© © Robert Grischek
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SHOW ME (2012 - 2014)
Friedrichstadt-Palast, Berlin

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Trotz guter Ausgangsbedingungen (Idee, Ausstattung, Sänger und Ballett-Ensemble) schleppt sich die Show in die Pause, um in den abschließenden sechzig Minuten aufzudrehen und für Aha-Erlebnisse zu sorgen.

„Mit vielen Vitaminen”. „Aus Vollkorn”. „Ohne Fett”. Mit diesen und ähnlichen Versprechen suggeriert die Lebensmittelindustrie eine Wertigkeit, die sich nach dem Blick auf die klein gedruckte Zutatenliste oft in Luft auflöst. Ähnlich verhält es sich mit dieser neuen Revue: Die Marketingleute des Friedrichstadt-Palastes protzen mit dem gewaltigen Neun-Millionen-Euro-Produktionsbudget (eine Million mehr als der zwei Jahre alte Vorgänger), prahlen mit Kostümen des Haute-Couture-Designers Christian Lacroix, versprechen „Bühnenbilder aus Sand” und ziehen als Fazit: Glamour is back. „SHOW ME” hält diesen Phrasen allerdings nur bedingt stand.

Den Ausgangspunkt des von Roland Welke und Jürgen Nass erdachten und inszenierten Spektakels bildet eine frappierend gute Idee: Längst vergessen geglaubte Revue-Schätze aus den 1920er bis 1940er Jahren, den Glanzzeiten des Genres, werden gehoben, um zu schauen, wie deren damalige kreative Ikonen Busby Berkely, Florenz Ziegfeld und Esther Williams diese mit den technischen Möglichkeiten von heute realisieren würden. Diesen Ansatz verkündet zu Beginn eine Lautsprecherstimme und versetzt das Publikum auf den Grund eines Gewässers. Einem Schwarz-Weiß-Film gleich warten hier die Revue-Relikte in einer atemberaubend schönen wie skurrilen Silberoptik (Show Couture Design in der Eröffnungssequenz und im Finale: Christian Lacroix) auf ihre Wiederentdeckung.

Fred Astaire und Ginger Rodgers stehen ebenso auf dem gewaltigen, mobilen Glitzer-Treppenpodest (Bühnenbild: Joe Atkins, John Stillwell) wie ein schnurrbärtiger Herr mit Koffer (Charly Chaplin?). Doch wo sind die angekündigten Berkely, Ziegfeld und Williams? Jedenfalls nicht in dieser Show. Bis zum Finale treten sie weder persönlich in Erscheinung, noch wird jemals wieder ein Wort über sie verloren, denn gesprochen wird ohnehin den ganzen Abend nicht mehr. Hilfestellung zum Geschehen liefert allein das Hochglanz-Programmheft, das sowohl die Spezialgebiete der drei Revue-Dinosaurier als auch deren moderne Umsetzung in der Show erläutert. Wer nicht zusätzlich bezahlen will, der wird mit einem beliebig austauschbaren Potpourri an Bildern konfrontiert, dessen Sinn im Dunkeln bleibt. So reiht sich bis zur Pause ein poetisches, dann wieder knallig-buntes Revue-Tableau an das nächste. Fazit von Teil I: wenig spektakulär und wegen seiner dürftigen Dramaturgie auch langweilig.

Wohin mag nur das üppige Produktionsbudget geflossen sein? In die versprochenen „Bühnenbilder aus Sand” – gemeint ist damit die mit diesem Strandbelag ausgelegte, herauffahrende Unterbühne – wohl kaum. Über diesem gewaltigen Rund windet sich eine einsame Meisterin des Pole Dance („Cleo”) an einer Stange, während darunter Ballett-Herren ihre Hüften kreisen lassen. Wenig glamourös und ebenso kostengünstig wie optisch peinlich ist das knappe Dutzend Schaum-Kuben, das Marilyn-Doubles durch Hineinhüpfen nur deshalb zerstören, damit deren mickrige Reste zur Entsorgung von zwei Windmaschinen quer über die fast leere Bühne geblasen werden. Auch scheint den Verantwortlichen nicht bewusst zu sein, dass ein einsamer Künstler, der kunstfertig mit Seifenblasen spielt (Jano Urmankovic) auf der nach Veranstalterangaben „größte Theaterbühne der Welt” ziemlich verloren wirkt.

