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Das Alte Schauspielhaus in Stuttgart beweist mit der Urauffühung von “Moulin Rouge Story” aus der Feder von Wolfgang Adenberg und Marc Schubring erneut, dass auch ein kleines Theater großes Musical machen kann. Die Show hat alles: Eine berührende wie spannende Story, eingängige Melodien, eine charmante Ausstattung und eine exzellente Cast.
Musicalautor Adenberg spricht selbst scherzhaft von den “Stuttgarter Adenberg-Festspielen”: Nachdem “We Will Rock You” mit seinen deutschen Texten Premiere im Stuttgarter Apollo Theater feierte, folgten in der Komödie im Marquardt seine Cole-Porter-Hommage “Kiss Me, Cole” und nun am Alten Schauspielhaus die Uraufführung seiner “Moulin Rouge Story”. Dabei handelt es sich glücklicherweise nicht um eine Trash-Version des bekannten Films von Baz Luhrmann mit Nicole Kidman und Ewan McGregor, sondern um eine eigenständige, aber nicht minder dramatische Geschichte.
Sie hat hat sowohl lustige als auch spannende und berührende Momente, so wie Musiktheater eigentlich sein sollte. Während die Showszenen im Moulin Rouge für Heiterkeit sorgen, so sorgen Henris (Arne Stephan, Foto) heimliche Besuche bei Prostituierten für Spannung, weil der Zuschauer erst später erkennt, dass er diese nicht aufsucht, um sich sexuell befriedigen zu lassen, sondern – in der Annahme, es handele sich um Wahrsagerinnen – um mit seiner verstorbenen ersten Ehefrau Kontakt aufzunehmen. Berührende Momente hingegen gibt es beim Tod von Maurice (Adrian Becker), der während einer Vorstellung auf der Bühne des Moulin Rouge zusammenbricht und in den Armen von Isabelle (Karin Seyfried) stirbt, ihr zuvor aber noch seine Liebe gesteht.
Komponist Marc Schubring transportiert die Geschichte mit wundervoller Musik. Auffällig sind dabei besonders die verschiedenen Musikstile. Die Szenen, die im Moulin Rouge spielen, sind mit Songs im Stil von Kander/Ebb-Musicals wie “Cabaret” und “Chicago” ausgestattet. Durch die kabarettartigen Showsongs wird die schillernde Welt des Etablissements perfekt dargestellt. Für die Szenen, die außerhalb des Moulin Rouge – also beispielsweise im Haus der de Fontillacs, im Atelier von Arsène (Aris Sas) oder vor dem Eiffelturm – spielen, hat Schubring klassische Musicalballaden und Duette geschrieben. Besonders berührend ist das von Arsène, Isabelle, Henri und Maurice gesungene Quartett, selten noch dazu, da Quartette ohnehin nicht gerade häufig in Musicals vorkommen.
Die Cast der “Moulin Rouge Story” ist mit fünf Hauptdarstellern und sechs Ensembledamen sehr klein, aber vollkommen ausreichend. Karin Seyfried als Isabelle de Fontillac hat wahre Schwerstarbeit zu leisten. Sie ist sehr häufig auf der Bühne zu sehen, hat etliche Songs zu singen und muss neben Adrian Becker als einzige aus der Riege der Hauptdarsteller auch oft tanzen. Dabei gelingen ihr alle Sparten. Schauspielerisch überzeugt sie sowohl als Gräfin, die sich dem Verbotenen und ihrer Lust hingibt, wie auch als gefallener Star des Moulin Rouge. Gesanglich meistert sie ihre Rolle mit gefühlvollem Sopran und ist auch in den Höhen sehr sicher. Anerkennung gebührt ihr zudem für die etlichen Szenen, die sie nur leicht bekleidet und sogar barbusig mit einer echten Schlange im Arm spielen muss. Sicher eine Überwindung, solche Szenen auf einer Bühne vor Livepublikum zu spielen.
Die Rolle des Malers Arsène Cossard erinnert an den Maler Marcello aus Giacomo Puccinis Oper “La Bohème”. Aris Sas spielt ihn als typischen Bohèmien, der sich auf der Suche nach Selbstfindung und künstlerischer Freiheit gegen alle gesellschaftlichen Konventionen stellt und gern auf Kosten anderer lebt. Mit seiner lyrischen Stimme und dem angenehmen Timbre harmoniert er vor allem in den Duetten mit Karin Seyfried ganz wunderbar.
