Kurzweiliges und musikalisch hochwertiges Konzertprogramm – trotz äußerst konservativer Songauswahl. Der Höhepunkt: Thomas Borchert und Felix Martin singen den Krolock-Part im “Tanz der Vampire”-Block als Duett.
Ein Programm mit all den schon tausendmal interpretierten Standards aus “Evita”, “Cats”, “Les Misérables”, “Cabaret” und “Rocky Horror Show”. Ein Orchester, das sonst vor allem Tanzmusik macht. Und einige Songs, denen mehr Proben gut getan hätten. Es hätte ein ziemlich schlimmer Abend für Musicalfreunde werden können. Hätte. Denn dank vier glänzend aufgelegter Topsolisten erlebten die mehr als 1000 Zuhörer ein begeisterndes Konzert – und vermutlich den Auftakt zu einer festen Musical-Veranstaltungsreihe in Celle.
Schon bei der zweiten Nummer wurde ohne Aufforderung mitgeklatscht, am Anfang des zweiten Aktes gab es die ersten Standing Ovations, danach standen die Zuschauer mehr als dass sie saßen. Dabei half es sicherlich, dass die Fanclubs von Martin und Borchert zahlreich vertreten waren. Vor allem aber lag es daran, dass die als “Felix Martin & Friends” angekündigten Sänger musikalische Klasse und Spielfreude über die Rampe brachten.
Ein Beispiel: Die Zugabe “Can You Feel the Love Tonight”, die offensichtlich kaum geprobt war. Weniger professionelle Sänger wären unter diesen Umständen mit dem Quartett baden gegangen. Kristin Hölck, Isabel Dörfler, Martin und Borchert gaben sich ihre Einsätze über Blickkontakt und bauten auch gegenseitige Korrekturen und Blicke auf den Textzettel geschickt zu einer ironischen Inszenierung zusammen. Weitere Höhepunkte: ein glasklares “Dies ist die Stunde” (Borchert), Dörflers grandios-chaotische Conferencen und der Song “Totale Finsternis”, in dem Hölck eine stimmstarke, zwischen zwei Krolocks hin- und hergerissene Sarah gab, ohne in Klamauk abzurutschen. Überhaupt “Tanz der Vampire”: Borchert und Martin sangen “Totale Finsternis” und “Die unstillbare Gier” teils abwechselnd, teils gleichzeitig – mit einer Intensität, die über dem liegt, was es von den beiden an entsprechenden Aufnahmen im Handel gibt.
Wer unbedingt kritisieren will, findet höchstens Kleinigkeiten: Das Orchester Dirk Jecht, deren Keyboards in einigen dramatischen Songs (“Elisabeth”) zu stark nach schlagertypischem Plastik klingen, unsaubere Schlusstöne bei “Ich gehör nur mir” (Hölck) und “I Know Him So Well” (Dörfler/Hölck) und nicht gut aufeinander abgestimmte Solisten in “Die Schatten werden länger” (Borchert/Martin). Vernachlässigbar.
Die Tourismusförderer der Region Celle verkündeten am Ende, dass eine Nachfolgeveranstaltung im Jahr 2009 schon in Planung ist. Dann ja vielleicht mit einem etwas innovativeren Programm und hoffentlich ohne die Todsünde, nach der letzten Zugabe noch auf offener Bühne eine Rede zu halten. Das Publikum ließ sich die Stimmung davon nicht verderben. Sollte den Machern im nächsten Jahr eine ähnlich hochkarätige Veranstaltung gelingen, könnte Celle zum festen Sommertermin für die Musicalszene werden.
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