gesanglich top und hält auch als Darsteller das hohe Tempo der anderen Jets durch. Zudem wirkt Akseybek in den Liebesszenen mit Maria nie aufgesetzt. Etwas schwerer tut sich da Julia Giebel. Auch wenn sie sich noch so sehr anstrengt: Im Vergleich zu allen anderen Darstellern wirkt ihre Maria tapsig und bemüht jugendlich. Diesen Eindruck verstärkt ihr wirklich schöner, lyrischer Sopran, den Giebel allerdings zu sehr aufdreht und damit im Gesang alles überstrahlt.
Als taffe Macho-Macker gehen Daniel Therrien (Riff), Gianni Meurer (Bernardo) und Kevin Foster (Chino) auf die jeweiligen Gegner los, wobei letzter mit einem gezielten Schuss auf Tony die finale Katastrophe auslöst. Ob allerdings Trauer und Entsetzen auf und hinter der sich drehenden Totenwacht zum Umdenken führen, darf bezweifelt werden.
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Barrie Kosky Otto Pichler |
Musiklische Leitung | Koen Schoots Kristiina Poska |
Ausstattung | Esther Bialas |
Choreografie | Otto Pichler |
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CAST (AKTUELL) |
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**2018/19** | ||||
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Maria | Alma Sadé Jasmina Sakr | |||
Tony | Tansel Akzeybek Johannes Dunz | |||
Anita | Sigalit Feig Azzurra Adinolfi | |||
Riff | Daniel Therrien Christoph Jonas | |||
Bernardo | Zoltan Fekete Lorenzo Soragni | |||
Chino | Michael Fernandez | |||
Action | Steven Armin Novak Christoph Jonas | |||
Anybodys | Bettina Kenney | |||
Doc | Peter Renz | |||
Schrank | Carsten Sabrowski | |||
Krupke | Dennis Weißert | |||
Glad Hand | Kai-Uwe Fahnert | |||
Jets | Csaba Nagy Hunter Jaques Christoph Jonas Silvano Marraffa Paul Gerritsen Damian Czarnecki | |||
Jet-Girls | Claudia Greco Meri Ahmaniemi | |||
Sharks | Sergio Giannotti Marcell Prét Lorenzo Soragni Davide de Biasi Kai Braithwaite | |||
Shark-Girls | Mariana Souza Sara Pamploni Marika Gangemi Marcella Adema Martina Borroni Alessandra Bizzarri | |||
Vocalconsort Berlin | ||||
Chorsolisten der Komischen Oper Berlin |
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CAST (HISTORY) |
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Maria | Julia Giebel/Alma Sadé/Katja Reichert |
Tony | Tansel Akzeybek/Michael Pflumm |
Anita | Sigalit Feig/Sarah Bowden |
Bernardo | Gianni Meurer/Kevin Foster |
Riff | Daniel Therrien/Robin Poell |
Doc | Peter Renz/Karsten Küsters |
Schrank | Christoph Späth Carsten Sabrowski |
Krupke | Philipp Meierhöfer Hans-Peter Scheidegger |
Glad Hand | Frank Baer |
Action | Hakan T. Aslan/Christoph Jonas |
A-Rab | Hunter Jaques |
Baby-John | Paul Gerritsen |
Snowboy | Silvano Marraffa |
Diesel | Shane Dickson |
Chino | Kevin Foster/Terence Rodia |
Pepe | Marcell Prèt |
Indio | Terence Rodia |
Luis | Tibor Nagy |
Anxious | Csaba Nagy |
Nibbles | Zoltan Fekete |
Big Deal | Robin Poell |
Graziella | Claudia Greco |
Velma | Meri Ahmaniemi |
Rosalia | Mariana Souza |
Consuelo | Kym Boyson |
Teresita | Isabela Silvova |
Francisca | Judit Szoboszlay |
Estella | Martina Borroni |
Margarita | Alessandra Bizzarri |
Anita | Minori Therrien (Spielzeit 2013/14) |
Bernardo | Kevin Foster (Spielzeit 2013/14) |
Riff | Robin Poell (Spielzeit 2013/14) |
Chino | Terence Rodia (Spielzeit 2013/14) |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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TERMINE (HISTORY) |
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