Etwas kleiner ausgefallen ist die Rolle des Henri de Fontillac. Dennoch hat Arne Stephan eine schwierige Aufgabe, da er die Wandlung vom angesehenen Grafen und geschäftigen Staatssekretär über den betrogenen Ehemann bis hin zum allein erziehenden Vater vollziehen muss, was ihm bravourös gelingt. Die Darstellung von Henris Wahn und der Besessenheit, Kontakt zu seiner toten Ehefrau aufzunehmen, gelingt ihm ebenfalls sehr überzeugend. Seine Soli interpretiert er mit schönem Piano und beeindruckendem Forte.
Adrian Becker als Maurice Guibert wirkt anfangs wie der Quotenmann unter den Tänzerinnen des Moulin Rouge. Doch seine Rolle entwickelt sich schnell vom einfachen Tänzer zum Sänger des Varietés. Er wird Isabelles bester Freund, ihr heimlicher Verehrer und agiert im Laufe der Vorstellung als Kommentator einzelner Szenen. Besonders mit seinem sehr berührend interpretierten Song “Die Flügel der Mühle, sie dreh’n sich im Wind” begeistert er das Publikum. Christoph Wieschke gibt den geldgeilen Moulin-Rouge-Direktor Joseph Oller als Conférencier mit Leib und Seele und führt mit seinen Sprüchen (“Hier beißt Adam der Eva in den Apfel”) durch die Vorstellungen des Etablissements.
Für die sehenswerte, an den Cancan angelehnte Choreografie der sechs Tänzerinnen des Moulin Rouge zeichnet Kurt Schrepfer verantwortlich, der seine Damen mit Hüftschwung, hohen Beinwürfen und Spagatsprüngen über die Bühne tanzen lässt. Regisseur Carl Philip von Maldeghem hat recht stringent inszeniert und lässt keine Langeweile aufkommen. Einzig etwas ärgerlich ist, dass er einige Darsteller ihre Soli nicht am Bühnenrand zu Ende singen lässt, weil sie – den Schlusston noch singend – von der Bühne laufen müssen. Vielleicht sollte dies dramatisch wirken, doch letztendlich macht es nur die Songs kaputt und wirkt wie abrupt abgebrochen.
Für die charmante Ausstattung hat Christian Floeren gesorgt. Die Kostüme der fünf Hauptdarsteller sind zeitgemäß und schick, während die Tanzkostüme farbenfroh und teilweise auch sehr gewagt sind, wie es sich für das Moulin Rouge gehört. So schickt Floeren die Tänzerinnen unter anderem als Meerjungfrauen mit Seestern-Brüsten auf die Bühne oder lässt sie in ägyptischen Kostümen viel Haut zeigen. Dadurch wirkt die Inszenierung jedoch keinesfalls anrüchig – eher authentisch. Aber nicht nur bei den Kostümen, sondern auch beim Bühnenbild hat sich der Ausstatter viel Mühe gegeben. Es gibt einen romantischen Nachthimmel inklusive Pariser Skyline und einem beleuchteten Eiffelturm, aber auch den obligatorischen Glitzer-Vorhang im Moulin Rouge. Durch etliche vom Schnürboden herabgelassene Prospekte, einige fahrbahre Bühnenteile und die manuell betriebene Drehbühne sind schnelle Szenenwechsel zwischen der Bühne und dem Backstagebereich des Moulin Rouge, Arsènes Atelier und dem Haus der de Fontillacs möglich.
Es ist beeindruckend, wie im Alten Schauspielhaus Stuttgart mit geringen Mitteln eine solch charmante Inszenierung gestemmt wurde. Mit ihrer “Moulin Rouge Story” dürften Wolfgang Adenberg und Marc Schubring auf jeden Fall bewiesen haben, dass sie zu den besten Musicalautoren und -komponisten im deutschsprachigen Raum zählen. Es bleibt zu hoffen, dass es künftig auch an vielen anderen Theatern heißt: “Die Flügel der Mühle, sie dreh’n sich im Wind.”
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CAST (AKTUELL) |
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Maurice Guibert | Adrian Becker |
Arsène Cossard | Aris Sas |
Isabelle de Fontillac | Karin Seyfried |
Henri de Fontillac | Arne Stephan |
Joseph Oller | Christoph Wieschke |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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TERMINE (HISTORY) |
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