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Musical als Hörspiel: Vieles in der Show geschieht im Verborgenen, denn nur ein Bruchteil der Zuschauer kann der in Kirchen gezeigten Inszenierung optisch folgen. Ron Williams (Autor, Komponist und Darsteller der Titelfigur) überzeugt als spielfreudiger und stimmgewaltiger Menschrechtler Martin Luther King.
“Ich seh’ keine Besuchserlaubnis” höhnt der weiße Wachhabende und reißt dem farbigen Besucher das Papier am Gefängniseingang unwirsch aus der Hand. Wirklich sichtbar ist das Dokument nur für einen kleinen Teil des Publikums, denn nur wer bei freier Platzwahl einen Sitz auf der Empore oder ganz vorne ergattert hat, kann der Handlung des Musicals über das Leben von Martin Luther King auch optisch folgen. Der Großteil der Zuschauer muss sich über weite Teile der Vorstellung mit tanzenden Köpfen und sich reckenden Armen begnügen (Inszenierung: Fernando Scarpa; Choreografie: Marvin A. Smith). Wichtige Handlungssequenzen, wie beispielsweise die Szenen nach dem Attentat auf King, mutieren zum Hörspiel, kreative Ideen, wie die Figur des tanzenden Engels, die der Titelfigur die Möglichkeit gibt, eine Rückschau auf ihr Leben zu halten, verpuffen. Zur Verbesserung der Sicht hat Bühnenbildner Rainer Otto zwar für einzelne Szenen erhöhte Podeste entworfen, die durch das Kirchenschiff geschoben werden, doch der mit beleuchtbaren Würfelsäulen und cremefarbenen Vorhängen geschmackvoll ausstaffierte Hauptspielort im Altarraum kann selbst aus der achten Reihe nur sehr eingeschränkt eingesehen werden. Auch wenn das üppige Lichtdesign (Christian Schatz) raffiniert und stimmungsvoll die sakralen Vorgaben der Kirchenarchitektur einbezieht: Bei den happigen Preisen, die der Veranstalter für seine Tickets verlangt, darf das Publikum mehr erwarten.
Ansonsten ist das Martin-Luther-King-Musical ein handwerklich gut gemachtes Stück. Autor Ron Williams verwebt die Lebensgeschichte des schwarzen Bürgerrechtlers packend zu einem spannend erzählten „Biographical”. Martin Luther King erzählt aus seinem Leben, einzelne Begebenheiten, wie beispielsweise Kings Hochzeit, die Geburtsstunde der Bürgerrechtsbewegung und seine Predigten vor seinen Anhängern werden szenisch ausführlich dargestellt. Die Titelfigur dominiert zu Recht die gesamte Show, Kings Gegenspieler, FBI-Chef Hoover und der Ku-Klux-Klan, treten eher beiläufig in Erscheinung und verlieren deshalb einiges an Bedrohlichkeit – vielleicht hätte eine stärkere musikalische Charakterisierung dieser Figuren etwas mehr Atmosphäre erzeugen können. Komponist Williams und seinem Tross an Co-Komponisten (Ernst F. Wahl, Michael Ruff, Hans-Peter Krohn, Lionel Wharton; Arrangements: Johnny Bertl) ist mit “Ich bin Hoover” und einer instrumental dargebotenen Country-Nummer mit Mundharmonika-Geduldel, zu der Kapuzen-Männer durchs Kirchenschiff huschen, nichts wirklich Originelles eingefallen. Eine Klasse für sich sind hingegen die Gospelsongs, von denen vor allem Kings “There Must Be A Reason” und der Ensemble-Showstopper “I Have A Dream” Ohrwurm-Potenzial haben. Dass die Musik nicht live gespielt wird, sondern aus der Konserve kommt (musikalische Leitung: Lionel Wharton) stört nicht.
Richtig lebendig wird Kings Musical-Biographie allerdings durch Ron Williams in der Titelrolle. Seine würdevolle und bis in die Haarspitzen stimmige Interpretation des farbigen Bürgerrechtlers bewegt und reißt mit. Auch stimmlich ist der Entertainer mit dem vollem Bariton seiner Rolle voll und ganz gewachsen. Seine Leistung wird in der besuchten Premiere in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche vom Publikum zu Recht gefeiert. Gänsehaut ruft Doborah Woodson als Church Lady hervor. Mit ihrer atemberaubenden, scheinbar mühelos alle Höhen und Tiefen erklimmenden Soul-Stimme liefert sie nicht nur bei ihrem großen Solo “My Prayer” eine Glanzleistung ab. Während sich Colin Rich mit einem leider viel zu kurzen Rap (“We Are Proud, We Are Black”) als Malcom X profiliert, enttäuscht Dirk Michaelis (J. Edgar Hoover) in der unausgegoren wirkenden Rolle des Fieslings. Mit seinem einzigen Song, den der Darsteller mehr schreit als singt, scheint Michaelis überfordert zu sein. Günther Kaufmann (Kings Vertrauter Ralph Abernathy) schleicht als lahmer Stichwortgeber über die Bühne, Amber Schoop (Kings Ehefrau Coretta) überzeugt hingegen mit sicher geführtem Sopran in der Hochzeitsszene.
“Martin Luther King – The King of Love” passt dank der vielen religiös angehauchten Szenen und der gospellastigen Partitur perfekt in den für ein Musical eher ungewöhnlichen Kirchenraum. Gleichzeitig ist dies auch das große Manko der Show: Die Inszenierung berücksichtigt leider nicht die besonderen räumlichen Gegebenheiten – das trübt die Sicht und den Gesamteindruck.
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KREATIVTEAM |
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Buch / Komposition / Songtexte | Ron Williams |
Co-Komponisten | Ernst F. Wahl Michael Ruff Hans-Peter Krohn Lionel Wharton |
Arrangements | Johnny Bertl |
Inszenierung | Fernando Scarpa |
Musikalischer Leiter | Lionel Wharton |
Choreografie | Marvin A. Smith |
Bühnenbild | Rainer Otto |
Kostüme | Barbara Mangelsen |
Sounddesign | Chris Heck |
Lichtdesign | Christian Schatz |
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CAST (AKTUELL) |
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Dr. Martin Luther King jr. | Ron Williams |
Rev. Ralph Abernathy | Günther Kaufmann |
Church Lady | Doborah Woodson |
Coretta Scott King | Amber Schoop Gina Marie Hudson |
Sheriff | Stefan Nagel |
Malcom X | Colin Rich Patrick Dewayne |
J. Edgar Hoover | Dirk Michaelis |
Richter | Udo Suchan |
Rosa Parks | Viktoria Müller |
Engel | Julianna Codjoe |
Ensemble / Tänzer | Patrick Dewayne Gina Marie Hudson Viktoria Müller Gianni Meurer Kiko Dionisio Mimi Messner Angela Knauft David Lake Julianna Codjoe Kevin Haile |
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TERMINE |
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