Von dieser Produktion haben wir leider keine Fotos
Von dieser Produktion haben wir leider keine Fotos

Les Misérables (2006 - 2008)
Theater, Gera

Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Ralph Reichel inszeniert das Historien-Epos von Alain Boublil und Claude-Michel Schönberg nah an der Mackintosh-schen Originalproduktion und trumpft erst zum Schluss mit einem Feuerwerk origineller Einfälle auf. Von Anfang an in Höchstform ist dagegen Valjean-Darsteller Ansgar Schäfer (schon in Detmold und Regensburg in der Rolle zu sehen), der mit intensivem Spiel und starker Stimme auf große Gefühle setzt.

Eigentlich ist “Les Misérables” ein Musical, bei dem es für Stadttheaterproduktionen relativ leicht ist, sich von der Originalinszenierung szenarisch abzuheben. Da Cameron Mackintoshs Großproduktion in Sachen Bühnenbild eher auf Minimalismus setzte, bleibt den Stadttheatern viel Raum für eigene Ideen. – Raum, der in Ralph Reichels Inszenierung leider nicht optimal genutzt wird.

Über weite Strecken, vor allem im ersten Akt, hält man sich bei der Geraer Produktion ans Original und kopiert Regie und Kulisse oft eins zu eins. Ärgerlich ist das vor allem deshalb, weil im letzten Drittel des Stücks, als man beginnt Eigeninitiative zu zeigen, klar wird, dass es an guten und originellen Einfällen nicht mangelt. Da erlebt man beispielsweise Gavroches Tod aus der Sicht der Studenten hinter der Barrikade, und bei der Hochzeitsszene strömen die bleichen Geister der Toten in den Saal und geben “Bettler am Büffet” eine ganz neue, faszinierend verstörende Dynamik. Auch Javerts Selbstmordszene ist gut inszeniert: anstatt mit trickreichen nach-oben-fahrenden Geländerkonstruktionen zu experimentieren, lässt man den verstörten Inspektor schlicht und einfach am hinteren Bühnenrand von einer Brücke springen.

Dass Ansgar Schäfer nicht zum ersten Mal als Valjean auf der Bühne steht, merkt man ihm angesichts seiner ausgereiften und intensiven Darstellung an. Auch stimmlich meistert er die anspruchsvolle Rolle hervorragend und variiert gekonnt zwischen harten Tönen während Valjeans Sträflingszeit und deutlich sanfterer Intonation als Bürgermeister und Vater. Serge Noviques Interpretation des Javert ist hingegen trotz beeindruckender Stimme eher gewöhnungsbedürftig. Valjeans Verfolger kommt augenrollend und mit ausschweifender Gestik daher und wirkt von Anfang an ein wenig so, als sei er, lange bevor er sich in die Seine stürzt, bereits dem Wahnsinn verfallen.

Mit starker Bühnenpräsenz, glasklarer Stimme und viel Charme (trotz eher biederer Frisur und Kostümierung) erreicht es Verena Küllmer, aus der undankbaren Rolle der Cosette ein Highlight der Aufführung zu machen. Im Vergleich dazu haben es die Darstellerinnen der anderen weiblichen Hauptrollen schwer: Katrin Strocka spielt die Fantine einfühlsam und zerbrechlich, neigt aber ein wenig zum Überakzentuieren, was vor allem während “Ich hab geträumt” störend ist. Ulrike Barz wirkt, schon wegen ihres wenig Straßenmädchen-gerechten Outfits (adrettes blaues Kleidchen und moderne rote Strubbelfrisur), optisch fehl am Platz in der Rolle der Eponine, macht das aber durch nuancenreiches Spiel wieder wett.

Marco Fahrland-Jadue stellt Marius als Sympathieträger und Romantiker dar, ohne in Arroganz oder Tagträumerei abzudriften. Seine jungenhafte Verliebtheit in Cosette nimmt man ihm dabei ebenso ab wie das Engagement für den Widerstand. Udo Eickelmann als Enjolras bleibt sowohl stimmlich als auch in seiner Interpretation des Studentenführers eher blass. Imposant ist dagegen der Chor der Studenten, der, unterstützt von Thomas Wickeleins ausgezeichnetem Orchester, gegen Ende des ersten Akts beim “Lied des Volks” auftrumpfen kann.

Günter Markwarth und Angelika Poser-Kötzsch gelingt als schlitzohriges Gaunerpaar Thénardier der Spagat zwischen Boshaftigkeit und Witz. Die Rolle des Gavroche wird in Gera nicht mit einem Kind, sondern einer jungen Frau besetzt, was – von Maskenbildnern und Kostüm geschickt kaschiert – erst auf den zweiten Blick auffällt. Victoria Valo mag von Alter und Geschlecht nicht dem herkömmlichen Gavroche entsprechen, macht sich die Rolle aber mit frechem Spiel und kindlicher Stimme perfekt zu eigen. Anrührend ist auch die Darbietung von Amelie Nordmaier als kleine Cosette.

Alles in allem funktioniert die Inszenierung in Gera – wobei “Les Mis”-Neulinge wahrscheinlich mehr Spaß daran haben als Kenner des Stücks, die sich über die vielen Anleihen bei der Mackintosh-Produktion ärgern und sich über die ungewöhnliche Interpretation des Javert wundern dürften.

 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
Musikalische LeitungThomas Wicklein
RegieRalph Reichel
BühnenbildThomas Gruber
KostümeAstrid Wiel
 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
Jean ValjeanAnsgar Schäfer
JavertSerge Novique
FantineKatrin Strocka
MariusMarco Fahrland-Jadue
EnjolrasUdo Eickelmann
EponineUlrike Barz
CosetteVerena Küllmer
M. ThénardierGünter Markwarth
Mme ThénardierAngelika Poser-Kötzsch
GavrocheVictoria Valo
undBernhard Hänsch
Claudia Müller-Kretschmer
Rosemarie Dittmann-Bennert
 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
keine aktuellen Termine
 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE (HISTORY)
Sa, 11.11.2006 19:00Theater, AltenburgPremiere
Fr, 08.06.2007 19:30Großes Haus, Gera
Sa, 16.06.2007 19:30Großes Haus, Gera
▼ 10 weitere Termine einblenden (bis 04.07.2008) ▼
Zur Zeit steht die Funktion 'Leserbewertung' noch nicht (wieder) zur Verfügung. Wir arbeiten daran, dass das bald wieder möglich wird.
Overlay