Nach der Pause ahnt das Publikum allerdings, wohin der Neun-Millionen-Etat geflossen ist, denn in der verbleibenden Stunde protzt der Friedrichstadt-Palast zumindest optisch: Da werden prächtige Roben vorgeführt, menschliche Harfen auf die Bühne gerollt (Kostümbild: Uta Loher und Conny Lüders) und aus über 20 Metern Höhe tosen zwischen von der Decke baumelnden Tänzer-Mobiles funkelnd beleuchtete Wassermassen auf die herabgefahrene Unterbühne.

Wie befreit, gewinnt jetzt auch die Show an Tempo, versprüht Witz (Damen-Stripeinlage im Schwarz-Licht), und das zwölfköpfige Choreografien-Team führt das bis dahin unauffällig-routinierte Ballett-Ensemble nach Ausflügen ins Hiphop-Genre, Tango-Geschiebe und Schreit-Dreh-Showtanz von der Stange zu Höchstleistungen. Zu sehen sind rasante Sprünge der Herren im Wasserbecken (Choreografie: Aliaksei Uvarau), eine frappierend originell arrangierte Girl-Reihe (Choreografie: Natricia Bernard) sowie ein grandios im Modern Dance Style tanzendes Solo-Paar (Helena Polcikova und Dimitri Genco; Choreografie: Alexandra Hipwell). Auch die atemberaubende Artistik-Einlage am Fangstuhl (Duo Aragorn) hat endlich Klasse.

Für „SHOW ME” hat der Friedrichstadt-Palast eine Musikauswahl zusammengestellt, die zum größten Teil aus Neukompositionen besteht. Die Melodien, die Daniel Behrens (auch musikalischer Leiter der Show-Band), Anja Krabbe, Frank Kretschmer und Martin Wingerath erdacht haben, besitzen wenig Eigendynamik und wirken wie belanglose Gebrauchsmusik. In dieser Mischung aus Rock, Pop-Ballade, Latino-Disco-Gestampfe und Supermarktbeschallung bleibt kaum ein Motiv im Gehörgang hängen. Die ebenerdig am hinteren Bühnenende postierte Band und das in eine Box in der rechten Wandverkleidung ausgelagerte kleine Streicher-Ensemble produzieren eine sehr elektrolastige Begleitung, in die Hintergrund-Stimmsamples gemischt werden. Daraus und aus den Stimmen von Oscar Loya, Talita Angwarmasse, Gina Marie Hudson und Amber Shoop hat Cedric Beatty ein derartig kristallklar-perfektes Sounddesign gebastelt, dass zumindest bei den Sängerinnen keine individuelle Stimmfärbung mehr auszumachen ist. Alle vier Sänger sind stimmlich hervorragend, wobei die Damen in ihren Glitzerkleidern mit erotischem Hüftschwung und Loya mit einem perfekt modellierten Oberkörper überzeugen. Auch hier gilt: Eine ansprechende Verpackung kann so manchen Makel kaschieren. Und sei es eine erst nach der Pause in Fahrt kommende, dann aber wirklich glamouröse Show.

 
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KREATIVTEAM
Showkonzept & InszenierungJürgen Nass
Roland Welke
KompositionDaniel Behrens
Frank Kretschmer
Anja Krabbe
Martin Wingerath
TexteAnja Krabbe
Kevin Schroeder
Musikalische LeitungDaniel Behrens
Show Couture DesignChristian Lacroix
Uta Loher
Conny Lüders
BühnenbildJoe Atkins
John Stillwell
ChoreografieJens Becker
Kiki Beittel
Natricia Bernard
Jonathan Buckles
Maik Damboldt
Nadia Espiritu
Alexandra Georgieva
Alexandra Hipwell
Ronald Savkovic
Nikeata Thompson
Aliaksei Uvarau
Elizabeth Williams
LichtdesignMarcus Krömer
SounddesignCedric Beatty
 
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CAST (AKTUELL)
GesangssolistKoffi Missah
SingersNedime Ostheimer
Carmen Danen
Amber Schoop
Flugtraum, TuchdarbietungAcrobatic Troupe Shenyang
FangstuhlDuo Aragorn
Bubble ActJano Urmankovic
PantomimeMauricio Franco
Pole DanceJill Christine MacLean
Marion Crampe
Yvonne Haug
Hip Hop SoloNadia Espiritu/Yukie Shuto
 
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CAST (HISTORY)
GesangssolistOscar Loya [bis 31. Juli 2013]
SingersTalita Angwarmasse
Gina Marie Hudson
Amber Schoop [bis 31. Juli 2013]
  
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Di, 02.10.2012 19:30Friedrichstadt-Palast, BerlinPreview
Mi, 03.10.2012 19:30Friedrichstadt-Palast, BerlinPreview
Do, 04.10.2012 19:30Friedrichstadt-Palast, BerlinPreview
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