Von dieser Produktion haben wir leider keine Fotos
Von dieser Produktion haben wir leider keine Fotos

Jekyll & Hyde (2007)
Freilichtspiele, Tecklenburg

CastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Eher konventionelle Inszenierung des Wildhorn-Musicals mit einem nicht wirklich überzeugenden Patrick Stanke (“3 Musketiere”) in der Titelrolle. Hervorragende Ensembleleistungen und Open-Air-Atmosphäre sorgen dennoch für einen gelungenen Abend.

Manchmal reicht eine einzige Szene aus, damit eine ansonsten durchwachsene Inszenierung doch im Gedächtnis bleibt. Regisseur Cusch Jung gelingt dies in der Tecklenburger Open-Air-Inszenierung von “Jekyll & Hyde” mit dem Kunstgriff, das sonst oft eher unorganisch in die Show eingebettete “Mädchen der Nacht” vollkommen umzudeuten und berührend neu zu interpretieren.
Nach dem Mord von Hyde an Lucy folgt in Tecklenburg nicht unmittelbar die “Konfrontation”, vielmehr erscheinen Spider, Nelly und die anderen Huren und heben die Tote auf einen Karren, mit dem sie als Trauerzug über die Bühne ziehen. Nelly (Bettina Meske) stimmt “Mädchen der Nacht” solistisch als verzweifelte Totenklage an, während Pfarrer und Totengräber sich von dem Zug abwenden, der schließlich im Ungewissen auf der Hinterbühne verschwindet.
Ansonsten bietet die erste deutsche Open-Air-Produktion des Wildhorn-Musicals eher gemischte Kost. Beeindruckend sind die Massenszenen und Chöre mit fast hundert Mitwirkenden, die Nummern wie “Fassade” und “Mörder” in packender Intensität über die Rampe bringen. Dabei spielt die Inszenierung gerade das große Platzangebot auf der Tecklenburger Freilichtbühne als Trumpf aus. Vor einer rot gestrichenen Klinkerwand samt davor gebauter Sitzlandschaft wird die Halbweltszenerie auf der linken Bühnenseite dargestellt, mittig dient eine zweigeschossige Fassade mit Balkon als Schauplatz der Upper-Class-Handlungsstränge, zur Rechten wird ein Torbogen der historischen Burganlage zum Kirchenportal für die Hochzeit.
Jekylls naturalistisch gebautes Labor verbirgt sich im Erdgeschoß des mittleren Bühnenbaus und wird durch ein großes Schiebetor hereingefahren.
Diese Schauplätze ermöglichen ein Staging mit viel Bewegung und Abwechslung und einem schnellen Wechsel zwischen den “Welten”.
Nicht ganz so gelungen ist hingegen die Personenregie für die Protagonisten.
Patrick Stanke kann als Jekyll seine gesanglichen Qualitäten durchaus eindrucksvoll ausspielen, bleibt aber als Hyde merkwürdig blass. Das mag daran liegen, dass Regisseur Jung ihm das erste Zusammentreffen mit Lucy fast komplett und die Hyde-Paradenummer “Das Gefühl so lebendig zu sein” zum Teil gestrichen hat. So bleibt das Verhältnis zu Lucy ziemlich unklar und “Gefährliches Spiel” kommt fast wie aus heiterem Himmel. Wenig hilfreich ist auch die gewöhnungsbedürftige dunkelhaarige Langhaarperücke, mit der Stanke spielen muss und die ihm besonders in der Hyde-Version dauernd im Gesicht hängt und seine Mimik bis zur Unkenntlichkeit verbirgt.
So bleiben ihm die Hits der Show “Dies ist die Stunde” und “Konfrontation” als Gelegenheit, sich auszuzeichnen. In “Dies ist die Stunde” kann er mit einer jugendlich-dynamisch klingenden Interpretation durchaus überzeugen, die “Konfrontation” hingegen leidet, wie alle Hyde-Passagen, unter einer tontechnisch sehr dumpf gesteuerten Stimme, die so kein wirkliches Volumen entfalten kann. So bleibt es trotz des frenetischen Publikumsjubels am Premierenabend eher bei der Andeutung eines großen Potentials, dem man mehr Entfaltungsmöglichkeiten und intensivere Rollenarbeit am Hyde gewünscht hätte.
