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In der Saarbrücker Phantasma-Inszenierung steckt eine ganze Menge Aufwand, eine gute Ausstattung und eine hervorragende Cast – aufgrund der Schwächen im Buch springt der Funke aber trotzdem nicht über.
Man kann Frank Nimsgern sicherlich nicht vorwerfen, keinen eigenen Kompositionsstil zu haben. Er verzichtet auf ein großes Orchester und lässt stattdessen seine Band spielen, bestehend nur aus jeweils einer Gitarre, Bass, Saxophon, Trompete, Posause, Drums und Keyboard. Kompositorisch hebt sich Nimsgern aus der aktuellen deutschen Musicallandschaft ab: Seine Werke zeichnen sich häufig, so auch bei „Phantasma”, durch elektronische Klänge und einen deutlichen Beat aus. Songs, von denen man einige ohne Weiteres auch in einer Disco antreffen könnte, werden hier eingebettet in den größeren Zusammenhang eines Musicals. Ob das gefällt, ist wohl Geschmackssache, hier aber durchaus passend, denn Phantasma ist schließlich ein Musikstar im Jahr 2010. Dementsprechend kann sich die Musik ruhig angleichen, zumal Nimsgern die Musik Zeit und Ort anpasst: So hören wir im Paris der Jahrhundertwende einen Can-Can à la Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt”, in Chicago Jazz-Rhytmen und in New York Songs, die eher dem Pop-Bereich entstammen. Musikalisch ist „Phantasma” also durchaus abwechslungsreich, ohne den typischen Nimsgern-Stil zu verlieren.
Kosten hat man in Saarbrücken keine gescheut: Detlev Beaujeans Bühnenbild ist aufwändig und stimmig – von den raumfüllenden Hintergrundkulissen in Paris und Chicago über Professor Marvels riesige sogenannte „Kompositionsspinnensphinx”, eine Spinnenkonstruktion, in der Marvel sitzt, und die sich mit ihrem Netz quer über die ganze Bühne spannt, bis hin zum Fernsehstudio der Gegenwart. In eben diesem geben Jalousien hin und wieder den Blick auf die Band frei. Bühnentechnisch hat man einige Register gezogen, sei es die Hebebühne, mit der New York aus dem Boden ersteht oder Marvels Spinne, die über der Bühnenmitte schwebt. Zusammen mit einem gut abgestimmten Lichtdesign und den Kostümen von Angela C. Schuett entsteht optisch ein überzeugendes Gesamtbild. Jonathan Tilleys Choreographie ist kraftvoll und einfallsreich und wird vom Saarbrücker Ensemble ausdrucksstark dargeboten.
Auch der Cast ist kein Vorwurf zu machen, die Besetzung ist vollständig geglückt. Aino Laos besitzt eine Stimme mit hohem Wiedererkennungswert, und sie beherrscht leise Töne und rockige Klänge gleichermaßen, nur ihre Dialoge wirken zuweilen recht geziert und emotionslos. Mischa Mang singt die Titelrolle trotz erkältungsbedingter Probleme am Premierenabend sehr sicher und mit viel Schmelz in der Stimme, der einer Rolle als erfolgreicher Showstar durchaus gerecht wird. Darius Merstein-MacLeod begeistert mit starker Stimme und ausdrucksstarkem Spiel. Seine Rolle hat außerdem die dankbarsten Songs, denn besonders seine Darbietung von „Schizophonica”, einer Art Medley aus Stücken von Bizet, Bach, Verdi und Pucchini, und „Mein Herz brennt” überzeugen. Michaela Kovarikova spielt gleich drei verschiedene Frauen und beweist dabei große Wandelbarkeit im Spiel und vor allem in der Stimme. Der Wechsel zwischen den Stilen gelingt ihr hervorragend: Sie singt hohe Arien mit sehr guter klassischer Technik, kann aber vor allem im Chicago-Segment auch ihre phantastische Popstimme zeigen. Maik Lohse taucht ebenfalls in mehreren verschiedenen Rollen auf. Er spielt souverän und beweist nicht nur, was für ein fähiger Sänger er ist, sondern dass er auch Entertainer-Qualitäten besitzt. Da ist es eigentlich schade, dass sein Part zu so großen Teilen aus Sprechtext besteht.
Bei der stimmlich durchweg sehr guten Leistung der Darsteller ist es umso ärgerlicher, dass sie über weite Strecken der Vorstellung von der lauten Band einfach übertönt wurden. Zeitweise war durch die schlechte Aussteuerung der gesungene Text kaum zu verstehen. Wer des Französischen mächtig ist, kann dann immerhin noch auf die Übertitel zurückgreifen, das sollte aber selbst in einer grenznahen Stadt wie Saarbrücken für deutschsprachige Zuschauer eines (zumindest weitgehend) deutschsprachigen Stückes nicht der Sinn der Sache sein.
