Katharina Schutza (Anita - links), Avmorfia Mataxaki (Maria - rechts) © © Dorit Gätjen
Katharina Schutza (Anita - links), Avmorfia Mataxaki (Maria - rechts) © © Dorit Gätjen

West Side Story (2011 - 2012)
Volkstheater, Rostock

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Das Volkstheater Rostock zeigt Bernsteins Meisterwerk in minimalem Bühnenbild und werkgetreuer Inszenierung mit einer raffiniert zusammengestellten Cast. Daumen hoch dafür!

Maria liebt Tony und Tony liebt Maria. Doch sie passen nicht zusammen. Maria ist eine emigrierte Südländerin und gehört zur Sharks-Gang. Tony hingegen ist Gründer der mit den Sharks verfeindeten Jets, einer Truppe junger Weißer mit ausländerfeindlicher Gesinnung. Zusätzlich zu diesen von Arthur Laurents ins Musical-Buch geschriebenen Widrigkeiten stellt sich das Volkstheater Rostock bei seiner äußerst sehens- und hörenswerten “West Side Story” selbst ein Bein. Da kann Evmorfia Metaxaki (Maria) noch so locker spielen, so quirlig tanzen, so pointiert und sicher ihre Stimme durch die Bernstein-Partitur führen und auch noch rein optisch eine ideale Maria sein: Als einzige Opernsängerin in einer mit hervorragenden Darstellern aus dem Musical-Genre, Choristen und Tänzern zusammengestellten Cast ragt ihre klassisch ausgebildete Stimme zu stark heraus. Ein Makel, der nicht bei der Sängerin zu suchen ist, sondern bei den Verantwortlichen im Besetzungsbüro.

Hier hatte man bei der Auswahl der übrigen Protagonisten ein absolut sicheres Händchen. Alen Hodzovics Tony ist weniger ein Draufgänger-Typ, denn ein romantischer Schwärmer, der für seine Liebe kämpft. Sein samtiger Tenor mit gefühlvollem Pianotönen bis in die hohen Lagen unterstreicht exakt diese Rolleninterpretation. Ganz die testosterongestählten Mackertypen sind hingegen Michael Starkl (Riff) und Gerd Archilles (Bernardo) als stimmstarke Chefs der beiden rivalisierenden Gangs. Gemeinsam mit ihren Jets und Sharks tanzen sie im ersten Akt beeindruckend exakt die aggressiv-ausdruckstarken Choreografien von Bronislav Roznos und Katja Taranu, die wie im Fall von “Hey, Officer Krupke” auch witzig-überdreht sein können. In diesem Song trumpft das Jets-Quartett William Danne (Action), André Trautmann (A-rab), Patrick Nischke (Baby John) und Krzysztof Gradzki (Diesel) so richtig auf. Viel südamerikanisches Temperament zeigt Franziska Kuropka als willensstarke Anita in “Amerika”, deren vorallem in tieferen Lagen atemberaubend timbrierter Mezzosopran im innig-klagenden “Bleib bei den Deinen” sich zu wahrer Größe entfaltet. Eine idealere Interpretin für diese Partie ist kaum vorstellbar.

