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“Sieben Gärten mittendrin” lautet das Motto der diesjährigen Bundesgartenschau (BUGA) rund um die Schweriner Schlossinsel. Als achte Attraktion präsentiert das Mecklenburgische Staatstheater das gefräßige Grünzeug “Audrey Zwo” mit einem überragenden Hauptdrsteller in einer sehenswerten, skurril-überdrehten BUGA-Neuzüchtung von Ralph Reichel.
Ein schmuddeliges, mit Zeitungen und Pflastern geflicktes Milchglasschaufenster versperrt den Blick auf die Bühne. Wird es zur Seite geschoben, schaut das Publikum in einen mit verdreckten weißen Kacheln gefliesten Raum, dessen Rückseite von einer riesige Uhr mit einem unvollständigen Ziffernblatt dominiert und einem unter der Decke baumelnden Lüftungsrohr durchtrennt wird. Lediglich ein auf dem Boden platzierter Eimer mit vertrockneten Schnittblumen illustriert: Hier wird mit Pflanzen gehandelt.
In dieser puristisch anmutenden, heruntergekommenen Szenerie (Claudia Charlotte Burchard) ist kein Platz für das aus vielen Horrorladen-Inszenierungen und der Verfilmung bekannte Pflanzen-Puppendouble. Im Schweriner “Komplex” sitzt zunächst ein mit Tüll und Flitter zum niedlichen Spross gestyltes Mädchen auf dem gefliesten Blumenpodest. Mit fortschreitendem Wachstum entwickelt sich das kindliche Gestrüpp zu einem bleichen, kahlköpfigen Alien, aus dessen Ohren kleine Blüten sprießen. Dieses grell-grotesk geschminkte Geschöpf (Maske: Iris Kettner) trägt eine purpurne Korsage, die in einen überdimensionalen grünen Rock voller Blätter und Pailletten mündet (Kostümbild: Claudia Charlotte Burchard). In diesem Stoffgewirr verschwindet das menschliche Futter, es ist gleichzeitig auch Geburtsort für die kindlichen Ableger (Sarah Richter, Sandra Richter), die daraus hervorkriechen.
Markus Wünsch verleiht der sich in Mushniks Blumenladen breitmachenden Pflanze “Audrey Zwo” menschliche Züge. Zunächst nur mit facettenreichen Mimik und einer gehörigen Prise Komik bettelt er seinen Ziehvater Seymour beharrlich um Nahrung an, bis dieser seinen bandagierten Fingern zum Blutnuckeln in den rot geschminkten Schmollmund seines floralen Lieblings schiebt. Doch das reicht dem zum hinterhältigen Gewächs ausgetriebenen Schössling bald nicht mehr. Im Zentrum des Verkaufsraumes thronend, beäugt Wünsch lauernd jede Bewegung in seiner Umgebung und versucht, alles Essbare, das sich zufällig zu nahe an das scheinbar harmlose Blümchen heranwagt, zu schnappen. Unablässig ist das Grünzeug in Bewegung, kommentiert mit kleinen Gesten die Handlung (Gähnen und Augenverdrehen im Liebes-Duett von Audrey und Seymour; schmollendes Aufsetzen einer Sonnenbrille, wenn ihm Futter verweigert wird) oder es greift auch direkt ins Geschehen ein. Wenn „Audrey Zwo” dabei das Wählen einer Telefonnummer aufgrund der zu langen und dünnen Finger-Zweigchen misslingt, dann wird John R. Carlson (musikalischer Leiter der “Green Mother Band”) zur Unterstützung heranzitiert. Markus Wünsch verfügt über eine enorme Bühnenpräsenz, rockt und röhrt sich traumhaft leicht mit facettenreichem Bass durch die Songs und ist völlig zu Recht der Liebling des Premierenpublikums.
Wünsch absolut ebenbürtig ist Andreas Lembcke, der als lachgasabhängiger Brutalo-Dentist Orin mit diabolischer Hingabe seine Umgebung erniedrigt und dabei beim mit schnittigem Bariton vorgetragenen Zahnarztsong auch nicht vor einem wahllos aus dem Publikum ausgewählten Patienten halt macht. Zur Vorbeugung ähnlicher Auftritte überreicht ihm das quirlige Girlie-Trio (Brit Claudia Dehler, Anna Jamborsky, Samira Hempel) als originelles Dankeschön ein Mini-Zahnputzset. Wenn sich der peinigende Halbgott im weißen Pelzmantel kurz vor der Pause unter seiner festgezurrten Latex-Tierkopfmaske an seiner Gasdroge zu Tode röchelt, dann braucht im Publikum niemand traurig zu sei. Lembcke hat später weitere Kurzauftritte in unterschiedlichen Rollen, in denen er seine ungeheure Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellt. Blass bleibt hingegen Klaus Bieligk als eher tapsiger denn geschäftstüchtiger Mister Mushnik, was vielleicht auch an der seltsamen Perücke und dem Bart liegen mag, die ihn wie eine Mischung aus Pudel und Walross aussehen lassen.
In den Rollen seiner Angestellten harmonieren Florian Rummel (Seymour) und Charlotte Sieglin (Audrey) nicht nur stimmlich (“Jetzt hast du Seymour”). Mit hochgezogenen Schultern und minimalen, schüchternen Bewegungen ist Rummel der verstockte Verlierertyp in Perfektion, Sieglin hingegen der Prototyp des lispelnden, treublöden Blondchens. Warum ist Ralph Reichel bei diesen beiden Figuren nicht seiner Inszenierungs-Leitidee treu geblieben und hat auch bei diesen beiden Figuren neue Facetten aufgedeckt oder sie zumindest optisch neu interpretiert? Ein wiederholt die Stufen herunterstolpernder Seymour in schlecht sitzenden Hosen ist ebenso wenig originell wie eine Audrey im Marilyn-Outfit, die überdreht schnell plappern und umhertrippeln kann. Trotz dieses Wehrmutstropfens sollten die BUGA-Verantwortlichen überlegen, nicht nur florale Neuzüchtungen in ihrem Park mit Medaillen zu prämieren, sondern auch diese frische musikalische Blumenmutation.
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Ralph Reichel |
Bühne und Kostüme | Claudia Charlotte Burchard |
Choreografie | Rüdiger Daas |
Musikalische Leitung | John R. Carlson |
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CAST (AKTUELL) |
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Seymour Krelbourn | Florian Anderer |
Audrey | Isa Weiß |
Mr. Mushnik | Klaus Bieligk |
Orin Scrivello und weitere Rollen | Andreas Lembcke |
Chrystal | Brit Claudia Dehler |
Ronnette | Anna Jamborsky |
Chiffon | Jana Kühn |
Die Pflanze (Audrey Zwo) | Markus Wünsch |
Schößlinge und Ableger | Sandra Richter/Anna Gontarovska/Diana Nikitina/Michelle Regner/Annalena Reimers/Sarah Richter |
Green Mother Band | John R. Carlson Oliver Sonntag Felix Karweick Torsten Langsdorf |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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