Für den Erfolg seine Seele oder sein Herz verkaufen – das Thema ist nicht neu, aber ausgelutscht ist es deshalb noch lange nicht, und gibt auch heute noch eine ganze Menge her. Bei „Phantasma” wird das Potenzial aber leider nicht ausgeschöpft. Das Grundgerüst des Buches ist durchaus vielversprechend, die feinere Ausgestaltung lässt aber leider zu wünschen übrig. In jeder der drei Rückblenden sehen wir eine Frau, in die Phantasma sich verliebt, mit der er aber nie glücklich werden kann, weil sie entweder – so wie in Paris – nicht aus Fleisch und Blut ist, oder weil Professor Marvel dafür Sorge trägt, dass ihr Leben nicht lang genug dauert, um es mit Phantasma teilen zu können. Das Leben und Sterben der Frauen wird ausführlich behandelt. Demgegenüber steht eine schwach ausgearbeitete Titelfigur, denn Phantasmas Charakter kommt viel zu kurz. Mischa Mang macht aus den Vorgaben das Beste, aber das Stück hätte um Einiges an Dichte gewinnen können, hätte man mehr Wert auf Phantasma, sein Leiden, sein Verhältnis zu Professor Marvel und seinen inneren Kampf gelegt. Viel zu unausgewogen ist das Verhältnis zwischen ihm, dessen Geschichte ja eigentlich vermittelt werden soll, und den anderen Personen des Stücks. Natürlich müssen auch diese Geschichten erzählt werden, und natürlich wird Phantasma als Figur nicht komplett in den Hintergrund gerückt, aber es entsteht der Eindruck, als ginge es gar nicht hauptsächlich um ihn und seine Charakterentwicklung. Der Zuschauer folgt nicht der Person Phantasma über den Zeitraum von 110 Jahren hinweg, sondern er sieht vier Einzelgeschichten in den Jahren 1900, 1930, 1973 und 2010. Das führt wiederum dazu, dass das Stück wenig organisch wirkt, und nur durch die Figuren von Professor Marvel und Phantasma noch sehr lose zusammengehalten wird.
Ähnlich verhält es sich mit der Beziehung zwischen Phantasma und Brenda de Ville. Zuerst nur Stargast und Interviewer, sind sie sich später so nah wie Seelenverwandte – nur erfolgt dieser Wandel sehr plötzlich und unbeholfen und wirkt so wenig glaubwürdig. Auch diese Entwicklung hätte besser ausgearbeitet werden müssen – stattdessen gibt es Showacts wie „Feel the Power”, die zwar von Marius Fries (als kleiner Mickey Jackson) und Maik Lohse stimmungsvoll dargeboten werden, zur Handlung aber nur wenig bis gar nichts beitragen.
Künstlerisch befindet man sich in Saarbrücken also auf hohem Niveau, die Solisten sind sehens- und hörenswert, Ausstattung, Licht und Choreographie einwandfrei. Aber die Story läuft einfach nicht rund.
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Frank Nimsgern |
Inszenierung | Elmar Ottenthal |
Bühnenbild | Detlev Beaujean |
Kostüme | Angela C. Schuett |
Choreografie | Jonathan Tilley |
Dramaturgie | Stephan Steinmetz |
Regieassistenz | Gaetano Franzese |
Ausstattungsassistenz | Christian Held |
Inspizienz | Martina Krawulsky |
Soufflage | Patricia Reinhard-Jacobi |
Produktionsleitung | Dirk Grunow |
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CAST (AKTUELL) |
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Giorgio Phantasma | Mischa Mang, (Maik Lohse) |
Professor Marvel | Darius Merstein-MacLeod, (Maik Lohse) |
Brenda de Ville | Aino Laos |
Oscar / Henri / Al / Gofor / Engel | Maik Lohse |
Marionetta, Julia, Antonia | Michaela Kovarikova |
Antonia, Uschi | Silvia Offenbeck |
Uschi | Barbara Brückner |
Kameramann | Vadim Volkov |
Tanzensemble | Kristin Baumgartl Caroline Ciglenec Daniela Rausch Jane Reynolds Sabrina Stein Kimberly Trees Hunter Jaques Dave Laera David Lake Robert Schmelcher Marc Teusch |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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TERMINE (HISTORY) |
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