Abgesehen von den nur schwer zu ertragenden hohen Temperaturen im Inneren, ist die Sommerspielstätte des Volkstheaters, eine ehemalige Werthalle mit gusseisernen Säulen, der perfekte Raum für die “West Side Story”. In diesen nüchternen, zweckmäßigen Ort zaubert Bühnenbildnerin Andrea Eisensee mit einfachen Mitteln das Ghetto-Ambiente New Yorks. Die mit Graffiti bekritzelte Stirnseite, auf die das Publikum blickt, wird von schmalen, rechteckigen Fensterschlitzen durchbrochen. Davor sitzen auf einem Podest die Damen und Herren der Norddeutschen Philharmonie Rostock. Ihr Territorium begrenzt zur Spielfläche davor ein gewaltiger metallener Gitterbauzaun, der sich bis an die linke und rechte Bühnenseite zieht und hier zwei Türen hat. In diese an einen Drahtkäfig erinnernde Konstruktion werden nur wenige Versatzstücke gestellt: Ein Tresen für Docs Laden, zwei Kleiderstangen für den Brautmodengeschät und eine fahrbare Treppen-Konstruktion. In diesem sehr unaufdringlichen Ambiente kommen das stimmungsvoll wechselnde Lichtdesign (Andreas Lichtenstein) und das sich von den 1950ern entfernende Kostümbild (Ulrike Schlafmann) gut zur Geltung. Schlafmann grenzt die beiden rivalisierenden Gangs schon rein optisch voneinander ab: Jeans-Look für die Jets, rot-schwarze Anzüge und Kleider für die Sharks.

Regisseurin Babette Bartz konzentriert sich auf die jungen Charaktere und zeichnet sie mit Ausnahme von Maria und Tony als eine frustrierte, gewaltbereite Generation ohne Perspektive. Die Erwachsenen, Doc (etwas bemüht: Titus Paspirgilis) und Krupke (Kumpeltyp mit Sinn für Ordnung: Matthias Noack), sind eher fassungslose Zuschauer. Bartzs Inszenierung erzählt gradlinig, zackig und hat trotz der düsteren Handlung Raum für Witz. So geben zum Beispiel die rivalisierenden Gangs beim Auftauchen der Polizei vor, “Plumpssack” zu spielen statt zu kämpfen. Allerdings verliert die Aufführung nach der Pause etwas an Fahrt und endet in einem etwas zu pathetisch wirkenden Leichenzug, der die Jugendlichen unglaubwürdig geläutert zeigt.

Maßgeblich zum Gesamteindruck der Rostocker “West Side Story” trägt das Orchester bei. Dirigent Peter Leonard kitzelt aus den Musikern atonalen Jazz für die Jets, mitreißenden Latinorhythmus für die Sharks und schmachtende Romanzen für das Liebespaar heraus. Allerdings wirkt die Akustik in der Halle etwas breiig. Und wenn, wie bei der Premiere, unvermittelt eine kurze Starkregendusche auf das Dach niederrauscht, dann trübt das nicht nur den Hörgenuss. Viel bedenklicher sind die feinen Wassertröpfchen, die sich bedrohlich ihren Weg zwischen den Scheinwerfern auf die Köpfe der Zuschauer suchen. Auch ein Symbol für das Volkstheater, dem kommunale Politiker drohen, das Licht auszuknipsen. Wer die grandiose, zurecht von den Zuschauern gefeierte “West Side Story” gesehen hat, kann anhand solcher Pläne nur verständnislos den Kopf schütteln.

 
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KREATIVTEAM
Musikalische LeitungPeter Leonard
InszenierungBabette Bartz
BühnenbildAndrea Eisensee
KostümeUlrike Schlafmann
ChoreografieBronislav Roznos
Katja Taranu
 
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CAST (AKTUELL)
RiffStephan Brauer
TonyJohannes Beetz
ActionJohannes Braun
A-rabAndré Trautmann
Baby JohnPatrik Nitschke
DieselKrzysztof Gradzki
AnybodysAntje Luckstein
BernardoSamuel Schürmann
ChinoStefan Lehmann
Janko Danailow
MariaEvmorfia Metaxaki
AnitaKatharina Schutza
RosaliaAkane Matsui
ConsuelaMaria Teresa Gonzalez
FranciscaJulia Ebert
DocTitus Paspirgilis
KrupkeMatthias Noack
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 09.07.2011 19:30Halle 207 auf der alten Neptunwerft, RostockPremiere
Mi, 13.07.2011 15:00Halle 207 auf der alten Neptunwerft, Rostockausverkauft
Do, 14.07.2011 19:30Halle 207 auf der alten Neptunwerft, Rostockausverkauft
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