Die Interpretation der Lucy als käufliches Mädchen mit goldenem Herzen, die Regisseur Jung für Simone Geyer entwickelt hat, entbehrt nicht eines gewissen Charmes, in der Konfrontation mit Spider aber auch im ersten Zusammentreffen mit Jekyll bleibt aber Lucys Haltung zu ihrem Umfeld eher indifferent. Gesanglich kann Geyer vor allem mit gefühlvollen Interpretationen ihrer beiden Soli durchaus mit ihren Rollenvorgängerinnen im Ensuite-Bereich mithalten und voll und ganz überzeugen.
Karin Seyfried als Lisa bietet gesanglich und darstellerisch eine gute Leistung. Ihre Rolle ist als Jekyll bis zur Selbstaufgabe unterstützende Fast-Ehefrau angelegt, es bleiben ihr in dieser Interpretation wenig Möglichkeiten, einen eigenen Akzent zu setzen und eine Bühnenpersönlichkeit zu entwickeln.
Bettina Mensen spielt als Doppelrolle die Lady Beaconsfield und die Nelly. Als Chefin in der “Roten Ratte” ist sie mit einem gewöhnungsbedürftigen leuchtend roten Kleid und einer unmöglichen Perücke bestraft und spielt im ersten Akt mit enervierendem französischen Akzent. Mit der eingangs beschriebenen “Mädchen der Nacht”-Szene gelingt ihr dennoch ein Höhepunkt des Abends, in dem sie ebenso wie Spider und die gesanglich begleitenden anderen Huren (zum Teil Studentinnen der German Musical Academy in Osnabrück) begeistern kann.
Udo Eickelmann gibt gesanglich überzeugend einen – passend zum Protagonisten – sehr jungen Utterson, der zusammen mit Ansgar Schäfer als Sir Danvers einen zusätzlich eingefügten erklärenden Prolog spricht. Die anderen größeren Parts wie der Vorstand des Krankenhauses sind rollendeckend besetzt und das unter der Bühne plazierte Orchester produziert unter der Leitung von Kjell Kirsch einen soliden Sound.
Solide ist wohl auch der richtige Begriff für das Gesamtpaket der Tecklenburger Inszenierung, die zwar die Vorteile einer Freilichtbühne gekonnt nutzt und einen unterhaltsamen und auch spannenden Abend bietet, aber dennoch mit teilweise unglücklichen Regieentscheidungen und einem nicht ganz überzeugenden Hauptdarsteller ein Stück hinter der innovativeren deutschen Ur-Produktion zurückbleibt.

 
CastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
JekyllPatrick Stanke
UttersonUdo Eickelmann
Lord DanversAnsgar Schäfer
StrideJan-Christian Kemna
Lady BeaconsfieldBettina Meske
Bischof von BasingstokeCarsten Klages
Lord SavageMarc Schlapp
GlossopMichael Wallfass
ProopsWolfgang Höltzel
NellieBettina Meske
Lisa CarewKarin Seyfried
LucySimone Geyer
SpiderJoel Kirby
PriesterNorbert Kohler
EnsembleDaniela Römer
Michaela Schober
Benjamin Witthoff
Jan Altenbockum
 
CastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
keine aktuellen Termine
 
CastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE (HISTORY)
Sa, 30.06.2007 20:00Freilichtspiele, TecklenburgPremiere
Fr, 06.07.2007 20:00Freilichtspiele, Tecklenburg
Sa, 07.07.2007 20:00Freilichtspiele, Tecklenburg
▼ 17 weitere Termine einblenden (bis 31.08.2007) ▼
Zur Zeit steht die Funktion 'Leserbewertung' noch nicht (wieder) zur Verfügung. Wir arbeiten daran, dass das bald wieder möglich wird.
Overlay