Kreativteam | Cast | Termine | Termine (Archiv) |
Das Musical mit Songs der männlichen Abba-Hälfte wurde seit seiner Uraufführung 1986 in London unzählige Male umgeschrieben, schwächelt aber immer noch in vielfacher Hinsicht. Darüber kann auch die aufwändige und qualitativ hochwertige Produktion des Essener Aalto Theaters, die insgesamt etwas zu kühl über die Rampe kommt, nicht hinweg täuschen.
Eigentlich ist bei “Chess” im Aalto Theater alles so, wie man es sich wünscht: Tolle Sänger, beeindruckende Bühnenbilder und eine Regie, die das Geschehen fest im Griff hat. Woran liegt es also, dass der Funke nicht hundertprozentig überspringt?
Da ist zunächst die komplizierte Geschichte rund um eine Schachweltmeisterschaft, bei der sich eine Dreiecksbeziehung zwischen dem amerikanischen Champion, dem russischen Herausforderer und der Beraterin des Amerikaners entwickelt. Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges ist Schach nicht nur ein zentraler Teil der Handlung, sondern auch ein Symbol für die taktischen Züge, die Menschen in der Politik und in der Liebe machen, um ihre Ziele zu erreichen. Allerdings lässt sich die hier dargestellte politische Problematik nicht ohne Weiteres auf aktuelle Gegebenheiten übertragen, wodurch das Stück ein wenig antiquiert erscheint. Die schlechte Verständlichkeit der englischen Songtexte in den Chorszenen und die zu schwach leuchtenden deutschen Übertitel machen es dem Publikum im Aalto Theater auch nicht gerade leicht, im zweiten Akt den Überblick über die verworrenen Verschwörungen zu behalten.
Da sind außerdem die problematischen Figuren, die mit einer großen Portion Egoismus ihre persönlichen Ziele verfolgen. Henrik Wager ist als schmierig-provokanter Frederick Trumper glaubwürdig egozentrisch und liefert mit “Pity the Child” das gesangliche Highlight des Abends ab. Seinen russischen Kontrahenten Anatoly Sergievsky stattet Serkan Kaya mit der richtigen Mischung aus ruhiger Besonnenheit und professionellem Ehrgeiz aus. Femke Soetenga verkörpert die Beraterin Florence Vassy selbstbewusst und zielstrebig. Erwähnenswert ist auch Claudia Hauf als Anatolys Frau Svetlana, von deren souliger Stimme man gern noch die Ballade “Someone Else’s Story” gehört hätte, die aber leider in dieser “Chess”-Version nicht vorkommt. Dass es hier an Sympathieträgern mangelt, mit denen man sich als Zuschauer identifizieren und mitfiebern möchte, liegt also nicht an den Darstellern, sondern an den wenig liebenswerten Figuren selbst.
Da ist noch die Musik, die mit ihren bekannten Hits wie “One Night in Bangkok”, “I Know Him So Well” und “Anthem” starke Highlights hat, in den weniger eingängigen erzählenden Passagen dazwischen aber oftmals durchhängt. Das Stück enthält einen derart bunten Mix aus 1980er-Jahre-Pop, Rock, Rap und Klassik, dass sich kein harmonisches Gesamtbild ergibt. Eine solche stilistische Vielfalt ist sicherlich eine Herausforderung für das Orchester eines Stadttheaters, die die flexiblen Musiker in Essen unter der Leitung von Heribert Feckler problemlos meistern.
Und schließlich ist da die imposante Bühne von Dirk Becker, die in abstrakter Stilisierung Formen des Schachspiels aufnimmt. Schräggestellte, weiße Quadrate vor schwarzem Hintergrund dominieren das Blickfeld und bedecken teilweise den Orchestergraben. Sie werden mitbespielt oder dienen als Projektionensflächen. Es gibt außerdem eine ganze Reihe an überdimensionalen, säulenartigen Objekten, die sich scheinbar automatisch über den Bühnenboden schieben, aus dem zuweilen auch ganz neue Spielebenen auftauchen. Das Highlight der Bangkok-Szenen ist eine riesige Buddha-Statue, die sich in zwei Hälften teilt und den Blick auf das als Schachfiguren kostümierte Ensemble dahinter freigibt. Den Solisten stehen zehn Tänzer und ein mehr als 50-köpfiger Chor zur Seite. Auch wenn Regie und Choreografie von Paul Kribbe und James de Groot nicht übermäßig originell ausgefallen sind, hat das Duo viele eindrucksvolle Bilder geschaffen. In ihrer Modernität wirken sie jedoch immer etwas unterkühlt und steril. Die visuelle Kälte passt zwar zum Wesen der Figuren im Stück, macht es aber für den Zuschauer schwer, sich wirklich in das Bühnengeschehen einzuleben.
Und genau diese Kälte auf mehreren Ebenen ist es auch, die im Laufe des Abends zu viel Distanz schafft. So verlässt man das Theater zwar durchaus überzeugt von der Qualität des Gesehenen, aber nicht euphorisch und begeistert.
Kreativteam | Cast | Termine | Termine (Archiv) | ||||||
KREATIVTEAM |
---|
Musikalische Leitung | Heribert Feckler |
Inszenierung und Choreographie | James de Groot Paul Kribbe |
Bühne | Dirk Becker |
Kostüme | Martina Feldmann |
Choreinstudierung | Alexander Eberle |
Kreativteam | Cast | Termine | Termine (Archiv) | ||||||
CAST (AKTUELL) |
---|
Frederick Trumper | Henrik Wager Kai Hüsgen |
Anatoly Sergievsky | Serkan Kaya Kristian Vetter |
Florence Vassy | Femke Soetenga Ann Christin Elverum |
Svetlana Sergievsky | Claudia Dilay Hauf |
Arbiter | Romeo Salazar |
Molokov | Michael Haag Thomas Sehrbrock |
Walther | Günter Kiefer |
Reporterin | Marie-Helen Joël |
Kreativteam | Cast | Termine | Termine (Archiv) | ||||||
TERMINE |
---|
keine aktuellen Termine |
---|
Kreativteam | Cast | Termine | Termine (Archiv) | ||||||
TERMINE (HISTORY) |
---|